Dezember 2018
Dezember 2018

Münze des Monats

50 Millionen Mark Note vom 1. September 1923
© M. Bohl

Hyperinflationen

Hyperinflationen sind aufgrund der extrem hohen Inflationsraten außergewöhnliche ökonomische Phänomene. Sie stehen im Zusammenhang mit bedeutenden gesellschaftlich-politischen und ökonomischen Veränderungen, wie beispielsweise den beiden Weltkriegen, der lateinamerikanischen Schuldenkrise und dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems. So hat Deutschland leidvolle Erfahrungen mit einer Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg 1922/23 gemacht. Auch die jüngeren Hyperinflationen in Simbabwe und Venezuela haben ihren Ursprung in extremen politischen Verwerfungen.
Allen hyperinflationären Perioden ist der Durchgriff von Regierungen auf die Zentralbank und die deutliche Expansion der Geldmenge zur Finanzierung staatlicher Ausgaben gemeinsam. Anhand der abgebildeten 50 Millionen Mark Note vom 1. September 1923 aus der Endphase der deutschen Hyperinflation lässt sich erahnen, auf welche Größenordnungen Geldmengen während hyperinflationärer Perioden anschwellen. Die enormen Geldmengenerhöhungen schlagen sich in entsprechenden Preissteigerungen nieder, welche die Krise eines Landes zusätzlich verschärfen. Weite Bevölkerungsschichten führen in hyperinflationären Perioden einen tag-täglichen Überlebens-kampf, da die Preise lebensnotwendiger Güter und Medikamente binnen weniger Tage deutlich steigen und die Kaufkraft der Währung rasant sinkt. Dieser Beitrag zur Instabilität eines Landes ist in der Kriegshistorie gezielt genutzt worden, indem große Mengen Falschgeld als Waffe zur Destabilisierung eingesetzt wurden. Ein Beispiel hierfür liefert der Erste Irakkrieg 1990/1991.
Obwohl der Irak den Golfkrieg in den Jahren 1990/91 verlor, verblieb Saddam Hussein an der Macht. Im Jahr 1992 entschieden sich Saddams Widersacher, mit falschen Dinar-Noten eine massive Erhöhung der Geldmenge herbeizuführen, um durch die daraus resultierende Erhöhung der Preise die irakische Volkswirtschaft und damit das totalitäre Regime von Saddam Hussein politisch zu destabilisieren. Neben westlichen Industrienationen unter Federführung der USA waren an dieser Operation Saudi Arabien, der Iran und Israel maßgeblich beteiligt.
Wodurch wurde die Einschleusung der Dinar-Blüten möglich? Ein Blick auf die monetären institutio-nellen Bedingungen Iraks gibt hierauf Antwort. Die Herstellung von Geldnoten mit hoher Fälschungssicherheit erfordert einen hohen Technologie- und Wissenstand, über den nur spezielle Druckereien in westlichen lndustrienationen, nicht aber der Irak verfügen. Vor dem Irakkrieg wurde Iraks Bargeld von einer britischen Druckerei hergestellt. Nachdem sich als Folge des Irakkriegs die Beziehungen zwischen Großbritannien und anderen westlichen Industrienationen einerseits und dem Irak andererseits wesentlich verschlechtert hatten, war der Irak zur Eigenproduktion der Dinar-Geldscheine gezwungen, ohne das zur Herstellung einigermaßen fälschungssicherer Geld-scheine erforderliche hohe Know How zu besitzen.
Durch die produktionstechnisch bedingte niedrige Qualität wurde der irakische Dinar leicht fälschbar, und es gelang, über die jordanische, saudiarabische, türkische und iranische Grenze den Irak mit Geldscheinen zu bombardieren. Neben dem Schmuggel falscher Dinar-Scheine sollen einem Brief des irakischen Außenministers zufolge auch US-amerikanische Hubschrauber über Dörfern im südlichen Irak große Mengen gefälschten Papiergeldes abgeworfen haben. Selbst die Androhung drakonischer Strafen konnte die Verbreitung der Blüten im Irak nicht verhindern.
Drastische Geldmengenerhöhungen sind mit entsprechenden Preissteigerungen verbunden. Dieser Effekt war auch im Irak zu beobachten. Hinzu kam, dass die internationalen Sanktionen gegen den Irak zu einer Reduktion der Wirtschaftsleistung und damit zu einer Verstärkung des Inflationseffekts geführt haben dürften. Zwar verbirgt sich hinter der Inflationsentwicklung auch die verstärkte Ausgabe von Geld seitens des irakischen Staates zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben für gestiegene Löhne und Wiederaufbaumaßnahmen, die großen Mengen Dinar-Blüten haben die Preissteigerungstendenz jedoch wirkungsvoll unterstützt. Nur die erhoffte Konsequenz - der Sturz von Saddam Hussein - blieb seiner Zeit aus.

Prof. Dr. Martin T. Bohl

Literatur:

  • lbrahim, Y.F.: Fake-Money Flood is Aimed at Crippling lraq's Economy. In: The New York Times vom 27. Mai 1992.
  • Friedman, M.: The Quantity Theory of Money. In: The New Palgrave. Dictionary of Economics. Lon-don/New York 1987, S. 3-20.
  • Krugman, P.R./Obstfeld, M.: International Economics: Theory and Policy. 3rd. ed., New York 1994, insb. S. 383-388.
November 2018
November 2018

Münze des Monats

Hyperpyron des Manuel I. Komnenos
© Wikipedia

Der jugendliche Manuel I. Komnenos

Der Geburtstag des Kaisers Manuel I. Komnenos, welcher als einer der prägendsten Herrscher des 12. Jahrhunderts gilt, jährt sich am 28. November zum 900. Mal. Er stammte aus der Familie der Komnenen, welche die Herrschaft über das byzantinische Reich von 1081 bis 1185 ausübten (nach einem kurzen Vorspiel unter Isaakios I. Komnenos 1057-1059). Während dieser Epoche zählte Byzanz noch zu den den politischen Ton angebenden Mächten im europäischen Konzert.
Johannes II. Komnenos (r. 1118-1143) hatte sich bei einem Jagdunfall in Kleinasien tödlich verletzt, bestimmte auf seinem Sterbebett aber noch Manuel, den viertgeborenen und jüngsten Sohn, zu seinem Nachfolger. Zwei Brüder Manuels waren gestorben und den dritten, der sich in der Hauptstadt Konstantinopel aufhielt, ließ der Thronanwärter kurzerhand festsetzen, um die Herrschaft antreten zu können. Er schickte seinen Vertrauten, den Großdomestikos [= militärischer Oberbefehlshaber] Axuch, in die Hauptstadt, um alles vorzubereiten. Bei Niketas Choniates, einem der wesentlichen Historiographen dieser Zeit, heißt es dazu: „Der Großdomestikos bemühte sich um die Gunst der Palastwache sowie um die Anerkennung durch das Volk und übergab dann dem Klerus der Großen Kirche [= Hagia Sophia in Konstantinopel] eine mit (dem kaiserlichen) Rot gezeichnete und mit einem an purpurgetränkten, seidenen Schnüren befestigten goldenen Siegel bekräftigte Urkunde, die dem Klerus ein jährliches Geschenk von Silbermünzen im Wert von 200 Minen [= ca. 65 kg] zusicherte. Axuchos soll auch noch eine andere, ebenfalls rote kaiserliche Urkunde bei sich gehabt haben, welche die gleiche Summe, aber in Gold verhieß“ (übers. Grabler). Manuel musste sich also mit den üblichen Faktoren, die den Kaiser durch Akklamation bestätigten und somit anerkannten, gut stellen. Die Hagia Sophia in unmittelbarer Nähe des Patriarchen- und des Kaiserpalastes war die wichtigste Kirche Konstantinopels, wo auch die Kaiserkrönungen stattfanden.
Kurz darauf traf Manuel in der Stadt am Goldenen Horn ein und konnte den Thron besteigen. 1146 ehelichte er Bertha (fortan Eirene) von Sulzbach, die Schwägerin des römisch-deutschen Königs Konrad III. (1138-1152). Manuel erhoffte sich dadurch einen starken Partner in der Auseinandersetzung gegen die Normannen in Unteritalien bzw. dem südlichen Adriaraum. Gleich am Beginn seiner Regierungszeit war der junge Kaiser mit dem sogenannten 2. Kreuzzug befasst, bei dem französische und deutsche Ritter durch byzantinisches Reichsgebiet ins Heilige Land begleitet wurden (1147-1149). Nach dem Tod von Bertha (Eirene) nahm er Maria aus dem Fürstentum Antiocheia zu seiner Frau, um seine nach dem lateinischen Westen hin ausgerichtete Außenpolitik zu festigen und fortzuführen. Von seiner zweiten Frau bekam er den ersehnten Thronfolger (Alexios, geboren 1167), der sein Amt aber nie selbständig ausüben konnte. Nach Manuels Tod 1180 stürzte das Reich in einen innenpolitische Krise, die von Unsicherheit und Unstetheit gekennzeichnet war.

Die Münzprägung Manuels zeichnet sich durch eine ikonographische Neuerung aus. Auf der Vorderseite seiner Goldmünzen (seit Alexios I. hyperpyron genannt und das nomisma ersetzend;) ist Christus als Jüngling dargestellt. Im Neuen Testament gibt Maria dem Neugeborenen den Namen Emmanuel (hebr. „Gott mit uns“). Mit der Verwendung dieses Bildes wird auch auf die Jugend des Kaisers Manuel angespielt, der seine neue Herrschaft bewusst unter dem Zeichen Christi führte. Wie stark sich Manuel mit Christus verbunden fühlte, zeigt die Erzählung, dass der Kaiser auf seinen eigenen Schultern den Stein, auf den der Heiland nach seinem Tod gebettet wurde, vom kaiserlichen Hafen in eine Palastkirche getragen habe.
Auf der Vorderseite sind die übliche Angabe des Heiligen in der Form eines nomen sacrum (IC XC für Iesus Christos) und die Anrufungsformel „Herr hilf“ (ΚΕ ΒΟΗΘΙ) zu lesen, während auf der Rückseite Manuel seinen purpurne Herkunft betont („dem Herren Manuel, dem purpurgeborenen“ [ΜΑΝΟΥΗΛ ΔΕΣΠΟΤ, ΤΩ ΠΟΡΦΥΡΟΓΕΝΝΗΤ,]). Manuel war im kaiserlichen Kreißsaal des Kaiserpalastes, welcher mit Porphyrstein ausgekleidet war, auf die Welt gekommen. Der Kaiser ist mit dem Labarum, dem aus dem römischen Heerwesen bekannten Feldzeichen, und dem Kreuzglobus stehend dargestellt, von rechts oben berührt, segnet und krönt ihn die Hand Gottes (manus dei).
Die Münze ist ein sogenanntes hyperpyron („von hoher Feinheit“) , welches seit Alexios I. (r. 1081-1118), dem Großvater Manuels, das nomisma ersetzte; im Laufe des 11. Jahrhunderts hatte sich die über Jahrhunderte stabile byzantinische Goldwährung rapide verschlechtert. Nunmehr hatte die Goldmünze einen Feingehalt von etwa 21 bis 22 Karat (von insgesamt 24) und wies annähernd das ursprüngliche Gewicht eines nomisma von etwa 4,5g auf. Die Form dieser Prägung ist auffällig, da die Münze wie ein Schüsselchen aussieht, also eine konkave und eine konvexe Seite aufweist. Der oft verwendete Begriff Skyphat ist irreführend, da man in der Forschung des 19. Jahrhunderts glaubte, der Begriff scyphatus in italienischen Dokumenten aus dem 11. und 12. Jahrhundert benenne diese Prägung. Die gewölbte Form hatte zur Folge, dass die Münzen unterschiedlich stark abgenutzt wurden; der Kaiser, der wie üblich auf die Rückseite geprägt war, hielt sich länger.

Michael Grünbart

Literatur:

  • Michael Hendy, Catalogue of the Byzantine coins in the Dumbarton Oaks Collection and in the Whittemore Collection. Vol. 4. Alexius I to Michael VIII, 1081 - 1261, Pt. 1: Alexius I to Alexius V (1081 - 1204). Washington D.C. 1999, 275-339.
  • Philip Grierson, Byzantine Coinage. Washington, D.C. 1999.
  • Paul Magdalino, The Empire of Manuel I Komnenos 1143-1180. Cambridge 1993.
Oktober 2018
Oktober 2018

Münze des Monats

© Archäologischen Museums der Universität Münster
© Archäologischen Museums der Universität Münster

Bronzemünze des Spithridates


Archäologisches Museum der Universität Münster, Inv. M 5233
Bronzemünze (Chalkous) des Spithridates, Münzstätte Kyme (?), wohl 334 v. Chr.
10 mm; 1,30 g; 9 h
Av.: Kopf des Spithridates von Ionien und Lydien mit Tiara, deren Laschen unter dem Kinn verschränkt sind, nach rechts gerichtet
Rv.: Pferdeprotome nach rechts gerichtet, i.F. oben Beizeichen: ; griechische Legende i.F. unten: [ΣΠ]Ι.


