Vielfältiges Mitforschen
Bürgerschaftliches Engagement in Wissenschaft und Forschung stand im Mittelpunkt eines Abends, zu dem die Stiftung WWU Münster und die Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster in die Studiobühne eingeladen hatten. Zwei Projekte erhielten bei der Veranstaltung mit dem Titel „Mitdenken – Mitmachen – Mitforschen“ den Citizen-Science-Preis der Stiftung WWU. Die Siegerprojekte des diesjährigen Citizen-Science-Wettbewerbs befassen sich mit urbanem Gärtnern auf dem Dorf und mit der Gesundheitsförderung im Stadtteil. Die Gewinner dürfen sich über eine Förderung von jeweils 7.500 Euro freuen.
Zuvor stellte ein „Markt der Möglichkeiten“ im Innenhof und Foyer des Philosophikums Projekte vor, die Bürgerinnen und Bürger sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachbereiche der Universität gemeinsam gestalten. Beteiligen kann man sich unter anderem an einem Projekt zur Erforschung von Mikroorganismen, die Plastik abbauen, an einer Quiz-App zum Testen der eigenen Menschenkenntnis sowie an mehreren Vorhaben zur Erforschung geschichtlicher Themen.
„Citizen Science ist kein Selbstzweck“, unterstrich Prof. Dr. Michael Quante, Prorektor für Internationales, Transfer und Nachhaltigkeit. „Dass Bürgerinnen und Bürger mitforschen, stärkt die Demokratie und das Vertrauen in die Wissenschaft.“ Das bestätigte Prof. Dr. Harald Hiesinger vom WWU-Institut für Planetologie, der unter dem Titel „Citizen Science – nicht von dieser Welt“ einen Einblick in die Chancen und Risiken der Bürgerwissenschaften auf seinem Forschungsgebiet gab. „Das Wichtigste ist zwar die Neugier und das Interesse an wissenschaftlicher Arbeit. Aber es geht auch um Qualifikation: Wissenschaftsverständnis hilft, Sachverhalte selbst beurteilen zu können.“
Über die Preisträger
Im Projekt „Community Forscher/Forscherin für Berg Fidel“ ermitteln Prof. Dr. Iris Dzudzek und Lisa Kamphaus vom Institut für Geographie gemeinsam mit der Community-Forscherin Natividad Abaga Ayecaba, die in dem Stadtteil aufgewachsen und verwurzelt ist, Bedarfe der Gesundheitsförderung für Berg Fidel. Kinder und Jugendliche von hier schneiden beispielsweise in den Schuleingangsuntersuchungen deutlich schlechter ab als Kinder aus weniger stigmatisierten Stadtteilen. Das Projekt widmet sich den damit verbundenen Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung. Ein Workshop mit allen Beteiligten, interessierten Bürgerinnen und Bürgern sowie mit Akteuren aus Berg Fidel spiegelt die erhobenen Daten in die Community zurück und bietet so Raum für Diskussionen, Vernetzung und für die Entwicklung von gesundheitsrelevanten Strategien.
Das Künstlerdorf Schöppingen steht im Mittelpunkt des zweiten Gewinnerprojekts „Transformationen im Münsterland“. Gemeinschaftsgarten, Küche, Werkstatt, Bibliothek, Galerie und die Ausstellungshalle werden dabei als Lern- und Wissensorte für die Bürger verstanden. Welchen Beitrag kann das Dorf als sozial-ökologisch orientierter Akteur für eine nachhaltige Regionalentwicklung leisten? Künstlerinnen und Künstler tauschen sich dafür mit Studierenden der Landschaftsökologie und Soziologie über die Bedeutung von urbanen Gärten für die Gemeinschaftsbildung aus. Prof. Dr. Matthias Grundmann vom Institut für Soziologie, Dr. Cornelia Steinhäuser vom Institut für Landschaftsökologie sowie Julia Haarmann von der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen leiten das Projekt. Das Zentrum für Interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung der Universität Münster begleitet den sozial-ökologischen Transformationsprozess des Künstlerdorfs.
Hintergrund
Die Stiftung WWU Münster finanziert den Citizen-Science-Wettbewerb an der Universität Münster seit 2020. Prämiert werden jährlich zwei herausragende Projekte, die die Bürgerbeteiligung im Rahmen des Forschungsprozesses exzellent umsetzen. Damit fördert die Stiftung Forschung, bei der Bürger aktiv eingebunden werden. Inhaltlich wird der Wettbewerb von der Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) koordiniert und begleitet. Er soll den Stellenwert des Citizen-Science-Ansatzes der Universität unterstreichen, für das Potenzial in Forschungsprojekten sensibilisieren und zu neuen Projekten anregen. Ziel ist es, das Vertrauen in wissenschaftliche Methoden zu erhöhen und gleichzeitig eine stärkere Verbindung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen.
Die Universität möchte zivilgesellschaftliche Prozesse initiieren und moderieren. Das beinhaltet, all jene in die Wissenschaft einzubeziehen, für die sie gemacht ist: die Bürgerinnen und Bürger. Die WWU verfügt bereits über langjährige Erfahrung mit vielfältigen Citizen-Science-Projekten und lädt alle Interessierten zum aktiven Mitmachen ein. Als Kontakt- und Servicestelle sowie als Projektbüro für den Wissens-, Forschungs- und Technologietransfer baut die AFO den Bereich der Bürgerwissenschaft stetig aus.