„Die Aufmerksamkeit ist darauf gerichtet, unsere Freunde und Partner vor Ort zu unterstützen“
Seit 1997 untersucht die WWU-Forschungsstelle Asia Minor die Hinterlassenschaften der antiken Stadt Doliche nahe der türkischen Metropole Gaziantep. Das Grabungsgebiet des Forschungsprojekts und das Grabungshaus, in dem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler während der Grabungskampagne wohnen, befinden sich nur wenige Kilometer entfernt von dem Epizentrum der schweren Erdbeben, die am Montag (6.2.2023) die Türkei und Syrien erschüttert haben. Sophie Pieper hat mit Projektleiter Prof. Dr. Engelbert Winter und Grabungsleiter Prof. Dr. Michael Blömer über die Situation vor Ort gesprochen.
Das Grabungsgebiet befindet sich in unmittelbarer Nähe des Erdbeben-Epizentrums. Sind das Gebiet oder das Haus betroffen?
Größere Schäden im Grabungsgelände und am Grabungshaus gibt es unseres Wissens nicht. Die aktuellen Live-Bilder der von uns sowohl im Grabungsareal als auch am Grabungshaus angebrachten Sicherheitskameras lassen zunächst keine Auswirkungen des Bebens erkennen, was uns zumindest in dieser Frage doch sehr optimistisch stimmt. Allerdings ist es für eine detaillierte Bestandsaufnahme noch zu früh. Jetzt stehen erst einmal die Menschen im Mittelpunkt, die gerade unglaubliches Leid erfahren.
Sind aktuell Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort? Haben Sie Kontakt zu Ihnen?
Unsere direkten lokalen Mitarbeiter in Gaziantep, die sich um die Sicherheit und den Schutz des Grabungsareals, des Grabungshauses sowie der Depots mit den archäologischen Funden kümmern, sind glücklicherweise unverletzt. Die Situation ist aber für sie wie für alle Menschen in der Region schwierig, auch wegen der eisigen Temperaturen und der Furcht vor weiteren Nachbeben. Die Kommunikationswege funktionieren aber einwandfrei.
Sie kooperieren vor Ort mit Universitäten und weiteren Partnern. Inwiefern sind diese betroffen? Stehen Sie im Austausch?
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Lage noch sehr unübersichtlich. Angesichts des gewaltigen Ausmaßes der Katastrophe gibt es in der Region aber wohl niemanden, der nicht betroffen ist. Wir versuchen, uns so gut wie möglich zu vergewissern, dass die vielen Menschen, mit denen wir zum Teil seit Jahrzehnten zusammenarbeiten, am Leben sind. Leider gibt es aber nicht nur gute Nachrichten. Es ist extrem bedrückend zu erfahren, dass Kollegen ihr Leben verloren haben, dass Angehörige immer noch vermisst werden.
Können Sie schon abschätzen, was die Geschehnisse für das Forschungsprojekt bedeuten?
Die Frage, welche Auswirkungen die Katastrophe auf unser Projekt hat, beziehungsweise haben könnte, stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Die ganze Aufmerksamkeit ist im Moment erst einmal darauf gerichtet, zu überlegen, wie wir unsere Freunde und Partner vor Ort unterstützen können. So haben wir beispielweise den Bewohnern des Dorfes, in dem wir die Sommermonate über leben, warme Decken, Matratzen oder Heizstrahler aus unserem Grabungshaus angeboten. Utensilien, die angesichts der extremen Wetterverhältnisse in diesen Tagen dringend benötigt werden. Darüber hinaus hoffen wir natürlich, die Grabung im Sommer wie geplant fortzusetzen und dadurch auch einen kleinen Beitrag leisten zu können, die Region zu unterstützen.
Die WWU unterstützt den Spendenaufruf der Türkisch-Deutschen Universität, den Erdbebenopfern in der Region mit Sach- und Geldspenden zu helfen.
Kontoinhaber: T.C. İçişleri Bakanlığı Afet ve Acil Durum Yönetimi Başkanlığı
IBAN (USD): TR460001001745555555555205
IBAN (EURO): TR190001001745555555555206
Swift Code: TCZBTR2A
Weitere Informationen finden sich auf den Seiten der türkischen Katastrophenschutzbehörde AFAD: https://en.afad.gov.tr/
Spenden für die Türkei und Syrien sind auch bei der „Aktion Deutschland Hilft“ möglich:
https://www.aktion-deutschland-hilft.de/de/spenden/