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Münster (upm/ch).
Die Universität Münster ist Gastgeberin der internationalen CK2-Konferenz und setzt damit eine Reihe von internationalen CK2-Konferenzen fort, die vor 30 Jahren in Heidelberg begann. Drei Tage lang blicken Forscherinnen und Forscher aus aller Welt auf 70 Jahre CK2-Forschung zurück, berichten über aktuelle Forschungsergebnisse und tauschen sich über Zukunftsperspektiven aus.<address>© Uni MS - Web und Design</address>
Die Universität Münster ist Gastgeberin der internationalen CK2-Konferenz und setzt damit eine Reihe von internationalen CK2-Konferenzen fort, die vor 30 Jahren in Heidelberg begann. Drei Tage lang blicken Forscherinnen und Forscher aus aller Welt auf 70 Jahre CK2-Forschung zurück, berichten über aktuelle Forschungsergebnisse und tauschen sich über Zukunftsperspektiven aus.
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Jubiläumskonferenz: Ein besonderes Enzym wird 70

Internationale Tagung auf dem „PharmaCampus“ widmet sich der Proteinkinase CK2 / 9. bis 12. September

Hinter der auf den ersten Blick kryptisch anmutenden Abkürzung CK2 verbirgt sich ein besonderes Enzym. Es steuert zahllose Prozesse im Körper, von der Signalübertragung in Zellen bis hin zur Aktivität von Proteinen. Dementsprechend häufig spielt die CK2 eine Rolle bei der Entstehung von Krankheiten, etwa Krebserkrankungen, virale Infekte, neurologische Erkrankungen, Entzündungen und Autoimmunkrankheiten. Nicht nur die Humanmedizin, sondern auch die Wirkstoffentwicklung kommt daher um die Proteinkinase CK2 nicht herum.

Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Doktorandinnen und Doktoranden aus der ganzen Welt vom 9. bis 12. September am PharmaCampus an der Correnstraße treffen und ihre Aufmerksamkeit diesem Enzym widmen – genau 70 Jahre nach dessen Entdeckung. „Beim Menschen sind 518 Kinasen bekannt. Allein die CK2 reguliert die Aktivität von mehr als 300 verschiedenen Proteinen im Körper“, verdeutlicht Prof. Dr. Joachim Jose vom Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Universität Münster die Bedeutung der CK2. Sein Team organisiert die CK2-Konferenz gemeinsam mit Arbeitsgruppen der Universität zu Köln und der Universität des Saarlandes.

Prof. Dr. Joachim Jose leitet die Arbeitsgruppe Wirkstoffscreening am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie.<address>© Uni MS - Peter Dziemba</address>
Prof. Dr. Joachim Jose leitet die Arbeitsgruppe Wirkstoffscreening am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie.
© Uni MS - Peter Dziemba
Ein Tagungsschwerpunkt ist die Entstehung von Krebs beziehungsweise die Entwicklung von Antitumormedikamenten. „In Tumorzellen bilden sich durch den überbordenden Metabolismus Stoffwechselprodukte, die normale Zellen in den programmierten Zelltod, die sogenannte Apoptose führen, diese also quasi dazu bringen ‚Selbstmord‘ zu begehen“, erläutert Joachim Jose. „Die Tumorzellen entgehen ihrem Tod jedoch durch eine gesteigerte CK2-Produktion und teilen und vermehren sich ungehindert weiter.“ Seit etwa 20 Jahren versuchen Forschungsgruppen aus aller Welt, die CK2 als ein molekulares Target (englisch für „Ziel“) bei der Entwicklung von Medikamenten zu nutzen. Aufgrund der Ähnlichkeit der verschiedenen Kinasen im Organismus sind Nebenwirkungen allerdings ein großes Problem. „Heutzutage versucht man daher, besonders passgenaue, sogenannte bivalente Wirkstoffe zu entwickeln, die ausschließlich die CK2 blockieren. Dieser Ansatz soll die Aktivität wieder auf das Niveau von gesunden Zellen bringen, damit die Tumorzellen in der Folge von sich aus Selbstmord begehen“, unterstreicht Joachim Jose.

Der münstersche Wissenschaftler und seine Arbeitsgruppe erforschen eine neuronale Entwicklungsstörung, die durch eine genetisch bedingte Veränderung in der Struktur der CK2 ausgelöst wird: das Okur-Chung Neurodevelopmental Syndrome (OCNDS). Kinder, die diese Varianten der CK2 haben, zeigen schon früh schwere Entwicklungsstörungen, die mit erheblichen kognitiven Einschränkungen verbunden sind und zu Verhaltensänderungen führen, die die betroffenen Familien vor immense Herausforderungen stellen. Engagierte Eltern von Kindern mit OCNDS haben 2018 eine Stiftung gegründet, die „CSNK2A1 Foundation“ mit Sitz in San Francisco, die den Austausch zwischen betroffenen Familien, aber auch zwischen Wissenschaftlern, die an dem Thema arbeiten, fördert. „Wir wollen mit unserer Arbeit mehr über die Struktur, die Funktion und die Aktivität der veränderten CK2-Formen herausfinden“, sagt Joachim Jose. Eine Hoffnung dahinter sei, den Betroffenen künftig mit einer passenden medikamentösen Therapie helfen zu können.

 

70 Jahre CK2 – zur Historie

Ein Rückblick in die Wissenschaftsgeschichte: Im Jahr 1954 entdeckten George Burnett und Eugene Kennedy die „Proteinphosphokinase“, später CK2 genannt, als erste Proteinkinase überhaupt. Wenig später beschrieben zwei weitere Biochemiker, Edmond Henri Fischer und Edwin Gerhard Krebs, den Prozess der reversiblen Phosphorylierung, der sich als extrem bedeutsam für die Regulierung zahlloser molekularer Prozesse in lebenden Organismen erwies. Proteinkinasen hängen Phosphatgruppen an Proteine an, Phosphatasen entfernen sie – auf diese Weise regulieren die Enzympaare katalytisch die Aktivität von Proteinen im gesamten Körper. Fischer und Krebs erhielten 1992 für ihre Entdeckung den Medizin-Nobelpreis. Der menschliche Organismus enthält mehr als 500 Proteinkinasen. Einige sind sehr spezifisch und phosphorylieren im Extremfall nur ein bestimmtes Protein. Andere, wie die Proteinkinase CK2, können Hunderte verschiedener Proteine phosphorylieren.

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