Religionsvielfalt im Münsterland und Ruhrgebiet
Gemeinsames Forschungsprojekt der Universitäten Münster und Bochum eröffnet
Mit einem Festakt ist in Bochum das gemeinsame Fortschrittskolleg „Religiöse Pluralität und ihre Regulierung in der Region“ (RePliR) des Centrums für Religion und Moderne (CRM) der WWU und des Centrums für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) der Ruhr-Universität Bochum (RUB) eröffnet worden. Im dem Kolleg, das das Land NRW im Rahmen der Forschungsstrategie „Fortschritt NRW“ bis zum Jahr 2020 mit rund 2,1 Millionen Euro fördert, untersuchen Forscherinnen und Forscher beider Einrichtungen Bedingungen und Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben von unterschiedlichen Religionen wie von religiösen und nicht-religiösen Traditionen. In seinem Eröffnungsvortrag sagte der NRW-Staatssekretär für Integration, Thorsten Klute, die religiöse Vielfalt sei in hohem Maße eine Folge von Einwanderung. „Wir alle sind gefordert, um eine gute Beziehung zwischen den Angehörigen der Religionen in unserem Bundesland aufzubauen.“ Der Dialog und das bessere Verständnis sei dem religiös neutralen Staat ein Anliegen, weil es dem Zusammenleben diene.
Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen diskutierten bei der feierlichen Eröffnung mit Staatssekretär Klute über Herausforderungen der wachsenden religiösen Vielfalt in Deutschland und Westeuropa. Der Religionssoziologe Prof. Dr. Detlef Pollack, Sprecher des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der WWU, legte dabei Zusammenhänge zwischen Religion und Integration dar, und der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hinnerk Wissmann vom Exzellenzclustersprach über Fragen des Religionsverfassungsrechts, auch am Beispiel der Integration des Islams. Die Medienwissenschaftlerin Prof. Dr. Barbara Thomaß von der RUB sprach über Religionsvielfalt in den Medien, insbesondere mit Blick auf Programm, Redaktionen und Rundfunkräte. Der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Thomas K. Bauer, Vorsitzender des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), stellte Ergebnisse des jüngsten SVR-Jahresgutachtens vor, das den Titel trägt „Viele Götter, ein Staat: Religiöse Vielfalt und Teilhabe im Einwanderungsland“. Zuvor hielten der RUB-Rektor Prof. Dr. Axel Schölmerich und der Prorektor für Internationales und Transfer der WWU, Prof. Dr. Michael Quante, sowie Bochums Bürgermeisterin Erika Stahl Grußworte.
Zwei Formen der Regulierung im Blick
Wichtige Gründe für die Veränderung der religiösen Landschaft in Deutschland sind den Wissenschaftlern zufolge Zuwanderung und die zurückgehende Bedeutung der Kirchen in der Gesellschaft. In diesem dynamischen Umfeld erforschen die Mitglieder des Fortschrittskollegs aus der Perspektive verschiedener Fächer die religiöse Pluralität unter zwei Gesichtspunkten. Gefragt wird, wie Religionen sich selbst regulieren und wie sie von anderen gesellschaftlichen Bereichen reguliert werden, beispielsweise von der Politik oder den Medien.
Am Kolleg sind neben Promovendinnen und Promovenden renommierte Professorinnen und Professoren der WWU beteiligt, darunter die Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Gutmann und Prof. Dr. Hinnerk Wißmann, der islamische Theologe Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, der Soziologe Prof. Dr. Detlef Pollack und die katholische Theologin Prof. Dr. Judith Könemann. Elf Doktorandinnen und Doktoranden untersuchen das Thema anhand von Beispielen im Ruhrgebiet und im Münsterland. Die thematische Bandbreite der Promotionsprojekte ist groß: Bearbeitet werden etwa die Fragen, wie sich religiöse Pluralität in der Altenpflege oder im Alltag türkeistämmiger Jugendlicher niederschlägt und wie die Integration muslimischer Migranten gelingen kann. Auch nimmt das Kolleg weibliche Berufsbiografien in den Blick und fragt nach dem Spannungsfeld von muslimischer Religiosität und Berufstätigkeit. Ein historisches Projekt erforscht die Beziehungsgeschichte von Muslimen und Christen in NRW seit 1961.
Praxisbezug schreiben die Verantwortlichen des Kollegs groß. Dazu gibt es Projekte mit insgesamt 13 Partnern, etwa mit dem Bistum Essen, der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche von Westfalen, mit der Alevitischen Gemeinde Deutschland, dem Bildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes, dem NRW-Gesundheitsministerium und dem Westdeutschen Rundfunk. Zu den Kooperationspartnern des Kollegs gehören der ehemalige Berichterstatter des UNO-Menschenrechtsrats, das Ruhr Museum Essen, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin, die Stiftung Mercator in Essen und die Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh. Sprecher des Kollegs ist der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Volkhard Krech vom CERES der RUB, stellvertretender Sprecher ist der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Willems vom CRM der WWU. (vvm/maz)