Immer noch kontrovers diskutiert ist die Frage der Bedeutung der sog. Satrapenmünzen, zu der auch dieses Münsteraner Stück zu zählen ist. In der Tradition der lydischen Könige werden weiterhin im Westen des Persischen Reiches Münzen geprägt. Sicher als Königsgeld zu bezeichnen sind die Dareiken und die Sigloi, die im Zuge der Münzreform des Dareios I. nach P. Briant ca. 512 v. Chr. eingeführt worden sind. Daneben existieren lokale Prägungen, die von Städten oder Herrschern (Dynasten, Tyrannen, Könige) in Auftrag gegeben worden sind. Als sog. Satrapenmünzen werden diejenigen benannt, die zum einen in der Legende den Namen eines persischen Amtsträgers angeben: u.a. Tissaphernes, Pharnabazos und der hier vorzustellende Spithridates. Zum anderen sind nach J. Bodzek der mit Tiara bedeckte Kopf und der sog. iranische Reiter als Satrapen-Typen zu bezeichnen. In der Folge von C. M. Harrison und L. Mildenberg werden allerdings mehrheitlich Zweifel geäußert, ob es Satrapenmünzen überhaupt gibt. Zuletzt hat H. Klinkott sämtliche Argumente zusammengetragen und schlägt vor, eher von „Strategengeld“ zu sprechen, da die persischen Amtsträger die Münzen nicht in ihrer Satrapie haben prägen lassen. Die Satrapen waren mit großen Feldzügen durch den Großkönig beauftragt – z.B. gegen Euagoras auf Zypern und gegen Ägypten – und ließen deshalb zur Entlohnung des Heeres und der Flotte in Kilikien oder der Levante Münzen prägen. Somit bezeichnet er die sog. Satrapenmünzen als „durch Königssymbolik überlagertes Lokalgeld“. Dies würde auch erklären, warum z.B. die Prägungen des Pharnabazos aus Kyzikos mit dem Thunfisch – Symbol der Stadt – versehen sind. Bodzek hat zuletzt festgestellt, dass der Begriff Satrapengeld nicht wörtlich, sondern symbolisch gemeint sei, indem sämtliche Münzen von Repräsentanten des Großkönigs – gleich welchen Ranges – darunter zu verstehen sind.
Die Silber- und Bronzemünzen des Spithridates sind nach Bodzek aus Anlass des mit großer Heeresmacht herannahenden Makedonenkönigs Alexander III. entstanden, da die unsicheren Prägeorte Lampsakos und Kyme nicht in Spithridates Satrapie Ionien und Lydien liegen. In der numismatischen Diskussion sind allerdings mehrheitlich die Silberemissionen mit den Soldzahlungen bzw. Rüstungsaktivitäten verknüpft worden. Bronzenes Kleingeld konnte auch andere Hintergründe haben, so werden die Münzen des Tissaphernes aus Astyra einerseits (Klinkott) interpretiert als Ehrung des Satrapen. Bodzek andererseits sieht in dem Kleingeld aus Astyra und Adramyttion den Hinweis auf das Amt des Oberbefehlshabers / Karanos der kleinasiatischen Heere.
Wie nun kann die Münsteraner Bronzemünze interpretiert werden? Gemäß des Rückseitenmotivs der Pferdeprotome wird sie dem Prägeort Kyme zugeschrieben, gesichert ist dies allerdings nicht. Das Beizeichen, welches auch auf Münzen aus Karien sowie Lykien und in der anatolisch-persischen Glyptik bezeugt ist, begegnet sehr häufig in Kilikien und gibt nach O. Casabonne als Symbol den Münzmeister an bzw. den Magistraten, unter dem geprägt wird.
Die Vorderseite zeigt Spithridates mit Tiara – Harrison und andere sehen in diesen Bildnissen kein Portrait, sondern z.B. eine Symbolik der persischen Feldherren, wie Casabonne vorschlägt. Diese Kopfbedeckung ist Bestandteil der sog. medischen Reitertracht der persische Amtsträger. Abschließend bleibt noch zu klären, welcher von den beiden literarisch überlieferten Persönlichkeiten mit dem Namen Spithridates (oder Spithrodates) diese Prägungen beauftragt hat. Der ältere der beiden ist im ausgehenden 5. und beginnenden 4. Jh. v. Chr. aktiv, ihm sind bisher allerdings keine Münzen zugeschrieben worden. Der jüngere ist unter seinem Schwiegervater Dareios III. Satrap von Ionien und Lydien – vielleicht seit 344/43 v. Chr., als sein Vater und Amtsvorgänger Rhosakes am Feldzug gegen Ägypten (Diod. 16,47,2) teilnimmt. Spithridates ist einer der Feldherren, die 334 v. Chr. das persische Heer am Granikos gegen die Makedonen unter Alexander dem Großen befehligt haben. Er verwundet zunächst Alexander, fällt dann allerdings durch die Hand des makedonischen Königs (Diod. 17,20).

H.-H. Nieswandt

 

Literatur:

  • C. M. Harrison, Coins of the Persian Satraps (Pennsylvania 1982)
  • N. V. Sekunda, Persian Settlement in Hellespontine Phrygia, in: A. Kuhrt – H. Sancisi-Weerdenburg (Hrsg.), Achaemenid History 3. Method and Theory. Proceedings of the London 1985 Achaemenid History Workshop (Leiden 1988) 175–196, bes. 178–180
  • L. Mildenberg, Über das Münzwesen im Reich der Achämeniden, AMI 26, 1993, 55–79
  • L. Mildenberg, On the So-Called Satrapal Coinage, in: O. Casabonne, Mécanisme et innovations monétaires dans l’Anatolie Achéménide. Numismatique et histoire, Actes de la Table Ronde Internationale d’Istanbul, 22-23 mai 1997, Varia Anatolica XII (Paris 2000) 9–20
  • O. Casabonne, Conquête Perse et phénomène monétaire : L’exemple Cilicien, in: O. Casabonne, Mécanisme et innovations monétaires dans l’Anatolie Achéménide. Numismatique et histoire, Actes de la Table Ronde Internationale d’Istanbul, 22-23 mai 1997, Varia Anatolica XII (Paris 2000) 21–91
  • P. Briant, From Cyrus to Alexander. A History of the Persian Empire (Winona Lake 2002) 408 f. 934 f. (Königsmünzen); 700 f. 1009 (Spithridates II)
  • H. Klinkott, Der Satrap. Ein achaimenidischer Amtsträger und seine Handlungsspielräume, Oikumene. Studien zur antiken Weltgeschichte 1 (Frankfurt am Main 2005) bes. 241–260
  • M. Alram, The Coinage of the Persian Empire, in: W. E. Metcalf (Hrsg.), The Oxford Handbook of Greek and Roman Coinage (Oxford 2012) 61–87
  • H.-H. Nieswandt, Stoffbinden im Achaimenidischen Reich. Zu sog. Satrapenmünzen und verwandten Denkmälern im östlichen Mittelmeergebiet, in: A. Lichtenberger u.a. (Hrsg.), Das Diadem der hellenistischen Herrscher. Übernahme, Transformation oder Neuschöpfung eines Herrschaftszeichens?, Euros. Münstersche Beiträge zu Numismatik und Ikonographie 1 (Bonn 2012) 71 Spithridates Typus 2 Abb. 21 (diese Münze)
  • J. Bodzek, Achaemenid Asia Minor: Coins of the Satraps and of the Great King, in: K. Dörtlük – O. Tekin – R. B. Boyraz Seyhan (Hrsg.), Bildiriler: Birinci Uluslararası Anadolu Para Tarihi ve Numismatik Kongresi, 25-28 Şubat 2013, Antalya (Antalya 2014) 59–78
September 2018
September 2018

Münze des Monats

© LWL-Museum für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum
© LWL-Museum für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum

Stavoren (Provinz Friesland), König Heinrich III. (1039-1056) und Graf Bruno, ca.1050-1060.

Gewicht 0,926 g –Dm. 16,4 mm - 320 °
Münster, LWL-Museum für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum Inv.Nr. 45743


Über die politische Geschichte Frieslands geben die schriftlichen Quellen nur unzureichend Auskunft. Kaiser Konrad II., aus dem Haus der Salier, ließ Münzen mit seinem Frontalbild prägen und auf der anderen Seite um ein Kreuz herum die Umschrift FRESONIA. An welchem Ort diese entstanden ist aus den Münzen heraus nicht ersichtlich. Danach entstanden in verschiedenen friesischen Orten vom Typ her einheitliche Gepräge, die den Namen eines Ekbert tragen. Dessen Funktion ist nicht durch einen zugefügten Namen gekennzeichnet. Es ist aber naheliegend in ihm einen Angehörigen des Grafengeschlechts der Brunonen zu sehen, da dieser Typ um die Mitte des Jahrhunderts durch einen anderen abgelöst wurde, der zentral auf einem waagerechten Schriftband den Namen BRVN aufweist. In ihm wird Brun II. gesehen, der 1057 starb. Der Chronist Lampert von Hersfeld berichtet zum Jahr 1057, dass zu einer Tagung des sächsischen Hochadels nach Merseburg geladen war, bei der das Verhältnis zwischen den Sachsen und den Königen aus der Dynastie der Salier besprochen werden sollte, nachdem Kaiser Heinrich III. 1056 gestorben und sein Sohn Heinrich IV. noch ein Kind war. Dabei trafen die Brüder Ekbert und Brun aus der Familie der Brunonen, die als Vettern des Königs bezeichnet werden, mit dem nach der Macht strebenden Otto, einem Halbbruder des Markgrafen der Nordmark, zusammen. In einem entstehenden Gefecht wurden sowohl Brun als auch Otto getötet. Das Ereignis zeigt, wie nah die Macht des Grafen mit dem salischen Königtum verbunden war. So ist es bemerkenswert, wenn zu einer Zeit als die Abbildung oder die Erwähnung des Königs auf Münzen außerhalb von königlichen Pfalzorten sehr selten wurde, der König abgebildet und als HENRICVSREX genannt wird. In dem stark reduzierten Bild ist für Analphabeten Heinrich III. an seiner Zackenkrone zu erkennen. Die Verbindung zwischen Königtum und Kirche wird durch das Kreuzzepter zum Ausdruck gebracht. Da es sich nicht um wirkliche Portraits handelt, war es notwendig, den Dargestellten durch ein weiteres Attribut zu charakterisieren, zumal die Umschrift nur sehr wenige lesen konnten. Bei Bischöfen und Äbten geschah dies meist durch Zufügung des Krummstabes, bei Königen bzw. Kaisern im Regelfall durch die Krone, deren Form vielgestaltig sein kann. Barhäuptige Königsbilder gibt es auch, doch sind sie die große Ausnahme. Kreuzzepter oder Kreuzstab als königliches Attribut ist für die Salier selten. Es kommt sonst noch in Dortmund und an unbestimmtem Ort nahe der Nordseeküste für Heinrich IV. vor.
Fast einzigartig in der weltlichen Münzprägung des 11.Jahrhunderts ist der parallele Betrieb mehrerer Münzstätten, die nicht einmal sehr weit auseinander lagen. Allenfalls in Flandern gab es ähnliches. Ekbert I. prägte nach 1038/39 gleichartige Münzen in Bolsward, Dokkum, Emnighem, Leeuwarden und Stavoren. Etwa um 1050 wurde seine Prägung abgelöst durch die hier präsentierte seines Bruders Brun, der dieses Netzwerk übernahm. Das BRVN trat an die Stelle eines vorherigen NOTA, dessen Bedeutung nicht so klar ist. Nach dem Tode Bruns folgte eine Prägung nach Goslarer Vorbild durch den Grafen Ekbert, der noch Münzstätten in Garrelsweer und Winsum hinzufügen konnte. Quantitativ war die Werkstatt in Leeuwarden wahrscheinlich die aktivste. Obwohl es in Friesland keine Silberbergwerke gab, war es offenkundig kein Problem, die notwendigen Mengen an Silber aufzutreiben.
Stavoren (friesisch), früher Staveren, gehört zu den ältesten Städten in Friesland. Sie liegt am Ijsselmeer und früher an der Mündung eines kleinen Wasserlaufs. Der Mönch Odulfus gründete hier im Auftrag des Bischofs von Utrecht ein kirchliches Zentrum, um die Friesen zu missionieren, aus dem später das Odulfuskloster wurde. 991 wurde der Ort von Normannen überfallen, geplündert und in Brand gesteckt. Ziel war Stavoren sicherlich, weil der Ort über See leicht erreichbar war, andererseits aber auch, weil er den Skandinaviern bekannt war. 1061 soll die Stadt von den Grafen ein Stadtrecht erhalten haben, das 1118 von Kaiser Heinrich V. bestätigt wurde. Durch Strömungsveränderungen wurden Teile des Siedlungsgebietes abgeschwemmt. Vom Kloster befand sich 1415 nur noch eine Kapelle auf einem Hügel im Wasser, weshalb die Mönche es aufgaben. Der Hafen versandete.
Wesentlich für den Tauschwert von Münzen war im Mittelalter, wie auch sonst, die Menge des darin enthaltenen Edelmetalls. Das Gewicht der von den Karolingern eingeführten Pfennige (lateinisch denarii) war mit um 1.7 g relativ hoch und die Feingehalte entsprachen den Möglichkeiten der Zeit, reines Silber herzustellen. Schon im 10. Jahrhundert jedoch war die Einheitlichkeit des Gewichtsstandards zerfallen und unterschiedliche Regionen des Heiligen Römischen Reiches wichen in uneinheitlichem Tempo davon ab. Während etwa in Köln die Durchschnittsgewichte nur in geringem Umfang sanken, war dies in Teilen Schwabens wie auch Frieslands deutlich anders. Friesische Münzen erreichten bereits vor der Jahrtausendwende ein Durchschnittsgewicht von weniger als einem Gramm, wobei sich das westlichere (heute niederländische) Friesland von dem östlicheren (heute deutschen) Friesland auseinander entwickelte. (Ost-)Friesische Münzen waren schwerer als friesische Pfennige von westlich der Emsmündung. Die brunonischen Grafen begannen auch das Silber durch Zulegierung unedler Metalle zu strecken, was durch Wegätzen von Kupfer an der Oberfläche cachiert wurde. Eine Reihe von metallanalytischen Untersuchungen offenbaren dies deutlich. Auch wenn die angewandten naturwissenschaftlichen Methoden im Detail der Ergebnisse nicht vergleichbar sind, so zeigen sie doch einheitlich die Tendenz. Röntgen-Fluoreszenz-Analysen, die nicht sehr tief in das Innere der Münzen eindringen können, zeigen für die Münzen des Grafen Bruno aus Dokkum und Leeuwaarden zwischen 35 und 58% Silberanteil schwankende Messergebnisse. Dem Silber hinzugefügt wurde eine Kupfer-Zinn-Legierung, die vermutlich aus eingeschmolzenen Gebrauchsobjekten stammte. Das bedeutet in jedem Fall, dass sie von Feinsilber weit entfernt waren.
Die Friesen, die überwiegend Landstriche bewohnten mit erschwerten Bedingungen für Ackerbau, hatten schon im Frühmittelalter eine große Bedeutung im Fernhandel. Friesische Händler sind in den schriftlichen Quellen des 7.-10.Jahrhunderts in Schweden wie in England nachgewiesen. Auch den Rhein nutzten sie, wo in einigen Orten wie Worms, Mainz und Duisburg friesische Ansiedlungen entstanden. Auch numismatisch können diese Beziehungen nachgewiesen werden. In den im letzten Viertel des 10.Jahrhunderts verstärkt einsetzenden Schatzfunden Skandinaviens haben friesische Münzen einen nicht unbedeutenden Anteil. Dieser bricht in Schweden in der Mitte des 11.Jahrhunderts etwa zur Zeit des Grafen Brun stark ein. Zugleich erhöht sich der Export friesischer Münzen nach Nordrussland, wohin sie nicht über die Wikinger als Vermittler gelangt sein können, da die dort vorkommenden Fundmünzen nicht die sekundären Merkmale der Münzen in skandinavischen spätwikingerzeitlichen Schatzfunden haben (Verbiegungen, Einstiche u.ä.). Nord- und Osteuropa hatten zu dieser Zeit keine Münzgeldwirtschaft, sondern benutzten Silber in jedweder Form nach Gewicht als Tauschwert. Dabei mussten sie von der Vergleichbarkeit der Silberqualität ausgehen. Mit dem verstärkten Absenken des Silbergehalts verloren die friesischen Silbermünzen ihre Akzeptanz in Schweden, während offenkundig dies in Russland und im Baltikum eine geringere Rolle spielte. In diesen Teilen Europas bestehen die Schatzfunde der 2.Hälfte des 11. und frühen 12.Jahrhundert zu einem erheblichen Teil aus friesischen Münzen, nicht zuletzt des Grafen Brun. Es legt die Vermutung nahe, dass es einen direkten Kontakt friesischer Händler dorthin gegeben hat. Wenn deren nicht vollwertiges Silber uneingeschränkt akzeptiert wurde, hatten sie mindestens vorübergehend einen Vorteil gegenüber gotländischen Händlern.
In Russland wurden die friesischen Pfennige des Grafen Brun nachgeahmt. Wo und wann dies genau geschah, bedarf noch der weiteren Forschung.

