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Münster (upm/jh/nor)
Dr. Line Næsborg und Prof. Dr. Kai Schmitz erhalten den Förderpreis der Universitätsgesellschaft Münster.<address>© privat / Uni MS - Peter Lessmann</address>
Dr. Line Næsborg und Prof. Dr. Kai Schmitz erhalten den Förderpreis der Universitätsgesellschaft Münster.
© privat / Uni MS - Peter Lessmann

Ehre für beachtliche Leistungen

Universitätsgesellschaft vergibt Förderpreis an Chemikerin und Physiker – zwei Porträts

Bedeutende Erkenntnisse, zahlreiche Publikationen und etliche Auszeichnungen: Die Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Line Næsborg und der Juniorprofessor Dr. Kai Schmitz haben in ihrer jungen Karriere bereits viel erreicht. Die Chemikerin forscht an einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Nutzung von Lichtenergie, der Teilchenphysiker widmet sich in seiner Arbeit den Gravitationswellen. Die Universitätsgesellschaft Münster e. V. verleiht beiden am 3. Juli den Förderpreis. Gäste sind ab 18 Uhr bei der Veranstaltung im Hause der VR Bank Westfalen-Lippe eG (Hafenplatz 2) willkommen und können sich unter anmeldung@universitaetsgesellschaft-muenster.de registrieren. Im Folgenden stellen wir beide Preisträger in kurzen Porträts vor.

 

Die Welt durch innovative Chemie nachhaltiger machen

Es ist ein Phänomen, das die Menschheit seit jeher fasziniert und der Forschung noch immer etliche Rätsel aufgibt: Licht. Die elektromagnetische Strahlung kann Molekülen viel Energie zuführen und ihre Eigenschaften verändern, ohne dabei Rückstände zu hinterlassen. Das macht Licht vor allem unter dem Aspekt der Klimakrise zu einem wertvollen Wirkstoff. Die chemischen Reaktionswege dieser Prozesse zu verstehen, hat sich Dr. Line Næsborg zur Aufgabe gemacht.

„In unserer Forschungsgruppe nutzen wir Licht, um Moleküle anzuregen. Dadurch können sie sich in neue Moleküle umwandeln, wozu sie ansonsten nicht in der Lage wären“, erklärt die Chemikerin mit dänischen Wurzeln. Bereits zu Beginn ihres Studiums an der Universität Aarhus habe sie den Gedanken motivierend gefunden, durch ihre Arbeit neues Wissen zu generieren. „Ich habe zunächst medizinische Chemie studiert, weil ich zur Entwicklung neuer Medikamente beitragen wollte.“ Doch die organische Chemie faszinierte sie mehr, sodass sie in diesem Fach promovierte und ihre Arbeit als Postdoktorandin an der Technischen Universität München vertiefte. Heute beschäftigt sich Line Næsborg insbesondere mit photokatalytischen Reaktionen, die in Wasser stattfinden. Seit vier Jahren arbeitet sie am Organisch-Chemischen Institut der Universität Münster an ihrer Habilitation und leitet zudem eine Nachwuchsgruppe mit dem Ziel, die Welt durch „innovative Chemie ein wenig nachhaltiger zu machen“. Die Forschungserkenntnisse könnten zum Beispiel zur Herstellung von neuen beziehungsweise zur effizienteren und umweltfreundlicheren Herstellung von bestehenden chemischen Produkten angewendet werden. „Beispielsweise existieren Prozesse, die nur unter Ausschluss von Sauerstoff stattfinden. Wir konnten einen Weg aufzeigen, um diese Reaktion auch ohne einen aufwändigen Extraktionsprozess durchzuführen, indem wir den Sauerstoff lokal von der Reaktionsumgebung separiert haben.“ Die harte Arbeit zahlte sich aus: Mehr als ein Dutzend exzellente Publikationen, mehrere Stipendien und Preise zeugen von ihrer erfolgreichen Forschung.

