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Münster (upm/ch).
Das Projekt „Archean Park“ soll neue Erkenntnisse über das Leben unter ursprünglichen Bedingungen bringen. Die beteiligten Forscher wollen Stoffwechselwege finden, die den Mikroorganismen auf der Ur-Erde vor 4.000 bis 2.500 Millionen Jahren das Leben ermöglichten.© Archean Park
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„ERC Synergy Grant“ ermöglicht Einblicke in das Leben auf der Ur-Erde

Team aus Münster, Bremen, Duisburg-Essen und Potsdam erhält 11,5 Millionen Euro für das Projekt „Archean Park“ zur Erforschung des mikrobiellen Kohlenstoff-Kreislaufs

Ein Forschungsteam der Universitäten Münster, Bremen, Duisburg-Essen und vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) Potsdam erhält eine prestigeträchtige Förderung des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC): einen mit insgesamt 11,5 Millionen Euro dotierten „ERC Synergy Grant“. Die Wissenschaftler möchten in dem auf sechs Jahre angelegten Projekt „Archean Park“ Einblicke in das Leben unter ursprünglichen Bedingungen erhalten und bislang unbekannte Stoffwechselwege finden, die den Mikroorganismen auf der Ur-Erde vor 4.000 bis 2.500 Millionen Jahren das Leben ermöglichten. Beteiligt sind der Mikrobiologe Prof. Dr. Ivan Berg (Universität Münster), der Biogeochemiker Prof. Dr. Kai-Uwe Hinrichs (MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen), der Mikrobiologe und Bioinformatiker Prof. Dr. Alexander Probst (Universität Duisburg-Essen) und der Geomikrobiologe Dr. Jens Kallmeyer (GFZ Potsdam).

,,Die Förderung ist eine große Auszeichnung für Ivan Berg, sein Team und seine Arbeitskollegen in den anderen Forschungseinrichtungen - und wir sind stolz darauf, dass wir als Universität Münster erstmals einen Synergy Grant zugesprochen bekommen haben", betont Universitäts-Rektor Prof. Dr. Johannes Wessels. ,,Ivan Berg betreibt exzellente Forschung. Dieses spannende Forschungsprojekt knüpft an seine bisherigen Arbeiten zum Kohlendioxid-Stoffwechsel an und schafft neues Wissen, das uns zu den Anfängen des Lebens auf der Erde führt."

In einem Frühstadium der Erdgeschichte, im Archaikum (englisch: Archean Eon), herrschten andere Bedingungen als heute: Die Erdatmosphäre enthielt keinen Sauerstoff, aber viel Kohlendioxid (CO2). Dennoch gab es Lebewesen, die damit zurechtkamen: Die ersten Mikroorganismen bauten aus CO2 Biomasse auf und nutzten dazu vermutlich chemische Energie – und nicht Licht wie heutige Pflanzen. Die Forscher vermuten, dass CO2-reiche unterirdische Ökosysteme auch heute noch Mikroorganismen beherbergen, die extrem hohe CO2-Konzentrationen bevorzugen oder sogar benötigen. Möglicherweise existieren in verschiedenen bereits bekannten Mikroorganismen noch Relikte der alten Stoffwechselwege, die aber unter CO2-armen Bedingungen nicht mehr aktiv sind. „Nur unter Bedingungen mit einem hohen CO2-Partialdruck können die frühzeitlichen Wege aus thermodynamischer Sicht funktionieren. Diese Bedingungen herrschen aber bei der Bakterienzucht im Labor üblicherweise nicht, weshalb die Mikroorganismen dort andere Stoffwechselwege nutzen und es vielleicht bislang nicht aufgefallen ist, dass diese Wege heute noch existieren“, sagt Ivan Berg. Der Partialdruck gibt den Druck von Komponenten in einem Gasgemisch an.

Um unterirdisch lebende Mikroorganismen zu finden, wird die Expertise der Forscher vom GFZ Potsdam benötigt. Sie sind auf tiefe Bohrungen spezialisiert und wollen unterirdische Gesteinsproben mit bislang unbekannten Mikroorganismen ans Tageslicht bringen. Die Forscher der Universität Duisburg-Essen werden mithilfe von Untersuchungen des Erbguts (DNA und RNA) der Mikroorganismen Stoffwechselwege vorhersagen, während die Biogeochemiker aus Bremen nach mikrobiellen Lipiden und Stoffwechselprodukten fahnden – unter anderem können sie dadurch Rückschlüsse auf den CO2-Stoffwechsel ziehen. Das Team der Universität Münster ist auf biochemische Untersuchungen spezialisiert und möchte die Stoffwechselwege entschlüsseln.

Bei den geplanten Arbeiten handelt es sich um Grundlagenforschung, die neue Erkenntnisse zum mikrobiellen Kohlenstoff-Kreislauf bringen soll. Die Forschungsergebnisse können jedoch auch biotechnologische und geotechnische Innovationen anregen, die bei der Biomasseproduktion durch Mikroorganismen oder bei Überlegungen zur Speicherung überschüssigen Kohlendioxids aus der Atmosphäre zum Tragen kommen könnten.

Synergy Grants des Europäischen Forschungsrats

Die Europäische Kommission vergibt Synergy Grants nur für besonders ambitionierte Forschungsprojekte, die an der Schnittstelle verschiedener Disziplinen liegen und daher von einem Forschungsteam allein nicht durchgeführt werden können. Nur etwa neun Prozent der in der aktuellen Auswahlrunde gestellten Förderanträge wurden bewilligt – insgesamt vergab der ERC 37 Synergy Grants.

Neben den Synergy Grants gibt es vier weitere Forschungsförderungsprogramme des Europäischen Forschungsrats (ERC): Starting Grant, Advanced Grant, Consolidator Grant und Proof of Concept Grant.

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