Peter Ilisch

Literatur in Auswahl:

  • Peter Ilisch, Die Münzprägung im Herzogtum Niederlothringen I: Die Münzprägung in den Räumen Utrecht und Friesland im 10. und 11.Jahrhundert. = Jaarboek voor Munt- en Penningkunde 84-85, 1997/98, 274 S.
  • Peter Ilisch, The Frisian impact on Coin import in the Baltic Sea area and Russia. In: Конференция 2017 года будет посвящена крупнейшему археологу-нумизмату Швеции - Брите Мальмер. St. Petersburg (im Druck).
  • Eeva Jonsson, Metal analyses of Viking-age coins. Metallanalyser av mynt. Stockholm 2018.
  • Kenneth, Jonsson, The numismatic evidence for Frisian trade in Sweden in the late Viking Age, in: Ryszard Kiersnowski u.a. (Hrsg.): Moneta Mediævalis. Studia numizmatyczne i historyczne ofiarowane Profesorowi Stanisławowi Suchodolskiemu w 65. rocznicę urodzin, Warschau 2002, S. 233–244.
  • Bernd Kluge, Bemerkungen zur Struktur der Funde europäischer Münzen des 10. und 11. Jahrhunderts im Ostseegebiet, in: Zeitschrift für Archäologie 12, 1978, S. 181-190.
  • Stéphane Lebecq, Friesenhandel, In: Johannes Hoops, Reallexikon der germanischen Altertumskunde Bd.10 S. 69-80.
  • Tuuka Talvio, The Frisian element in the coin hoards of the late Viking Age in Scandinavia, Russia and the East Baltic lands. In: Society and trade in the Baltic during Viking Age. Visby, 1985, S. 195-200.
August 2018
August 2018

Münze des Monats

Anthemius | Solidus, Rom, 467–472 n. Chr.
© Münzkabinett Berlin
Anthemius | Solidus, Rom, 467–472 n. Chr.
© Münzkabinett Berlin
Justinianus II. | Solidus, Konstantinopolis,705–706 n. Chr.
© Münzkabinett Berlin
Justinianus II. | Solidus, Konstantinopolis,705–706 n. Chr.
© Münzkabinett Berlin

Das Wort PAX auf Solidi der Kaiser Anthemius und Justinian II.

Flavius Procopius Anthemius (um 420–472 n. Chr.) | Gold, Solidus, 4,42 g, 22 mm, Münzstätte Rom, 467–472 n. Chr. | Av.: D N ANTHEMI-VS P F AVG, Panzerbüste des Anthemius mit Helm, Schild und Speer | Rv.: SALVS REI P-V-BLICAE / COMOB. Kaiser Anthemius und Kaiser Leo I. in Rüstung und Mantel, einander die Hand reichend; darüber Schild mit PAX; im Feld links R, im Feld rechts M | RIC X Anthemius 2804 | Münzkabinett | Berlin, Objektnummer 18201533 https://ikmk.smb.museum/object?id=18201533
Justinianus II. (668/669–711 n. Chr.) | Gold, Solidus, 4,44 g, 20 mm, 6 Uhr, Münzstätte Konstantinopolis, 705–706 n. Chr. (zweite Herrschaft) | Av.: d N IhS ChS REX - REGN[ANTIUM]. Büste des bärtigen Christus im Segensgestus mit Codex in der linken Hand, in Vorderansicht, hinter ihm ein Kreuz | Rv.: [D N IUS]-TINIA-NUS MUL[TUS AN]. Drapierte Büste des Justinianus II. mit Krone. In seiner rechten Hand ein Balkenkreuz auf dreistufiger Basis, in seiner linken Hand ein Patriarchenkreuz auf Globus, darauf PAX | DOC II-2 Nr. 1 (705 n. Chr.); MIB III Nr. 1 (705–706 n. Chr.) | Münzkabinett Berlin, Objektnummer 18218743 | https://ikmk.smb.museum/object?id=18218743

Einige Münzen aus der Zeit zwischen der zweiten Hälfte des fünften und dem Anfang des achten Jahrhunderts zeigen die Buchstaben P, A, X. Bis auf wenige mögliche Zweifelsfälle aus Karthago kann man wohl davon ausgehen, dass damit das lateinische Wort Pax für Frieden gemeint ist. Außer bei den hier ausgewählten Kaisern kommt der Schriftzug auch auf karthagischen Silberprägungen der Kaiser Maurikios und Konstans II. vor, bei Justinian II. zudem auf Bronzemünzen aus der Zeit seiner ersten Herrschaft (Maurikios, Viertel-Siliqua, 602 n. Chr., MIBEC NV63; Constans II., Halb-Siliqua, ca. 647 n. Chr., DOC 132; MIB 157 a; Justinian II., Aes 3, ca. 695 n. Chr., DOC 31.3). Bisher nicht erfasst ist ein Nummus von Justinian I. mit PAX auf dem Avers, nachgewiesen bei Grabungen der University of Michigan 1975–1979 (Metcalf 1987, Nr. 201).
Die Deutungen gehen weit auseinander: Manche sehen das Erscheinen des Wortes PAX vor dem Hintergrund konkreter politischer Ereignisse, etwa eines Herrschaftsbeginns oder eines Friedensschlusses; andere erklären die Nennung von PAX damit, dass es sich um ein abstraktes Attribut eines Herrschers handelte, oder mit der unanimitas und concordia von Ost- und Westteil des Römischen Reichs. Wiederum andere Forscher*innen akzentuieren den christlich-religiösen Charakter dieser und ähnlicher Münzinschriften.

Procopius Anthemius
Zwischen 467 und 472 ließ der weströmische Kaiser Procopius Anthemius in Rom, Ravenna und Mailand Solidi prägen, deren Revers ihn stehend zur Linken neben dem oströmischen Kaiser Leo I. zeigt, beide in militärischen Gewand. Sie reichen sich die Hand. Beide tragen Rüstung und Mantel. Auf Kopfhöhe zwischen beiden steht der Schriftzug PAX bzw. PAS oder bAS, bekrönt von einem Kreuz. Die Schreibweisen variieren zwischen den drei Münzstätten. Das epigrafische Problem der unterschiedlichen Schreibweisen von PAX und die Frage „pseudoimperialer“ Nachprägungen können in diesem Kontext außer Acht bleiben. Eine Identifizierung der linken Herrschergestalt mit dem Heermeister Ricimer wird überwiegend zurückgewiesen.
Der Avers zeigt den Münzherrn Anthemius in militärischem Habitus, die Legende Dominus Noster Anthemius Pius Felix Augustus. Auf dem Revers ist auf allen Typen die Legende Salus Reipublicae zu lesen, dazu die Zeichen der jeweiligen Münzstätte. PAX erscheint in unterschiedlicher Einfassung, mal im Kranz mit Schleifen, mal in einer Art Schild. Die Verknüpfung dieses Worts mit dem Motiv der dextrarum iunctio, die beide Kaiser miteinander verbindet, erinnert insbesondere an anonyme gallische und hispanische Münzen aus der Zeit des Bürgerkriegs im 1. Jh. n. Chr. Dort ist sie reduziert auf die ineinander gelegten Hände mit Merkurstab, Kornähren und Mohnkolben sowie den Schriftzug PAX (RIC I² Nr. 34 Spanien, 68 n. Chr.).
Obwohl vom östlichen Kaiser Leo als Mitkaiser voll anerkannt, veranlasste dieser keine Parallelprägungen. Eine Erklärung ist daher im Herrschaftsverlauf von Anthemius zu suchen. Aufgrund der Datierung der Prägeserie scheidet der Sieg über Geiserich 470 aus; auch war dieser Sieg Leo zu verdanken, nachdem Anthemiusʼ eigener Versuch, Geiserich zu besiegen, 468 n. Chr. gescheitert war. Der andere Krieg, den Anthemius der schriftlichen Überlieferung zufolge führte, gegen den Westgoten Eurich, endete abermals desaströs für Rom, sodass auch hier kein Siegfrieden zu proklamieren gewesen sein dürfte. Entgegen Grierson scheint daher ein lokaler Friedenschluss als Anlass für die PAX-Prägungen nicht gegeben zu sein.
Kaegi schlägt daher – unter Verweis auf Äußerungen von Sidonius Apollinaris und dem Buch de caeremoniis – vor, die Anführung von PAX auf Münzen als Zeichen der Einmütigkeit zwischen dem west- und dem oströmischen Kaiser und der damit gegebenen friedensstiftenden Einheit zwischen den beiden Reichsteilen zu sehen.