Die Auszeichnung der Universitätsgesellschaft ist für Line Næsborg eine große Ehre. „Der Preis zeigt, dass sich akademische Karriere und Familie trotz zusätzlicher Hürden nicht ausschließen“, betont die 34-Jährige, die während ihrer Zeit in Münster ihr erstes Kind bekommen hat und im Juni zum zweiten Mal Mutter wird. „In der Chemie gibt es nur wenige weibliche Vorbilder, die während ihrer akademischen Laufbahn eine Familie gegründet haben. Ich hoffe, dass ich mehr Frauen dazu inspirieren kann, sich auf diesen Weg zu begeben.“

Autorin: Julia Harth

 

Auf der Suche nach dem Ursprung der Gravitationswellen

Als Heranwachsender beobachtete er in einer Berliner Sternwarte stundenlang zunehmende Monde, helle Fixsterne, die Venus und die Sonne. Bei Kai Schmitz lief schon in jungen Jahren „alles auf die Physik hinaus“ – obwohl er sich auch für Literatur begeisterte und später mit seinem 1,0-Abizeugnis unter Beweis stellte, dass reichlich Talente in ihm schlummerten. Nach sechs Physik-Semestern an der FU Berlin ging er auf Reisen: USA, Hamburg, Tokio, Heidelberg und Padua. Seit Mai 2022 lehrt und forscht der Teilchenphysiker, der in seiner Freizeit gerne mit seiner Familie das Münsterland mit dem Fahrrad erkundet, an der Universität Münster.

Der 9. Juni 2023 zählt sicher zu den Tagen, die der Hochschul-Professor Kai Schmitz nie vergessen wird. Das Physiker-Konsortium „NanoGrav“, zu deren Mitgliedern er zählt, gab an jenem Donnerstag bekannt, dass man nach 15 Jahren intensiver Messungen erstmals überzeugende Hinweise für die Existenz von langsam schwingenden Gravitationswellen gefunden habe. Ein weltweit beachteter wissenschaftlicher Durchbruch und gleichzeitig ein bewegender Moment für Kai Schmitz. „Dass unsere Suche zu solch einem Erfolg wurde, verdanke ich perfektem Timing. Zum einen, weil die ‚NanoGrav‘-Daten auf hochpräzisen Zeitmessungen aufbauen; zum anderen, weil ich genau zum richtigen Zeitpunkt in Münster die Gelegenheit hatte, ein starkes Team aufzubauen, mit dem ich mich über ein Jahr hinweg der Analyse der Daten widmen konnte“, betont er.

Die Gravitationswellen werden noch einige Zeit seine Arbeit dominieren. „Der Preis der Universitätsgesellschaft beflügelt mich und mein Team und verleiht uns Rückenwind für unsere anhaltende Suche nach ,neuer Physik‘ in aktuellen PTA-Daten, die uns in den kommenden Jahren bevorsteht“, fügt er hinzu. Man weiß zwar, dass sich Gravitationswellen wenig um Raum und Zeit scheren und durch alles hindurchrauschen. Aber noch weiß niemand, woher sie stammen. Kai Schmitz und sein Team prüfen die Option, ob sie die Folge des Urknalls vor rund 13,8 Milliarden Jahren sind, als extrem heißes Plasma auseinanderdriftete. Dazu beobachten die Experten mit Radioteleskopen 68 sogenannte Pulsare – tote Sterne, die sich schnell drehen und gleichmäßig Strahlen senden. Sie funktionieren wie zuverlässige Uhren, deren mögliche Takt-Abweichungen die Messung von Gravitationswellen ermöglichen. „Pulsare, von denen wir hoffentlich noch mehr finden, sind wie Leuchttürme im All oder Leuchtbojen auf dem Aasee. Sie sind ein Geschenk des Himmels“, unterstreicht Kai Schmitz.

Autor: Norbert Robers

Dieser Beitrag stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 4, 12. Juni 2024.

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