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Münster (upm/ch).
Prof. Dr. Martin Salinga (links) und Sebastian Walfort im Laserlabor am Institut der Materialphysik<address>© Niklas Vollmar</address>
Prof. Dr. Martin Salinga (links) und Sebastian Walfort im Laserlabor am Institut der Materialphysik
© Niklas Vollmar

Neue Einblicke in die Umwandlungsdynamik von Antimon

Physiker erforschen Glasbildung für photonische Schalter

Am Institut für Materialphysik der Universität Münster werden Materialien erforscht, die ihre innere Struktur in kürzester Zeit umwandeln und dabei ihre optischen Eigenschaften stark verändern können. Dieses Verhalten ist zum Beispiel nützlich, wenn man mittels photonischer Wellenleiter Informationen verarbeiten möchte. Gemeinsam mit weiteren Teammitgliedern aus der Gruppe von Prof. Dr. Martin Salinga sowie mit Kooperationspartnern von der Universität Groningen zeigte Doktorand Sebastian Walfort nun erstmals, welche Phasen das chemische Element Antimon bei seiner Umwandlung durchläuft.

Wie in vielen Festkörpern ordnen sich die Atome solcher Materialien bei Raumtemperatur stabil in einem regelmäßigen (kristallinen) Gitter an. Die Atome können in Unordnung gebracht werden, indem man den Festkörper aufschmilzt. Wird das Material anschließend so schnell abgekühlt, dass den Atomen nicht genug Zeit bleibt, sich wieder kristallin anzuordnen, entsteht ein ungeordneter Festkörper (ein Glas), der trotz identischer chemischer Zusammensetzung andere elektronische und optische Eigenschaften haben kann.

Bereits zuvor hatte Martin Salinga gemeinsam mit einem Team von IBM Research in Zürich gezeigt, dass sich solche gegensätzlichen Zustände in elektronischen Bauelementen aus reinem Antimon innerhalb nur weniger Nanosekunden (Milliardstel Sekunden) realisieren lassen. Für die Charakterisierung der Umwandlungsdynamik in Antimon waren nun Experimente mit ultrakurzen Laserpulsen entscheidend, die eine Analyse mit zeitlicher Auflösung im Femtosekunden-Bereich (Millionstel von milliardstel Sekunden) ermöglichte.

Die Kombination mit aufwendigen Molekulardynamiksimulationen erlaubte weitreichende Schlussfolgerungen: Der Wechsel zwischen geordneten und ungeordneten festen Zuständen beinhaltet mehrere vorübergehende Zwischenzustände mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften. So geht das Material noch vor dem Schmelzen in einen metallischen Zustand über und wird wieder halbleitend, wenn die angeregten (heißen) Elektronen ihre Energie auf die atomare Struktur übertragen. Der endgültige optische Kontrast zwischen Kristall und Glas, der im Brechungsindex beobachtet wird, bildet sich erst nach starkem Abkühlen in der sogenannten unterkühlten Flüssigkeit (im flüssigen Antimon unterhalb der Schmelztemperatur) aus, wenn die lokale atomare Struktur ein lokales Verzerrungsmotiv annimmt, das auch die Anordnung benachbarter Atome im kristallinen Zustand charakterisiert.

„Die Untersuchung verbessert nicht nur unser Verständnis dieser Materialklasse, sondern eröffnet auch neue Einsatzmöglichkeiten in photonischen Anwendungen, die von der komplexen Kurzzeitdynamik profitieren können“, unterstreicht Sebastian Walfort.

 

Originalveröffentlichung

Sebastian Walfort, Nils Holle, Julia Vehndel, Daniel T. Yimam, Niklas Vollmar, Bart J. Kooi, Martin Salinga (2025): The Photoinduced Response of Antimony from Femtoseconds to Minutes. Advanced Materials; DOI: 10.1002/adma.202414687

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