PAX: Justinian II. (zweite Amtszeit)
Die Zuweisung von Avers und Revers bei den Münzen Kaiser Justinians II. mit einem Bildnis von Christus ist strittig. Überwiegend jedoch gesteht man dem Christusbild den Avers zu. Somit erscheint – wie zu Beginn seiner ersten Amtszeit – der kaiserliche Münzherr auf dem Revers.
Dominus Noster Iesus Christus Rex Regnantium: So lautet die Legende des Avers. Zu sehen ist frontal ein Christus, überraschend mit kurzem Bart und Lockenfrisur. Ähnliche Münzen aus der Zeit seiner ersten Herrschaft zeigen Christus mit glattem Haar und Vollbart. Der jugendliche Bildnistyp, den Justinian II. einführte, blieb ohne Nachfolge.
Dominus Noster Iustinianus Multus Annus [Multos Annos]: Der Revers zeigt den Kaiser mit Krone, frontal mit ähnlicher Barttracht wie Christus. Der Globus in der linken Hand trägt das Patriarchenkreuz, auf der Kugel selbst steht die Aufschrift PAX.
Formel und Inszenierung lassen den Kaiser als Stellvertreter Christi erscheinen. Nicht ausgeschlossen wird eine Reaktion auf die Münzprägung des zeitgenössischen Kalifen Abd-el Maliks, der sich unter anderem als „Herr der Rechtgläubigen“ und „Vertreter Allahs“ titulieren ließ. Auch ein Zusammenhang mit den Anfängen des Bilderstreits wird gesehen. Der Globus – später auch mit aufgesetztem Kreuz – tritt schon früher als kaiserliches Attribut in Erscheinung, allerdings allein in der Ikonografie und nicht als reales Insigne. Zu verstehen ist er als Sinnbild für den römisch beherrschten Erdkreis, ab einer bestimmten Zeit dann unter christlichen Vorzeichen. Durch die Aufschrift PAX erhält das Insigne ein weiteres abstraktes Attribut, möglicherweise als Friedensversprechen für das Römische Reich, das der Kaiser zu Beginn seiner zweiten Herrschaft propagierte. Dagegen wendet sich Woods, der eine politische Deutung angesichts der aus seiner Sicht überwiegend religiösen Bezüge der Münze (Christusbild, Titulatur und Doppel- bzw. Patriarchenkreuz auf dem Globus) für nicht gegeben hält. Für ihn steht die Auseinandersetzung mit dem Kalifen und der aufziehende Bilderstreit für eine Deutung im Vordergrund. Darüber hinaus bleibt aber die Gestalt dieses religiösen Konzeptes von Kaiser Justinian II. unklar. Woods lässt zudem außer Acht, dass der von ihm im Falle der PAX-Prägungen der Kaiser Maurikios, Constans II.und Justinian II. gesehene Antagonismus zwischen den beiden Sphären keinesfalls zwingend ist.

Die PAX-Prägungen von Anthemius und Justinian II. haben sowohl einen christlich-religiösen als auch einen politischen Charakter – darin ansatzweise vergleichbar mit den kaiserzeitlichen und auch spätrömischen Münzprägungen mit Personifikationen der Securitas, der Concordia, der Victoria oder der Pax.

G. Schaaf


Weiterführende Literatur:
Anders 2010

  • F. Anders, Flavius Ricimer: Macht und Ohnmacht des weströmischen Heermeisters in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts (2010).

Belting 2000

  • H. Belting, Bild und Kult: eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst (2000).

Burgess 2008

  • R. W. Burgess, ANTHEMIUS – ROME: PRELIMINARY ANALYSIS (19. Januar 2008).

DOC II-2

  • Ph. Grierson, Catalogue of the Byzantine coins in the Dumbarton Oaks Collection and in the Whittemore Collection II-2 (1968).

Grierson/Mays 1992

  • Ph. Grierson/M. Mays, Catalogue of late Roman coins in the Dumbarton Oaks Collection and in the Whittemore Collection. From Arcadius and Honorius to the accession of Anastasius. Dumbarton Oaks catalogues (1992).

Kaegi 2010

  • W. E. Kaegi, Muslim Expansion and Byzantine Collapse in North Africa (2010).

Metcalf 1987

  • W. E. Metcalf, THE MICHIGAN FINDS AT CARTHAGE, 1975–79: AN ANALYSIS. Museum Notes (American Numismatic Society) 32, 1987, 61–84.

MIB III

  • W. Hahn, Moneta Imperii Byzantini III (1981).

Morrisson

  • C. Morrisson, 13.09.12, Kaegi, Muslim Expansion and Byzantine Collapse in North Africa.

Woods 2017

  • D. Woods, The Proclamation of Peace on the Coinage of Carthage under Constans II. Greek, Roman, and Byzantine Studies 57, 2017, 687-612.
Juli 2018
Juli 2018

Münze des Monats

© Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin (Foto: Reinhard Saczewski)
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Die ‚Friedensmünzen‘ Erzbischof Brunos von Trier und König/Kaiser Heinrichs V., 1110/20er Jahre


a) Erzbischof Bruno, Pfennig – Silber, geprägt; Gew. 0,67 g, Dm. 21 mm. Aus dem Fund von Bébange
Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, Obj.-Nr. 18226877
b) Erzbischof Bruno, Pfennig – Silber, geprägt; Gew. 0,66 g, Dm. 20 mm. Aus dem Fund von Bébange
Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, Obj.-Nr. 18226891
c) Kaiser Heinrich V., Pfennig – Silber, geprägt; Gew. 0,94 g, Dm. 19 mm
Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, Obj.-Nr. 18226861


Friedensäußerungen auf Münzen des Mittelalters sind – blickt man vergleichend zurück, in die Antike, und nach vorn, in die Neuzeit – ausgesprochen selten. In der Antike spielte der Friede, Eirene bzw. Pax, spielten aber auch andere Ausformungen der Friedensidee eine bedeutende Rolle. Münzen, insbesondere römische Münzen, waren das zentrale Kommunikations- und Propagandamedium, speziell über die Rückseiten wurde Politik transportiert und propagiert, ja manchmal sogar Politik gemacht. Diese ihre Funktion haben Münzen im Mittelalter weitestgehend verloren, und auch in der Neuzeit hat sich dies nicht grundsätzlich geändert. In der Neuzeit aber trat eine neue Gattung auf den Plan, die – wenn auch ursprünglich nicht direkt so funktionalisiert – die Funktion eines Kommunikations- und Propagandamediums integrierte: die Medaille. Im Mittelalter existierte jedoch noch keine Medaille, politische Äußerungen – und Friedensäußerungen sind im eigentlichen Sinne politisch – finden sich auf Münzen kaum. Dazu sind in der Regel die Münzbilder nicht nur zu unspezifisch, sondern es fehlte auch das Publikum, das diese Botschaften überhaupt hätte dechiffrieren können.

Und dennoch gibt es Münzen im Mittelalter, die einen Friedensbezug in Wort und/oder Bild zeigen, die diese politische Idee zum Ausdruck brachten – und dann natürlich kaum zufällig. So in Trier im frühen 12. Jahrhundert: Münzen, die nicht nur PAX in ihre Legende schreiben und Pax vielleicht auch bildlich darstellen, sondern hinter denen tatsächlich ein realer politischer Anlass gestanden haben dürfte. Einerseits ein Typ Erzbischof Brunos (1102–1124), auf der Vorderseite das barhäuptige Brustbild nach links, davor ein Krummstab, Umschrift: + BRVNO ARCHIEPIS, auf der Rückseite das Brustbild eines geflügelten Engels von vorn, darüber PAX, darunter TREVERIS (Kluge 17.32.3). Andererseits ein Typ mit ähnlicher Vorderseite, auf der Rückseite aber das barhäuptige Brustbild des heiligen Petrus von vorn, die Linke segnend erhoben, mit der Rechten ein Schlüsselpaar schulternd, dessen Bärte die Buchstaben P und E von PAX PETRVS bilden (Kluge Nr. 17.34.1). Genau zu dieser Rückseite gibt es auch eine Vorderseite mit dem gekrönten Brustbild Kaiser Heinrichs V. (1106/11–1125) nach links, in der Rechten ein Lilienszepter, Umschrift: HEINRICVS CESAR (Kluge 17.13); zu der anderen Rückseite existiert eine solche königlich-kaiserliche Parallele nicht oder ist nur noch nicht bekannt geworden.

Die Bildthemen ordnen sich ein in eine lange Reihe von Münzbildern in der Münzstätte Trier seit kurz vor der Mitte des 11. Jahrhunderts mit einem durchaus anspruchsvollen ikonografischen sowie religiös-theologischen Gehalt. Die Trierer Münzreihe ist damit, auch mit dem künstlerischen Stempelschnitt, den korrekten Legenden und der technisch hohen Prägequalität, eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Münzprägung der Zeit. Seit der Endphase Erzbischof Poppos (1016–1047) gibt es den Typ mit der Hand Gottes, die die Himmelsschlüssel, Attribut des Apostelfürsten Petrus, des Trierer Bistumsheiligen, hält. Der Typ wird unter Eberhard (1047–1066) fortgesetzt, unter Udo (1066–1078) ergänzt um eine Zweihand-Variante – die Hand Gottes überreicht der Hand Petri die Schlüssel – und den Typ mit der segnenden Hand Gottes auf einem Kreuz samt Alpha und Omega; unter Egilbert (1079–1101) kommt neben einem großflächigen Kreuz noch das Lamm Gottes hinzu. Neu bei Bruno, der die bisherigen Bilder teils weiterführt, sind das Engelsbrustbild, das Motiv des knienden Petrus, die Schlüssel empfangend, und das Brustbild Petri. Die Rückseiten, deren Legenden auf PETRVS TREVERIS, TREVERIS SECUNDA ROM[A], nur TREVERIS oder eben PAX TREVERIS bzw. PAX PETRVS lauten, sind mit Vorderseiten mit den Insignien Krummstab oder Kreuzstab verschiedentlich kombiniert. Königlich-kaiserliche Vorderseiten mit Lilienszepter, Kreuzstab oder Palmzweig gibt es zu allen drei Typen Engelsbrustbild, kniender Petrus und Brustbild Petri (Kluge 17.11 = 17.32, 17.12 = 17.33, 17.13 = 17.34). Es handelt sich, weil durch Stempelkopplungen mit den erzbischöflichen Typen verbunden, um Prägungen aus Trier selbst – und nicht etwa aus einer Pfalz wie Boppard. Es liegt nahe, Absprachen zwischen Erzbischof und König/Kaiser über die Einführung und die gemeinschaftliche Ausprägung dieses neuartigen Bildprogramms wohl in der gegebenen Reihenfolge anzunehmen.

Schon die Tatsache, dass sich unter Erzbischof Bruno seit langer Zeit wieder königlich-kaiserliche Prägungen in Trier finden – unter Poppo war der König schrittweise aus Münzumschrift und Münzbild verdrängt worden –, ist ein Ausdruck des Friedens. Das frühere 12. Jahrhundert nämlich war genauso wie das spätere 11. Jahrhundert alles andere als eine Zeit des Friedens: Es war die Epoche des sogenannten Investiturstreits, des generellen Gegensatzes zwischen weltlicher und geistlicher Sphäre, regnum und sacerdotium, zwischen König bzw. Kaiser und Papst, der sich an der Frage der Einsetzung der Bischöfe und Äbte, der Investitur, und speziell der dazu Berechtigten entzündete und gleichzeitig die Frage des Primats nicht nur in geistlichen Dingen, sondern auf der Welt insgesamt betraf. Der Konflikt begann bereits in den 1050er Jahren, Zeit der Kirchenreform, hatte seinen frühen Kulminationspunkt 1077 im Gang Heinrichs IV. (1056/84–1105) nach Canossa und konnte 1122 im Wormser Konkordat zumindest vorläufig beigelegt werden. Der Konflikt wurde durchaus mit kriegerischen Mitteln ausgetragen, aber auch und erstmals in diesem Umfang publizistisch geführt: mithilfe von Medien, medialer Propaganda. Münzen konnten dabei allein durch die Tatsache ihrer Prägung, Objekt eines ausgeübten Prägerechts, Ausdruck letztlich von Herrschaftsrechten, Propagandastücke sein. Dass Heinrich V. unter Bruno wieder in der Trierer Münzprägung sichtbar wird, ist ein – seltenes – Dokument des Friedens, der Eintracht von regnum und sacerdotium, die hier proklamatorisch zum Ausdruck gebracht wurde. Bruno war – so wie es sein Vorgänger Egilbert schon für Heinrich IV. gewesen war – eine der aktivsten, verlässlichsten Stützen Heinrichs V. sowohl in dessen Auseinandersetzungen mit dem Papst, zu dem Bruno erstaunlicherweise stets ein gutes Verhältnis wahrte, als auch mit der gerade nach der Kaiserkrönung 1111 wieder zunehmend erstarkenden Fürstenopposition.

Doch die erzbischöflich-kaiserlichen Gemeinschaftsemissionen, Dokumente des Friedens, deren medialer Tragweite sich Erzbischof und König/Kaiser bewusst waren, eröffnen weitere Aspekte. Zunächst das Engelsbrustbild: Der Engel, ikonografisch letztlich auf die Siegesgöttin Nike bzw. Victoria, stets geflügelt dargestellt, zurückgehend, hat seit dem Frühmittelalter eine Tradition als (christliches) Friedenssymbol. So weit zu gehen, Engelsmünzen generell als Friedensmünzen zu qualifizieren, würde aber zu weit gehen, zumal sie im Falle von Trier eingeordnet sind in ein stringentes religiös-theologisches Bildprogramm und auch ohne die Legende PAX vorkommen (Kluge 17.32.1–2). Definitiv zu weit geht, die Trierer Engelsmünzen – ohne PAX – als Auswurfmünzen zu interpretieren, die Heinrich V. am 12. Februar 1111 bei seinem Einzug zur Kaiserkrönung in Rom in antiker Tradition unter das Volk geworfen hätte, um so – der König, REX, hält einen Palmzweig, auch ein Friedenssymbol (Kluge 17.11.1) – seine allgemeine Friedensabsicht zu propagieren (R. Gaettens). Die These, Münzen hier als politisches Kommunikations- und Propagandamedium funktionalisiert zu sehen, als ein publizistisches Medium im Ringen um den Frieden, Stimme im Konzert der politischen Publizistik des Investiturstreits, steht in diesem Fall auf zu wackeligen Füßen. Dem widerspricht auch, dass sich diese Prägungen im Umlauf der Heimatregion finden, so 1911 in dem Schatzfund von Bébange (Gem. Messancy, Prov. Luxembourg, Belgien), der die Mehrheit der Trierer Münzen dieser Zeit überliefert hat.

