„Reformdruck in der Religionspolitik?“
Ringvorlesung des Exzellenzclusters über ein vernachlässigtes Politikfeld – Veranstaltungsreihe mit wissenschaftlichen Vorträgen und politischen Podien
Der Exzellenzcluster „Religion und Politik“ lädt im Sommersemester gemeinsam mit dem Centrum für Religion und Moderne (CRM) der WWU zur öffentlichen Ringvorlesung „Religionspolitik heute. Problemfelder und Perspektiven in Deutschland“ ein. Die Reihe befasst sich mit einem Politikfeld, das Parteien oft vernachlässigen – obwohl Religionsfragen die Gesellschaft zunehmend polarisieren und der Problemdruck wächst. Ziel der Vorträge und Podiumsdiskussionen ist es, Grundsatzfragen sowie aktuelle Konflikte und Lösungen zu erörtern und aus internationalen Vergleichen Impulse zu ziehen.
Es sprechen Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik-, Rechts- und Geschichtswissenschaft, Soziologie, Theologie und Kommunikationswissenschaft in Vorträgen und Kommentaren. Hinzu kommen Podiumsdiskussionen unter dem Titel „Reformdruck in der Religionspolitik?“, auf denen sich Vertreterinnen und Vertreter aus Parteien, Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften positionieren.
Individuelle Praxis und kollektiver Ausdruck von Religion
Die Vorträge sind dienstags von 18.15 bis 19.45 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22 in Münster zu hören. Der Start der neuen Ringvorlesung verschiebt sich aufgrund der neuen Vortragsreihe „Hans-Blumenberg-Gastprofessur“ im Sommersemester auf den 10. Mai 2016, sie endet am 19. Juli 2016. Den Eröffnungsvortrag hält Politikwissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Willems vom Exzellenzcluster.
Als Religionspolitik sind all jene politischen Prozesse und Beschlüsse zu verstehen, die die individuelle Praxis und kollektive Ausdrucksformen von Religion ebenso regeln wie den öffentlichen Status von Religionsgemeinschaften und religiösen Symbolen. Durch seine hohe Verrechtlichung ist das Politikfeld von Konkurrenz zwischen politischer und richterlicher Regulierung gekennzeichnet. Zugleich hat es sich stark politisiert: So fordern Muslime Zugang zu denselben öffentlichen Ressourcen wie die Kirchen, und eine religionskritische Öffentlichkeit kritisiert religiöse Praktiken wie das Kopftuchtragen oder die Beschneidung.
Religiös-kirchliche Landschaft verändert sich
Im Hintergrund stehen starke Veränderungen der religiös-kirchlichen Landschaft: Die Vielfalt der Religionen ist durch Zuwanderung angewachsen, der Islam zur drittgrößten religiösen Gemeinschaft geworden. Durch die stetige Entkirchlichung seit den 1960er Jahren und die Wiedervereinigung hat sich die Zahl der Konfessionslosen erhöht. Zugleich wächst die religiöse Individualisierung. Sie findet Ausdruck in einer nachlassenden sozialmoralischen Prägekraft der Kirchen und einer Vermischung religiöser Traditionen.
Die Ringvorlesung fragt vor diesem Hintergrund: Eignet sich das deutsche Ordnungsmodell einer engen Staat-Kirche-Kooperation noch als Rahmen? Wie lässt sich das Verhältnis religiöser Mehr- und Minderheiten so gestalten, dass das Recht gleicher Religionsfreiheit gewährleistet ist? In welchen Verfahren und Foren lassen sich religionspolitische Debatten und Entscheidungen künftig organisieren? (vvm/ska)