Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligt Grabungsprojekt der Universität Münster
Seit mehr als 20 Jahren untersuchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forschungsstelle Asia Minor im Seminar für Alte Geschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) die kulturellen Hinterlassenschaften der antiken Stadt Doliche in der Südosttürkei. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt nun mit knapp 800.000 Euro für weitere drei Jahre. Unter der Federführung von Prof. Dr. Engelbert Winter erforschen die Wissenschaftler wichtige Grundlagen zum Aufbau und zur Entwicklung der antiken Stadt.
„In der Antike zählte Doliche zu Nordsyrien und war als Heimat des Iuppiter Dolichenus, einer der prominentesten Gottheiten im Römischen Reich, bekannt. In dessen Heiligtum, das außerhalb des Stadtgebietes liegt, haben wir von 2001 bis 2015 Ausgrabungen durchgeführt, deren Ergebnisse für die Religionsgeschichte des Vorderen Orients von großer Bedeutung sind. Seit 2015 steht jedoch die antike Stadt selbst im Mittelpunkt eines neuen Forschungsprojektes“, erläutert Engelbert Winter. „Ziel ist es, die Entwicklung Doliches, die materielle Kultur der Stadt und die Lebenswelt ihrer Bewohner von der hellenistich-römischen Zeit über die christliche Spätantike bis in die frühislamische Epoche hinein zu erforschen“. Da die wichtigsten Orte, die für solche Untersuchungen infrage kämen, entweder stark überbaut, überflutet oder aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen im Nahen Osten nicht mehr zugänglich sind, bietet Doliche für die Wissenschaftler die große Chance, den Wandel städtischen Lebens im antiken Nordsyrien unter sich verändernden politischen, kulturellen und religiösen Vorzeichen systematisch zu untersuchen.
Die seit Mitte Juli dieses Jahres laufenden Grabungen, an denen über 60 Wissenschaftler und Studierende aus Deutschland, der Türkei, Dänemark, Italien und den Niederlanden teilnehmen, konzentrieren sich aktuell auf die Untersuchung einer monumentalen Badeanlage aus römischer Zeit im Zentrum der antiken Stadt. Daneben erforschen sie eine dreischiffige Basilika, die in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts nach Christus errichtet wurde. Die Kirche zeichnet sich durch ihre Größe und eine prächtige Ausstattung mit Mosaiken aus. Erste Ergebnisse der noch bis Ende September andauernden Kampagne zeigen, dass sie im siebten Jahrhundert durch ein Erdbeben zerstört wurde.