Die Legende PAX aber spricht den Frieden direkt an, und dies ebenfalls nur als Ausdruck der Eintracht von regnum und sacerdotium zu sehen, erscheint zu wenig. Wichtig ist, dass PAX stets in Verbindung mit TREVERIS, Trier, bzw. PETRVS – und damit natürlich auch Trier – steht: Es ging somit um einen Trierer Frieden, einen Frieden in oder um Trier, bezogen auf die Stadt und die Erzdiözese Trier. Dieser Frieden, der Petersfrieden, PAX PETRVS, wurde auf den erzbischöflichen und kaiserlichen Prägungen gemeinsam offensiv zur Schau gestellt – und übrigens auch auf einer weiteren, wohl in Trier selbst entstandenen Parallelprägung seitens eines ungenannten Pfalzgrafen (Kluge 17.43). Dass auch Brunos Nach-Nach-Nachfolger Albero II. (1131–1152) zu Beginn seiner Amtszeit diesen Typ prägte (Kluge 17.37), dürfte dagegen auf Immobilisierung, der unveränderten Weiterführung eines Typs in Bild und Schrift, beruhen. Ein solcher Frieden, ein Gottes- und/oder Landfrieden, ist nun tatsächlich für das Jahr 1122 fassbar, als von einer generalis vel specialis pax in den mittelrheinischen Gebieten die Rede ist. Die Idee des von Bischöfen oder Äbten in Verbindung mit weltlichen Herrschaftsträgern errichteten Gottesfriedens für das Gebiet einer Diözese hatte sich im Deutschen Reich im Verlauf des 11. Jahrhunderts zunehmend mit der Idee eines von Weltlichen gesetzten Landfriedens (specialis pax), im Falle des Königs eines Reichsfriedens (generalis pax), verbunden. Ausgangspunkt dürfte hier das Jahr 1119 gewesen sein, als man sich – nachdem sich seit 1112 der Konflikt Heinrichs V. mit dem Papst wie mit den Fürsten zugespitzt hatte, es überall zu Unruhen kam und 1118 sogar die Absetzung durch die Fürsten drohte – allseits um einen Frieden bemühte. Ostern 1119 konnte, und dies durch maßgebliches Engagement Erzbischof Brunos, tatsächlich ein Waffenstillstand mit den beiden Hauptgegnern, Erzbischof Adalbert I. von Mainz (1111–1137) und Erzbischof Friedrich I. von Köln (1100–1131), geschlossen werden. Im Juni 1119 folgte eine Reichsversammlung zu Tribur mit den drei Erzbischöfen, die gelobten, in allen Teilen des Reiches Frieden – generalis vel specialis pax – zu wahren. 1119 wurde zudem in Reims und Mouzon auf Vermittlung Brunos die Versöhnung mit Papst Calixt II. (1119–1124) angebahnt, was den Weg zum Wormser Konkordat 1122, dem Friedensvertrag, wies.

Die Trierer Friedensmünzen, gemeinsam emittiert von Erzbischof, Kaiser und Pfalzgraf – eventuell also eine konzertierte Aktion aller Herrschaftsträger im Raum Trier –, könnten damit in Zusammenhang gestanden haben. Der Typ mit dem Brustbild Petri und PAX PETRVS ist sicher spät, in der Endphase Brunos, entstanden, der Typ mit dem Engelsbrustbild ohne PAX dagegen sicher bereits 1106/07; dies schließt eine spätere Ansetzung der Variante mit PAX allerdings nicht aus. Die PAX-Prägungen – und der Engel würde hier tatsächlich zum Friedensengel, gleichsam zu Pax – könnten so im Angesicht der Zeit das entscheidende Trierer Friedensengagement, den Trierer Petersfrieden als einen von Trier ausgehenden Frieden, realisiert durch Erzbischof, Kaiser (und Pfalzgraf), als einen provinziellen Land- und allgemeinen Reichsfrieden, propagiert, gemeinsam propagiert haben. Je nach Datierung, die so genau nicht möglich ist, könnten sie auch eine Friedensaufforderung an die Gegner, die Fürsten, oder aber den bereits erreichten Frieden zum Ausdruck gebracht haben. Münzen – als Ausfluss eines Hoheitsrechts quasi amtliche Dokumente – wären jetzt also als politisches Kommunikations- und Propagandamedium funktionalisiert zu sehen, als ein publizistisches Medium im Ringen um den Frieden, Stimme im Konzert der politischen Publizistik des Investiturstreits. Letzteres freilich in übertragenem Sinne, denn die Botschaft galt weniger dem Papst, der Trierer Münzen kaum jemals zu Gesicht bekommen haben sollte, und somit weniger der Lösung der Investiturfrage als vielmehr den Fürsten im Reich. Zuweilen wurde eben auch auf Münzen des Mittelalters speziell über die Rückseiten anhand spezifischer Münzbilder Politik transportiert und propagiert, ja manchmal sogar Politik gemacht.

Stefan Kötz

Literatur:

  • Suhle, Arthur: Der Fund von Bébange und die Trierer Friedenspfennige, in: Zeitschrift für Numismatik 34 (1924), S. 321–348 mit Tf. IX–X
  •  Buchenau, Heinrich: Zum Bebinger Pfennigfund, in: Blätter für Münzfreunde 16 NF 3 (1924–1926), S. 118–122 mit Tf. 289,11–12
  • Gaettens, Richard: Die Trierer Friedenspfennige des Fundes von Bébange. Wichtige Dokumente zur Geschichte Kaiser Heinrich’s V., in: Blätter für Münzfreunde und Münzforschung NF 9 (1954–1956), S. 14–19, 129–135, 166–172
  • Weiller, Raymond: Die Münzen von Trier, Tl. 1,1: Beschreibung der Münzen, 6. Jahrhundert–1307 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Bd. 30), Düsseldorf 1988, S. 379–412
  • Das Reich der Salier 1024–1125. Katalog zur Ausstellung des Landes Rheinland-Pfalz in Speyer 1992, Sigmaringen 1992, S. 458f.
  • Kluge, Bernd: Conspectus Nummorum Germaniae Medii Aevi (CNG). Kommentierter Typenkatalog der deutschen Münzen des Mittelalters – von den Anfängen bis zur Ausbildung der regionalen Pfennigmünze, von 880 bis um 1140, Tl. 5: Oberlothringen (4) – Das Erzbistum Trier, in: Geldgeschichtliche Nachrichten 35 (2000), S. 184–196, Tl. 6: Oberlothringen (5) – Das Erzbistum Trier (Fortsetzung Trier, Koblenz), in: Geldgeschichtliche Nachrichten 35 (2000), S. 253–259
  • Kötz, Stefan: Feind und Freund unter Heinrich V. und ein Dokument des Friedens: die „Friedenspfennige“ Erzbischof Brunos von Trier und Heinrichs V., in: Die Salier. Macht im Wandel (Ausstellungskatalog Historisches Museum der Pfalz Speyer, 10. April bis 30. Oktober 2011), Bd. 2: Katalog, Kat.-Nr. 192–202 auf S. 249–252 mit Tf. 4
Juni 2018
Juni 2018

Münze des Monats

© Stadtmuseum Münster, T. Samek

Goldene Medaille auf den Westfälischen Frieden von 1648

Engelbert Ketteler, Münster 1648, signiert und datiert, Gold, Dm 52 mm, 31,2 g
Stadtmuseum Münster, Inv. Nr. MZ-WF-00682

Die Prägung von Münzen und Medaillen auf historische Ereignisse hat eine lange Tradition, die bis in die Antike zurückreicht. In allen Fällen ging es darum, das Ereignis für spätere Generationen festzuhalten. Zu den wichtigen Geschehnissen, die auf derartigen Medaillen festgehalten wurden, gehören Friedensschlüsse nach langen oder schrecklichen Kriegen. Für die Zeitgenossen stand hierbei die Freude über den Frieden im Vordergrund, für die Nachfahren waren es, je nach Einstellung, die Ergebnisse der Friedensverträge.
Nach 30 Jahren Krieg in Deutschland, nach 80 Jahren Krieg in den Niederlanden und nach mehr als vierjährigen zähen Verhandlungen in Münster und Osnabrück war der Frieden zum Greifen nah. Endlich wurde am 15. Mai 1648 der Spanisch-Niederländische Frieden, auch „Münsterische Frieden“ oder „Vreede van Munster“ genannt, und am 24. Oktober 1648 in Münster der Westfälische Frieden geschlossen. Besonders in der Kongressstadt Münster herrschte großer Jubel über den Friedensschluss. Verschiedene Medaillen wurden dort in diesem Jahr geprägt.
Das Stadtmuseum Münster besitzt heute eine der weltweit größten Sammlungen von Medaillen zu diesem Thema. Eine ganz besondere Medaille aus diesem Bestand soll nachfolgend vorgestellt werden: Sie zeigt auf der Vorderseite die Ansicht Münsters von Südwesten. Die Inschrift nennt in lateinischer Form den Namen der Stadt „MONASTERIVM WESTPHA(liae)“ („Münster in Westfalen“) und das Entstehungsjahr 1648. Die Umschrift „HINC TOTI PAX INSONAT ORBI“ („Von hier aus schallt der Friede über die ganze Welt“) bezieht sich auf den Abschluss des Westfälischen Friedens. Veranschaulicht wird dies durch zwei über der Stadt schwebende Engel. Aus der Posaune des linken erschallt das Wort „PAX“ (Friede); in seiner Hand hält er einen Palmzweig, das Symbol für die Freude. Der rechte Engel trägt einen Lorbeerkranz sowie einen Ölzweig, antike Symbole für den Sieg und den Frieden.
Als zentrales Motiv der Rückseite erscheint ein Handschlag, Zeichen für die durch den Frieden hergestellte Einigkeit zwischen dem Kaiser und den Königen. Die beiden Füllhörner stehen als Symbole für den nun zu erwartenden Wohlstand. Der Ölzweig ist das Attribut der römischen Friedensgöttin Pax, die am Boden liegenden Waffen verdeutlichen das Ende des schrecklichen Krieges. Erläutert wird die Darstellung durch die als Chronogramm ausgeführte Umschrift „CAESARIS ET REGVM IVNXIT PAX AVREA DEXTRAS 24 8bris“ („Der goldene Frieden hat die rechten Hände des Kaisers und der Könige vereinigt, am 24. Oktober“). Die Jahreszahl 1648 ergibt sich aus den lateinischen Zahlbuchstaben (MDCXXXVVVIII).
Der münsterische Münzmeister Engelbert Ketteler (?–1661) signierte diese Medaille mit seinen Initialen (EK), produzierte sie – wie mehrere weitere Medaillen – auf eigenes Risiko und bot sie u.a. den in der Stadt weilenden Gesandten des Friedenskongresses zum Kauf an. Da die Herstellung der in der Regel aus Silber gefertigten Medaillen aufwendig war, lag der Verkaufspreis über dem des Materialwertes. Neben Stücken im Wert von 1 Taler (ca. 28,5 g) liegen auch Exemplare zu 1 ¼ und etwa 2 Talern vor (ca. 36 bzw. 55,5 g). Diese Stücke wiesen zwar durch ihren Silbergehalt einen gewissen Wert auf, gelangten aber nur selten in den realen Zahlungsverkehr. Als Erinnerungsmedaillen wurden sie schon damals gesammelt.
Geht nun aber auch der komplexe Entwurf dieser bedeutenden und in ihrer Aussage wirkungsvollen Medaille auf den Münzmeister Engelbert Ketteler zurück? Man könnte es vermuten, denn immerhin hat er seine Initialen darauf hinterlassen. Die Gesamtaussage, das Bildprogramm, der Text und das Chronogramm stammen jedoch von dem münsterischen Humanisten und Ratsherrn, dem Arzt Dr. Bernhard Rottendorf (1594–1671) (link: https://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Rottendorff). Dies berichtet er selbst schon 1649 in einem Brief an den befreundeten Humanisten Johann Friedrich Gronovius (1611–1671) (link: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Friedrich_Gronovius). Höchste humanistische Bildung und politisches Kalkül spielten bei der Entstehung eine wichtige Rolle.
Diese Medaille besticht nicht nur durch ihre zeitlose künstlerische Schönheit, ihre technische Vollendung und materielle Kostbarkeit, sondern spiegelt auch die humanistische barocke Vorstellung einer würdigen Erinnerung an ein bedeutendes Ereignis wieder. Das Ereignis selbst wertet somit auch die Rolle und die Bedeutung der Stadt Münster auf. Man kann die Medaille als wichtigen Träger einer Botschaft verstehen, als Mittel der Propaganda, auch und besonders in den nachfolgenden Verhandlungen, in denen es um die unmittelbar angestrebte Freiheit der Stadt ging, die durch den Friedensschluss ja wieder unter die Herrschaft des münsterischen Bischofs gefallen war.
Ein anderer Aspekt hebt nun aber gerade dieses Exemplar über die anderen „normalen“ Medaillen auf den Westfälischen Frieden, die ab 1648 in Münster geprägt wurden, heraus: Der Rat der Stadt Münster ließ nämlich von 1648 bis 1660, d.h. bis zum endgültigen Verlust der Unabhängigkeit, auf eigene, nicht unerhebliche Kosten diese und andere Friedensmedaillen bei Engelbert Ketteler prägen. Darunter waren neben jenen vielen aus Silber auch einige wenige zu bis zu 10 Dukaten schwere aus Gold, die somit immerhin 34 g wiegen konnten. Glücklicherweise liegen die Abrechnungen der städtischen Kämmerei vor, in denen einige Aufträge für den Münzmeister Ketteler verzeichnet sind (nach Wormstal 1898):
Anno 1649, den 18. Martii hat Herr Burgemeister Herdinck machen lassen sechs golden Friedens-Penning, jeder von zehn Ducaten schwehr, hat ohne Macherlohn gekostet 120 RT (= Reichstaler).
Item noch an den selbigen dato sechs silbern Pfenning jeder vor 2 Taler schwer
Den 16. Aprils noch 2 silbern, jeder a 2 Taler
Den 30. Aprilis noch durch denselben Diner holen lassen drei Pfennige, jeder a 2 Taler
Engelbert Ketteler hat am 22. Dezember 1649 für alle diese Bestellungen 142 Taler erhalten
Quittung von Engelbert Ketteler: Anno 1649 hat Herr Hermann Leusmann, Grutherr, bei mir zu machen lassen 14 goldene Pfennige, wozu einhundert ducaten verschmoltzen, setze vor abgank an golde und machelohn sieben rthl.
Demnach wurden allein 1649 offenbar 20 große goldene Abschläge angefertigt, die zwischen 8 und 10 Dukaten wogen. Ob später weitere Prägungen in Gold folgten ist unbekannt. Der vorgestellte Goldabschlag könnte einer dieser 20 Exemplare von 1649 sein.
Kostbare Ehrengeschenke wurden von der Stadt Münster schon vorher, und auch später noch vielfach vergeben. Meist handelte es sich um Silberpokale, Humpen oder Becher münsterischer Goldschmiede. Der Verbleib dieser Objekte ist heute unbekannt, die meisten dürften im Laufe der Jahrhunderte eingeschmolzen worden sein.
Welche Personen haben aber nun Goldabschläge der Friedensmedaille als kostbare Ehrengaben erhalten? Auch darüber berichten die Rechnungen: Auf dem Regensburger Reichstag 1653, bei dem es um die Verhandlungen um die Höhe der Entschädigung für die der Stadt Münster während des Kongresses entstandenen Kosten ging, verschenkte der Ratsherr Bernhard Rottendorf, der Entwerfer der Medaille, 32 Friedenspfennige in Gold und Silber an kaiserliche Räte und Beamte, sicherlich um deren Entscheidungen in eine für die Stadt positive Richtung zu lenken.
1658 erhielt der Bürgermeister Calenberg zu Zutpen (NL) einen goldener Friedenspfennig im Wert von etwa 19 RT (= 9 Dukaten). 1660 folgten weitere Geschenke: Der Trompeter Michael, von den niederländischen Generalstaaten mit Briefen und Dokumenten nach Münster geschickt um die Ankunft einer Delegation anzukündigen, bekam einen goldenen und einen silbernen Friedenspfennig im Wert von 23 ¼ RT, also vermutlich einen goldenen zu etwa 10 Dukaten.
Außerdem bekamen der Abgesandte Geheime Secretario Petro Rein, der Trompeter des Prinzen von Oranien, Joris genannt, und zwei Boten goldene und silberne Friedenspfennige im Wert von 47 RT. Schließlich wurde 1661 dem Herrn Friquets ein Friedenspfennig in Gold von ungefähr 20 RT offeriert, also im Wert von etwa 10 Dukaten.
Die Stadt Münster setzte über Jahre hinweg die Geschenke dieser goldenen Friedensmedaillen geschickt ein. Ob das vorgestellte Exemplar, ein Geschenk des Fördervereins zum 30-jährigen Jubiläum des Stadtmuseums Münster, ehemals ein solches Ehrengeschenk war, kann nicht mit letzter Sicherheit bestimmt werden, die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr groß. Wer es ursprünglich erhalten haben könnte wird wohl für immer unbekannt bleiben.

B. Thier

Literatur:

  • Gerd Dethlefs/Karl Ordelheide, Der Westfälische Frieden. Die Friedensfreude auf Münzen und Medaillen. Vollständiger beschreibender Katalog, Greven 1987, hier S. 140–146, Nr. 124–128.
  • Bernd Thier, Hinc toti pax insonat orbi, in: H. Galen (Hg.), 30jähriger Krieg, Münster und der Westfälische Frieden, Bd. 2, Münster 1998, S. 248–249.
  • Bernd Thier, Medaille auf den Westfälischen Frieden, in: B. Rommé (Hg.), Ein Grund zum Feiern? Münster und der Westfälische Frieden, Ausstellungskatalog Stadtmuseum Münster, Dresden 2018, 14.
  • Albert Wormstall, Studien zur Kunstgeschichte Münsters. Nach ungedruckten Quellen, Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster i. W. Band 1, Münster 1898, S. 161–269.
Mai 2018
Mai 2018

Münze des Monats

Av.: Büste des Titus mit Lorbeerkranz n.l.; IMP T CAES VESP AVG P M [TR P] COS VIII
© R. Dylka
Rv.: Stehende Pax mit Zweig und Caduceus n.l.; PAX AVGVST / SC
© R. Dylka

Pax zu Gast in Münster

Archäologisches Museum der Universität Münster, Inv. Nr. M 2066
As des Kaisers Titus, Münzstätte Rom (80/81 n. Chr.)
27,9 mm; 12,96 gr, 6 h
Av.: Büste des Titus mit Lorbeerkranz n.l.; IMP T CAES VESP AVG P M [TR P] COS VIII
Rv.: Stehende Pax mit Zweig und Caduceus n.l.; PAX AVGVST / SC
2018 haben das Ende des Ersten Weltkriegs 1918 sowie Ende des 30-Jährigen Kriegs 1648 Jahrestage. Zu diesem Anlass haben sich in Münster fünf Institutionen zu einer Ausstellungskooperation zusammengeschlossen, um das Thema Frieden von der Antike bis heute zu behandeln. Fünf Ausstellungen des Archäologischen Museums der Universität Münster, des Bistums, des Kunstmuseums Pablo Picasso Münster, des LWL-Museums für Kunst und Kultur und des Stadtmuseums Münster widmen sich vom 28. April bis 2. September 2018 umfassend diesem Thema (http://www.lwl.org/landesmuseum-download/Website/Flyer_Frieden_hyperlinks_6.9.pdf).
Im Archäologischen Museum trägt die Ausstellung den Titel „Eirene/Pax. Frieden in der Antike“. Diese Ausstellung behandelt die gesamte Antike und Besucherinnen und Besucher werden auch zahlreiche hochkarätige numismatische Zeugnisse in der Ausstellung sehen. Denn das Thema ist auch aus numismatischer Sicht hochspannend. Obwohl die Personifikation der Friedensgöttin Eirene in Griechenland seit klassischer Zeit gut zu greifen ist, tritt sie auf Münzen – bis auf eine Darstellung im unteritalischen Lokroi Epizephyrioi (das seltene Stück ist in der Ausstellung zu sehen) – in klassischer und hellenistischer Zeit nicht auf. Es ist ein Phänomen der Römerzeit, dass die Friedensgöttin Pax auf Münzen in Erscheinung tritt. Nach ersten Anfängen in republikanischer Zeit und der frühen Kaiserzeit ist es das Bürgerkriegsjahr 68 n. Chr. und die anschließenden flavischen Kaiser, die mit dem Sieg über Judäa ein umfangreiches Programm der numismatischen Verbildlichung der Pax entfalten.
Eine dieser Münzen ist ein As im Archäologischen Museum der Universität Münster, welches auch in der Ausstellung zu sehen ist. Die Münze wurde 80/81 n. Chr. von Kaiser Titus geprägt, und die Vorderseite ziert sein beleibtes Porträt nach links. Die Rückseite zeigt die nach links stehende Friedensgöttin Pax. In ihrer vorgestreckten Rechten hält sie gesenkt den Friedenszweig und in ihrem linken Arm liegt der Botenstab Caduceus, eines der wichtigsten Attribute der Friedensgöttin (das Attribut trägt sie auch schon auf der Silbermünze aus Lokroi Epizephyrioi). Es ist ein Anliegen der Ausstellung nicht nur der Bedeutung des Friedens in der Antike nachzugehen, sondern auch die Genese einer spezifischen Friedensikonographie nachzuzeichnen. Diese Ikonographie, die Teil einer abendländischen Friedenssymbolik geworden ist (wie in den anderen Ausstellungen zu sehen ist), ist geprägt durch Attribute. Der Botenstab Caduceus oder griechisch das Kerykeion ist eines der zentralen Attribute der Friedensgöttin. Die Bedeutung dieses Attributs ist bislang in der Forschung nur wenig berücksichtigt worden, doch erläutert uns der Geschichtsschreiber Diodor im 1. Jh. v. Chr. explizit seinen Ursprung: „Dem Hermes schreibt man die Einführung von Friedensgesandtschaften zu, wie sie in Kriegszeiten stattfinden, ferner von Unterhandlungen sowie Verträgen und als Abzeichen hierfür schuf er den Heroldsstab; ihn tragen gewöhnlich jene, die in derartigen Angelegenheiten Gespräche führen und dank dem Stabe bei den Feinden Sicherheit genießen.“ (Diod. 5,71,1, Übersetzung: O. Veh). Diese Herleitung des Attributs gibt der römischen Friedenideologie, die sehr stark vom römischen Siegfrieden, der Pax Romana, geprägt ist, eine andere Facette, nämlich die Möglichkeit des Verhandlungsfriedens. Es ist ein Anliegen der Ausstellung im Archäologischen Museum auch dieser Dimension des Friedensgedankens in der Antike nachzugehen, ein Thema, das nie an Aktualität einbüßt.

Literatur: RIC II-I2 230; http://archaeologie.uni-muenster.de/ikmk/object?lang=de&id=ID152; S. Erhardt, in: A. Lichtenberger, H.-H. Nieswandt, D. Salzmann (Hrsg.), Eirene/Pax. Frieden in der Antike (Dresden 2018), 279 Nr. 144.

Achim Lichtenberger

April 2018
April 2018

Münze des Monats

Domitian, 81-96 n. Chr., AE Quadrans
© Künker, Auktion 243, 21. November 2013, als Los 4828

Ein Quadrans des Domitian

Domitian, 81-96 n. Chr., AE Quadrans, 3,14 g, 19 mm, Rom, 84/85 n. Chr., Vs.: Rhinozeros mit gesenktem Kopf nach links laufend, Rs.: IMP DOMIT AVG GERM um großes S·C im Feld (RIC 250, BMC 498)

Die Abbildung von Tieren auf römischen Münzen ist nicht ungewöhnlich. Gerade Pferde als Reit- oder Zugtiere werden verschiedentlich in Szenen auf Münzrückseiten mit abgebildet, etwa bei Darstellungen von Kavalleristen, Triumphzügen o.a. Daneben können Tiere auch als Zeichen Verwendung finden, so das Krokodil als Emblem der römischen Kolonie Nemausus (Nimes) oder als Symboltier Ägyptens. Die Darstellung des Rhinozeros auf dem obigen domitianischen Quadrans ist unter verschiedenen Aspekten jedoch bemerkenswert. Sie befindet sich, ohne weiteren Zusatz oder Erläuterung durch eine Legende, auf der Vorderseite eines Quadrans aus Kupfer. Dieses kleinste Nominal im römischen Münzsystem im Wert eines Viertel As (oder 1/64 Denar) stellt aufgrund seines geringen Wertes eine Umlaufmünze dar, die jeder Bürger, auch nahezu Unbemittelte, ohne weiteres in die Hand bekommen konnte. Die bescheidene Rückseite, welche neben dem S(enatus) C(onsulto) als traditionellem Autorisierungsvermerk von Bronze- und Kupfermünzen, deren Ausgabe nominell vom Senat kontrolliert wurde, nur den Kaisernamen Domitians trägt - die Nennung seines Siegertitels Germanicus datiert die Münze auf 83 n. Chr. oder später, aber nicht nach 85 n. Chr. - weist der Vorderseite, also dem mit erregt gesenktem Haupt nach links stürmenden Rhinozeros eine Schlüsselbedeutung zu. Hier nimmt das exotische Tier zudem den Platz des Kaiserporträts ein, das sonst immer auf dieser Seite abgebildet wird.
Wie wurde diese somit in mehrfacher Hinsicht ungewöhnliche Prägung von den Menschen, die sie in die Hand bekamen, nun aber verstanden, welche Assoziationen verbanden sie mit dem Münzbild, das doch jede Erklärung schuldig bleibt? Theodore Buttrey hat hier 2007 eine Erklärung vorgelegt, welche dieser ungewöhnlichen Emission eine weitergehende historische Aussage zumisst. Zunächst stellte er fest, dass es sich beim Nashorn um das wohl seltenste und spektakulärste Tier handelt, das bei ludi in Rom gezeigt werden konnte. Ein Rhinozeros ist nicht nur in freier Wildbahn kaum einzufangen; es ist, wie moderne Zoologen und Tierhändler wissen, auch extrem schwer zu transportieren und dabei am Leben zu erhalten. Vor Kaiser Domitian ist die Präsentation nur dreier Exemplare in Rom nachweisbar. Erstmals führte Pompeius bei der Eröffnung seines Theaters 55 v. Chr. ein Rhinozeros vor, dann, eine Generation später, Augustus, der erste Kaiser; ein römischer Historiker behauptete fälschlicherweise sogar, dieses sei überhaupt das erste seiner Art vor römischem Publikum gewesen. Zeitpunkt und Anlass der dritten Gelegenheit sind nicht überliefert. Nach Domitian, als die kaiserliche Logistik von Wildtieren zur Versorgung der Spiele in Rom ihre höchste Leistungsfähigkeit erreichte (und in Nordafrika für das Aussterben von Löwen und anderen Wildkatzen sorgte), ist nur noch zweimal die Vorführung von Nashörnern in Rom dokumentiert: In einem Falle, bei den ludi saeculares des Philippus I. Arabs zur 1000-Jahr-Feier der Stadtgründung Roms im Jahr 248 n. Chr. wurde es neben gleich 60 Löwen und 32 Elefanten gezeigt. Das unterstreicht augenfällig die außerordentliche Seltenheit des Tieres (30 Jahre zuvor ließ Kaiser Elagabal sogar 52 indische Tiger abschlachten).
So sollen wir davon ausgehen, dass unter Kaiser Domitian jedem Bewohner des Imperiums, welchem der Quadrans mit dem legendären Dickhäuter in die Hand gelangte, unmittelbar klar war, dass es sich um jenes eine Rhinozeros handelte, das in dieser Epoche von ihrem Kaiser, der sie auch sonst ungemein großzügig mit Spielen unterhielt, beschafft und vorgeführt worden war. Tatsächlich erwähnt auch ein zeitgenössischer Dichter, Martial, der eine Reihe von Epigrammen De spectaculis verfasst hat, in gleich zwei seiner Gedichte den unberechenbaren, gefährlichen Koloss, welcher das Publikum in ehrfürchtiges Staunen versetzte. Martial notiert, anders als bei den übrigen in Spielen Domitians vorgeführten Tieren, auch nicht, dass der angsteinflößende Dickhäuter in der Arena gejagt und zur Strecke gebracht worden wäre: Er war zu kostbar und für die Demonstration kaiserlicher liberalitas, Großzügigkeit, gegenüber der hauptstädtischen Bevölkerung zweifellos zu wertvoll, um ihn nicht verschiedentlich dem Publikum vor Augen zu stellen.
Es ist denkbar, dass der in hohen Stückzahlen geprägte Quadrans mit dem Rhinozeros anlässlich der Vorführung des Tieres im erst jüngst errichteten Kolosseum ausgegeben, ja vielleicht sogar als Geschenk- und Erinnerungsmünze unter die Zuschauer geworfen wurde. Möglicherweise ist dieses größte Bauwerk Roms, welches die flavische Dynastie nach ihrem Sieg im Bürgerkrieg und der Übernahme der Macht der hauptstädtischen Bevölkerung gestiftet und 80 n. Chr. mit hunderttägigen Spielen eröffnet hatte, erst unter Domitian, dem jüngsten Mitglied der Familie und Kaiser seit 81 n. Chr., endgültig fertiggestellt worden. Klar ist, dass unsere Münzemission außerhalb der Reihe der sonstigen Quadrans-Emissionen geprägt wurde: Es war offenbar ein wirklich besonderer Anlass und markierte zudem ein unvergessliches Ereignis, dieses von außerhalb der Grenzen des Imperiums, aus der Steppe Afrikas herbeigeschaffte furchterregende gewaltige Tier in Rom erleben zu können.


Johannes Hahn

März 2018
März 2018

Münze des Monats

Tetradrachme Athen Av. Athena (um 500 v. Chr.)
© M. Benecke
Tetradrachme Athen Rv. Eule (um 500 v. Chr.)
© M. Benecke

Athenische Tetradrachme der archaischen Zeit

Münzsammlung der Ruhr-Universität Bochum Inv. M 1310
Silber
Dm 2,1 cm
Gewicht 17,17 g
Um 500 v. Chr.

Um 550 v. Chr. begannen die Athener Münzen aus Silber mit verschiedenen Symbolen wie einer Pferdeprotome auf dem Avers und einem Quadratum incusum auf dem Revers zu prägen. Diese nur lokal zirkulierenden sogenannten Wappenmünzen wurden nach wenigen Jahrzehnten von Prägungen mit Athena und der Eule abgelöst, die innerhalb kürzester Zeit zur wichtigsten Leitwährung der klassischen Antike avancieren sollten.
Ein Exemplar der frühesten Geldstücke dieser Art befindet sich auch in der Münzsammlung der Ruhr-Universität Bochum. Auf der Vorderseite ist die behelmte Stadtgöttin Athena im Profil nach rechts zu sehen, die Rückseite zeigt eine nach rechts gewandte Eule, deren Kopf frontal dargestellt ist. Links neben dem Eulenkopf findet sich ein Olivenzweig, rechts neben der Eule die Beischrift ΑΘΕ, die den Prägeort als Athen ausweist.
Wann genau sich der Wechsel von Wappenmünzen zu Eulenmünzen vollzog, wird seit langem in der Forschung diskutiert und es herrscht darüber bis heute keine Einigkeit. Fest steht, dass Prägungen dieser Art erst in Hortfunden ab der Zeit um 500 v. Chr. nachweisbar sind, was unter anderem gegen die heute kaum noch vertretene alte Lehrmeinung, die Eulenmünzen seien das Ergebnis der ›solonischen Münzreform‹ (Arist. Ath. Pol. 10) 594/3 v. Chr. spricht. Plausibel scheint folglich eine Datierung der frühesten Eulenmünzen im letzten Drittel des 6. Jhs. v. Chr., allerdings bleibt mangels aussagekräftiger archäologischer und historischer Schriftquellen für eine deutlichere zeitliche Fixierung viel Spielraum für Spekulation. Die beiden derzeit in der Literatur geäußerten Hauptthesen verbinden das Ereignis mit der historisch überlieferten monetären Reform des Hippias (Arist. Oecon. II, 1347 a) oder schreiben es Kleisthenes zu.
Offenbar auch wegen ihres hohen Erkennungswertes, behielten die Athener das Motiv mit Athena und der Eule ungefähr 200 Jahre bei. Unterschiede lassen sich lediglich auf stilistischer Ebene sowie in kleinsten motivischen Veränderungen feststellen, die eine grobe zeitliche Einordnung der jeweiligen Stücke ermöglichen. So findet sich als motivische Neuerung auf den Münzen ab ca. 480 v. Chr. auf dem Revers ein Halbmond neben der Eule, ein Detail, das die Abgrenzung der klassischen von den archaischen Eulen erlaubt. Die Münzen des 4. Jhs. v. Chr. hingegen zeichnen sich durch ein Pi-förmiges Ornament auf dem Helm der Athena aus, das bis zum Ende der klassischen Eulenmünzen um 300 v. Chr. beibehalten wurde. Nach einer mehr als einhundertjährigen Unterbrechung nahmen die Athener im 2. Jh. v. Chr. mit den ›New Style‹ Tetradrachmen ihre Münzprägung wieder auf. Bei diesen Prägungen wurde das Grundmotiv Athena und Eule zwar beibehalten, allerdings handelt es sich um eine stilistisch vollständig überarbeitete Fassung unter Hinzufügung von neuen Beizeichen, was eine deutliche Abgrenzung der neuen Münzen von den archaischen und klassischen Prägungen ermöglicht.
Die archaischen Eulen sind von den späteren Stücken nicht nur durch das Fehlen des Halbmondes neben dem Kopf der Eule, sondern auch durch ihr ›archaischeres‹ Aussehen von den klassischen Stücken unterscheidbar. Diese in großer Zahl erhaltenen archaischen Geldstücke lassen sich nach stilistischen Gesichtspunkten in einzelne Gruppen einteilen, die man versucht hat, in eine zeitliche Abfolge zu bringen, wobei auch hier bisher kein Konsens erzielt werden konnte.
Mit dem Laurion verfügten die Athener über eine der lukrativsten Silberlagerstätten der klassischen Antike, die sie für die Produktion der ›glaukes Lauriotikai‹ (= der Eulen aus dem Laurion, Arist. Av. 1106) intensiv zu nutzen wussten. Die dort zahlreich erhaltenen antiken Bergwerke, Aufbereitungsanlagen und Verhüttungsplätze zeugen eindrücklich von der ›industriellen‹ Ausbeutung der Vorkommen insbesondere während des 4. Jhs. v. Chr. Sehr wahrscheinlich bezogen die Athener das Silber für die archaischen Eulen bereits aus dem Laurion. Denn obwohl historische Quellen und sichere montanarchäologische Zeugnisse für den Abbau von Silber in dieser Zeit fehlen, ist in der zweiten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. ein deutlicher Anstieg an siedlungsanzeigenden Befunden in für die Landwirtschaft ungünstigen Bereichen des Laurion zu verzeichnen. Diese Situation lässt sich plausibel mit der Erschließung von Erzvorkommen in diesen Gebieten erklären, zumal auch die Ergebnisse von Bleiisotopenanalysen an archaischen Eulenmünzen bereits eine Verwendung von Laurionerzen indizierten. Somit ging die Einführung des neuen Geldes in Athen vermutlich Hand in Hand mit der gesteigerten Nutzbarmachung der eigenen Rohstoffquellen, die ein Grundpfeiler der wirtschaftlichen Macht Athens für die nächsten 200 Jahre bleiben sollten.

Sophia Nomicos

Literatur in Auswahl:

  • P. G. van Alfen, The Coinage of Athens, Sixth to First Century B.C., in: W. E. Metcalf (Hrsg.), The Oxford Handbook of Greek and Roman Coinage (Oxford 2012) 88–104.
  • Chr. Flament, Le monnayage en argent d’Athènes: De l’époque archaïque à l’époque hellénistique (c. 550-c. 40 av. J.-C.) (Louvain-la-Neuve 2007)
  • S. Nomicos, Tetradrachme aus Athen, in: C. Weber Lehmann – A. Lichtenberger – Chr. Berns (Hrsg.), 50 Jahre 50 Antiken in den Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum (Ruhpolding 2015) 96 f.
  • S. Nomicos, Laurion. Montan- und siedlungsarchäologische Studien von der geometrischen Zeit bis zur Spätantike (Diss. Ruhr-Universität Bochum 2017)
  • C. Seltman, Athens: Its History and Coinage before the Persian Invasion (Cambridge 1924)
Februar 2018
Februar 2018

Münze des Monats

Diocletianus, AE Follis, Münzstätte Serdica (305-307 n. Chr.)
© Gorny & Mosch Giessener Münzhandlung, Auction 215, 13.10.2013, Lot 444
Maximianus Herculius, AE Follis Vs., Münzstätte Trier (305-307 n. Chr.)
© Robert Dylka
Maximianus Herculius, AE Follis Rs., Münzstätte Trier (305-307 n. Chr.)
© Robert Dylka

Abdikationsfolleis der Kaiser Diokletian und Maximian

Diocletianus, 284-305, AE Follis, 10,15 g, 29 mm, Münzstätte Serdica, 305-307 n. Chr., Vs.: D N DIOCLETIANO FELICISSIMO SEN AVG, Konsularbüste mit Lorbeerkranz, Olivenzweig und mappa nach rechts, Rs.: PROVIDENTIA DEORVM QVIES AVGG / S - F / HTS, Providentia reicht Quies mit Zweig und Zepter die Hand. RIC 15a (Gorny & Mosch Giessener Münzhandlung, Auction 215, 13.10.2013, Lot 444)

Maximianus Herculius, 285-310, AE Follis, 10,19 g, 27 mm, Münzstätte Trier 305-307 n. Chr., Vs.: D N MAXIMIANO BEATISSIMO SEN AVG, Konsularbüste mit Lorbeerkranz, Olivenzweig und mappa nach rechts, Rs.: PROVIDENTIA DEORVM QVIES AVGG / S-B-F / SM SD , Providentia reicht Quies mit Zweig und Zepter die Hand. RIC 675 (Privatbesitz)


Kein antikenbegeisterter Besucher Kroatiens wird es versäumen, den malerisch an der Adriaküste gelegenen Diokletianspalast in Split in seine Routenplanung aufzunehmen und dieses vorzüglich erhaltene spätantike Architekturensemble mit der Grablege des bedeutenden Kaisers (284-312) in Augenschein zu nehmen. Doch selbst bei der ausgiebigen Besichtigung der gewaltigen Substruktionen des Palastes, der verwinkelten Gassen des wehrhaft ummauerten, weitläufig-stadtähnlichen Areals oder des heute als Kirche dienenden Mausoleums wird kaum einem Besucher bewusst sein, dass die Entstehung und Funktion dieser Anlage - der Ruhesitz Kaiser Diokletians - mit einer der bemerkenswertesten Prägungen der römischen Münzgeschichte in unmittelbarer, ja programmatischer Verbindung steht.
In den Jahren 305 bis 310 n. Chr. wurden, zeitgleich in fast allen aktiven Münzstätten des Imperiums, von London bis Karthago, von Antiochia bis Alexandria produziert, zwei Serien von Prägungen in Gold und Bronze emittiert, letztere offenbar in großen Mengen und zur Verbreitung in allen Regionen des Reiches. Ihr Zweck war, der Reichsbevölkerung eine wichtige politische Botschaft zu übermitteln: die freiwillige Abgabe der Macht durch den Begründer des 284 n. Chr. etablierten tetrarchischen Herrschaftssystems, Diokletian, und seinen Mitkaiser, Maximian, nach über 20jähriger Regierung. Die Münzen zeigen auf ihren Vorderseiten motivgleich einen der beiden Herrscher im Amtsgewand eines Konsuls mit Lorbeerkranz und einem Olivenzweig, dem Symbol des Friedens und der Ordnung, sowie einer mappa, ein Zeremonialtuch, als weiterer Amtsinsignie in Händen. Die umlaufende Legende lautet D(omino) N(ostro) DIOCLETIANO FELICISSIMO SEN(iori) AVG(gusto) bzw. D(omino) N(ostro) MAXIMIANO BEATISSIMO SEN(iori) AVG(gusto). Die unterschiedlichen Attribute felicissimus und beatissimus deuten diskret den Vorrang Diokletians vor dem von ihm 286 n. Chr. zum Mitkaiser erhobenen Maximian an. Die traditionelle Herrscherbezeichnung Augustus (in der Spätantike zudem dominus noster, "unser Herrscher") wird hier, einmalig in der römischen Münzgeschichte, um senior erweitert: wie die Rückseite erweist, zu übersetzen nicht mit 'der Ältere', sondern 'im Ruhestand'.
Mindestens ebenso bemerkenswert ist das Münzbild mit seiner Legende auf der Rückseite, das auf allen Prägungen identisch ist. Es zeigt zwei weibliche Personifikationen - diese Doppelung an sich schon nahezu ohne Beispiel auf römischen Münzen -, die sich gegenüberstehen: PROVIDENTIA DEORVM, die Vorsehung der Götter, streckt ihre Hände nach der rechts stehend QVIES AVGG(ustorum) aus, der Rast der Kaiser (von den Anstrengungen der Herrschaft), welche Zweig und Szepter hält, sie gleichsam auffordert, ihre Wirksamkeit zu entfalten. Versinnlicht ist mithin der Ruhestand, der Rückzug ins Privatleben, der beiden Kaiser, der göttlicher Planung folgend nun vollzogen wird, wobei sie ihre Augustus-Titel aber, wie die Prägungen zeigen, nicht aufgeben. Die völlige Übereinstimmung von Münzbild und Legende in allen Münzstätten beweist, dass die Offizinen alle nach einer zentralen Vorlage ihre Münzstempel fertigten, die Gleichzeitigkeit der Prägung, dass sie aus Anlass des Rücktrittes der Kaiser - ein nie dagewesenes Ereignis in der Geschichte der römischen Kaiserzeit - versandt worden war. Die Ausgabe der Münzen über mehrere Jahre hinweg verkündete den Reichsbewohnern nicht nur die Bedeutung dieses Rücktrittes; sie legitimierte zugleich die Herrschaft der den beiden Senioraugusti folgenden Kaiser, Galerius und Constantius Chlorus: Ihr Aufrücken zu Augusti, nachdem sie zuvor als Caesares bereits an der Herrschaft partizipiert, mithin als Tetrarchen Teile des Reiches regiert hatten, folgte ebenfalls der Vorsehung, der planenden Weitsicht der Götter.
Die Entscheidung zum Amtsverzicht war keine kurzfristige gewesen. Diokletian hatte sie unzweifelhaft von langer Hand vorbereitet und so seinen künftigen Altersruhesitz bei Salona in seiner alten dalmatischen Heimat in jener begünstigten Küstenlage bereits über Jahre hinweg errichten lassen. Tatsächlich verbrachte er nach seinem und Maximians öffentlich inszenierten Rücktritt am 1. Mai 305 samt Ernennung der Nachfolger dort bis zu seinem Tod 312 seine letzten Lebensjahre - musste dabei allerdings erleben, dass heftige Kämpfe unter den Nachfolgern ausbrachen und das tetrarchische Herrschaftssystem faktisch zerbrach. Maximian, sein Herrscherkollege, der nur widerstrebend zugleich mit ihm seine Macht abgegeben hatte, mochte sich allerdings nicht der in den Münzen propagierten QVIES anbequemen und ernannte sich im Februar 307 erneut zum Augustus, wurde aber auf Intervention Diokletians 308 wieder zur Abdankung gezwungen. Ein erneuter militärischer Versuch, die Herrschaft zu ergreifen, scheiterte 310. Maximian wurde nach seiner Gefangennahme von der Person zum Selbstmord gezwungen, die schließlich das von Diokletian errichtete tetrarchische System endgültig zerstören sollte: Konstantin, der Sohn des Constantius Chlorus. Es ist derselbe Konstantin (306-337), der 324 nach weiteren Bürgerkriegen sich die Alleinherrschaft sicherte, zudem die Herrschaft der alten Götter und ebenso den Glauben an ihre PROVIDENTIA beseitigen sollte: Er bahnte dem einen Gott, dem der Christen den Weg.

Johannes Hahn

Januar 2018
Januar 2018

Münze des Monats

Merseburg, Pfennig Inv.Nr.45724Mz
© LWL-Museum für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum
Merseburg, Pfennig Inv.Nr.45724Mz
© LWL-Museum für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum
Merseburg, Pfennig (Av.) Inv.Nr.45727Mz
© LWL-Museum für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum
Merseburg, Pfennig (Rv.) Inv.Nr.45727Mz
© LWL-Museum für Kunst und Kultur/Westfälisches Landesmuseum

LWL-Museum für Kunst und Kulturgeschichte / Westfälisches Landesmuseum, Münzkabinett
Merseburg, Pfennig 1014-1024
1.107 g 17 mm
Inv.Nr.45724Mz (obere Münze)
und 1.107 g 17 mm
Inv.Nr.45724Mz (untere Münze)

Unter den deutschen Münzen der ottonischen und salischen Kaiserzeit fällt ein Typ aus dem Rahmen insofern als eine Seite nur ein Christogramm und die andere Seite drei horizontal geordnete Schriftzeilen zeigt, während es sonst üblich war, Schrift um den Rand herum zu führen. Wenngleich die Münzen des Hochmittelalters ganz wesentlich von christlicher Ikonographie geprägt sind, findet sich das Christogramm auf ihnen doch nur sehr selten. In verkürzter Form findet es sich in einer Kirchendarstellung in Mainz in der Zeit Konrads II. und Heinrichs III.
Ausnahmen sind in dem Standardwerk von Dannenberg Nr.1243 und der hier behandelte Typ Dannenberg 1190. Letzterer wurde von Julius Menadier 1891 als „vielleicht“ aus der Benediktinerabtei Prüm stammend bezeichnet, welche Einschränkung in der Nachfolgezeit häufig fortgefallen ist. Nicht weiter beachtet wurde ein Hinweis von Hermann Dannenberg in Auseinandersetzung mit älterer Literatur, die die Heimat dieser Münzen in Italien suchte, auf einen „hohen scharfen Rand“. Ein solcher Hochrand ist ein Caracteristicum für Münzprägungen dieser Zeit im äußersten Osten des Herzogtums Sachsen (übertragen auf moderne Verwaltungseinheiten Westfalen, Niedersachen und westliches Sachsen-Anhalt) und kommt anderen Orts nicht vor. Damit ist die Zuweisung an Prüm, das eher dem Umfeld von Trier zuzurechnen ist, hinfällig. In diesem Zusammenhang ist es auch von Belang, dass entsprechende Münzen in erster Linie in Polen, vereinzelt auch in Russland und im Baltikum, in Schweden jedoch bisher nicht gefunden worden sind. Auch diese Beobachtung zeigt, dass der Typ am ehesten im deutsch-slawischen Grenzgebiet entstanden ist. Hinsichtlich der Datierung ergeben die Fundvorkommen eine Entstehung in der Zeit Heinrichs II. als Kaiser (1014-1024).
Der Münztyp kommt sowohl mit flachen Schrötlingen als auch bei etwas kleinerem Durchmesser mit aufgestauchtem Rand vor. Dieses technische „sowohl als auch“ findet sich auch bei anderen Münzen des beginnenden 11.Jahrhunderts im Großraum Magdeburg, während Ausgaben aus den nachfolgenden Jahrzehnten dort grundsätzlich den „hohen scharfen Rand“ haben.
Die eingangs genannte Schriftseite besteht aus dem zwei geteilten „Cae - sar“ ober- und unterhalb von IVICT, wobei der Kontraktionsstrich über dem mittleren Wort dieses zu INVICTUS (der Unbesiegte) auflöst. Ein Personenname erscheint nicht. Angesichts der Zeitstellung ist es aber klar, dass Heinrich II. gemeint ist, auch wenn es ebenso auf Christus bezogen werden kann. 1007 begann Heinrich einen Feldzug gegen Polen, der aber den Erfolg hatte, dass Truppen des polnischen Königs Bolesław Chrobry in den Raum nahe Magdeburg vordrangen und die Lausitz zurückeroberten. Da es Heinrich II. nicht gelang, den sächsischen Adel zu einem erneuten Zug nach Polen zu bewegen, schloss er 1013 mit Polen in Merseburg einen Frieden, der aber nur von kurzer Dauer war. Im Juli 1015 zog Heinrich II., inzwischen zum Kaiser gekrönt, erneut nach Polen, und überquerte die Oder, während gleichzeitig polnische Kämpfer die Elbe überquerten. 1018 wurde schließlich in Bautzen ein neues Friedensabkommen geschlossen, das bis zum Tode Heinrichs 1024 hielt. Auch das Verhältnis zu den Elbslawen, deren Gebiet zwischen Polen und dem deutschen Reich lag, war gespannt. Sie paktierten teilweise mit Polen, teilweise mit Heinrich II. Der Bund mit den Lutitzen im Raum Ostmecklenburg/Vorpommern geriet in Gefahr, als 1017 ein Gefolgsmann Heinrichs ein mit einem Göttinnenbild verziertes Heerzeichen der Lutitzen durch einen Steinwurf beschädigte, was als Provokation aufgefasst wurde. Das Bündnis konnte nur durch Zahlung eines Bußgeldes gerettet werden.
Das Wort Caesar ist auf Münzen dieser Zeit völlig ungewöhnlich. Normal war der Begriff Imperator zur Bezeichnung eines Kaisers, der auch in der Kanzlei des Herrschers gebraucht wurde. Caesar Invictus kann sowohl auf Heinrich II. als auch auf Julius Caesar bezogen werden. Mehrere sächsische Stammeslegenden sahen in diesem den Gründer. Der Chronist Widukind von Corvey hielt Caesar um 970 für den Gründer von Jülich und Thietmar von Merseburg, gleichermaßen Geschichtsschreiber und Bischof (†1018), war um 1015 der Meinung, die Stadt Merseburg habe ihren Namen von dem römischen Kriegsgott Mars und sei von Julius Caesar begründet worden. In seiner Chronik benutzt er für Heinrich II. nebeneinander die Begriffe Caesar und Imperator.
Es ist wahrscheinlich, dass diese Münzen in Merseburg geprägt worden sind. Dieses lag abseits des Nordhandels, was die Abwesenheit entsprechender Münzen in Schweden erklärt, war aber seit 968 Mittelpunkt eines später wieder suspendierten Bistums. 1004 hatte Heinrich II. dieses mit Thietmar, aus dem Hause der Grafen von Walbeck als Bischof wiederhergestellt und durch Schenkungen gefördert. Zu Anfang des 11.Jahrunderts war die Königspfalz Ausgangspunkt mehrerer Züge gegen Böhmen und Polen.
Dem Titelheiligen des Bistums Merseburg, dem hl. Laurentius, widmet Thietmar in seiner Chronik keine große Bedeutung zu. Dagegen sieht er den Konflikt zwischen dem Deutschen Reich und den Slawen als Kampf zwischen den Dienern Christi und den Antichristen. Als schlimmste Tat der Slawen berichtet er zum Jahr 1018, dass diese nicht nur Kirchen zerstört hätten, sondern „quod miserabillimum fuit, imago crucifixi truncata est“ (dass es am schlimmsten war, dass das Bild des Kreuzes verstümmelte wurde). Eine zweite Hand fügte in die Chronik ein, dass Heinrich II. dem Bischof eine Kreuzreliquie (victoriosissimae crucis partem; einen Teil des allersiegreichsten Kreuzes) schenkte. Das Christusmonogramm Chi-Ro hatte eine mehrfache Symbolkraft und ließ sich in Bezug zu dem Invictus setzen, da Constantin 312 unter diesem Zeichen seinen Sieg an der Milvischen Brücke erlangt hatte.
Sehr groß kann die Ausprägung des diskutierten Münztyps nicht gewesen sein. Sieben miteinander verglichene Stücke stammen eindeutig auf der Christogrammseite aus demselben Prägestempel. Für die Seite mit der Schrift sind dagegen drei sich geringfügig unterscheidende Stempel erkennbar. Diese müssen die einem stärkeren Verschleiß unterliegenden Oberstempel sein, deren Lebensdauer kürzer war. Das Vorhandensein weiterer Stempel ist zumindest für die Seite mit dem Chi-Ro äußerst unwahrscheinlich. Als Quintessenz ergibt, dass die Münzprägung nur von beschränktem Umfang war. Umso stärkeres Gewicht, hat ihr gehäuftes Vorkommen in den polnischen Schatzfunden.
Peter Ilisch


Literatur:

  • Peter Ilisch, Oberlothringen oder sächsisch-slawisches Grenzgebiet? Geldgeschichtliche Nachrichten 37, 2002, S. 5-7.
  • Hermann Dannenberg, Die Münzen der sächsischen und fränkischen Kaiserzeit. Berlin 1876-1905.
  • Julius Menadier, Deutsche Münzen. Gesammelte Aufsätze zur Geschichte des deutschen Münzwesens. Bd. I. Berlin 1891.
  • Manfred Mehl, Die Münzen und Medaillen von Merseburg von den Anfängen bis 1738. Hamburg 2015.