Eine missglückte ikonographische Innovation
Das 11. Jahrhundert stellte für das byzantinische Kaisertum eine große Herausforderung dar, da nach der langen und erfolgreichen Regierung von Basileios I. (976-1025) zunehmend dynastische Probleme den politischen Alltag prägten. Mit einher ging eine langsame Geldentwertung, die sich im letzten Drittel des 11. Jahrhunderts dramatisch verschärfte.
Nach dem Ende der so genannten makedonischen Dynastie (867-1056) übernahm mit Isaakios Komnenos kurzfristig eine neue der Militäraristokratie zuzurechnende Familie die Macht, welche erst im Jahre 1081 durch Alexios Komnenos endgültig den Thron für sich sichern konnte.
Isaakios stammte aus einer angesehenen Militärfamilie; sein Vater Manuel Erotikos Komnenos diente unter dem Kaiser Basileios II. (976-1025). Aufgrund seiner loyalen Dienste erhielt Manuel Land in der Gegend von Kastamon in Kleinasien. Als er im Jahre 1020 starb, vertraute er seine beiden Söhne Isaakios und Johannes der Fürsorge des Kaisers an. Beide erhielten eine umfassende Erziehung im Studionkloster in Konstantinopel, die ihre folgende Karriere beförderte. Nach dem Tod Kaiser Basileios‘ II. durchlief Isaakios mehrere Stationen im Militärdienst, von 1042 bis 1057 wirkte er als Oberkommandant der byzantinischen Armee in Anatolien. Nach dem Tod der Kaiser Theodora (1056), der letzten Vertreterin der makedonischen Dynastie, übernahm Michael VI. Stratiotikos die Regierungsgeschäfte. Rasch überwarf er sich mit der militärischen Führung; dem Strategen Nikephoros Bryennios gab er zwar seine militärische Position wieder, aber er restituierte nicht seine von Kaiserin Theodora eingezogenen Besitzungen. Bryennios begann einen Umsturzversuch gegen Michael VI. zu planen, sein Vorhaben wurde aber aufgedeckt. Die Unzufriedenheit der Militärs nützte Isaakios, der am 8. Juni 1057 zum Kaiser proklamiert wurde. Kurz darauf wurde die Armee Michaels VI. nahe Nikaia geschlagen, und Isaakios näherte sich der Hauptstadt des Reiches, deren Kontrolle ausschlaggebend für die Anerkennung des Kaisertums war. Michael VI. wollte den Usurpator auf dem Verhandlungsweg befrieden, der Gelehrte und hohe Funktionär Michael Psellos führte die Gespräche. Der Vorschlag war, Isaakios als Sohn des Kaisers zu adoptieren und ihm zweithöchsten Titel kaisar zu verleihen. Isaakios verweigerte dies öffentlich, führte parallel dazu aber Geheimgespräche über eine höhere Einstufung als basileus. Gleichzeitig brachen in der Hauptstadt gegen Michael VI. gerichtete Unruhen aus, der Patriarch Michael Kerularios (1043-1059) konnte den Kaiser zur Abdankung und zum Eintritt in ein Kloster überreden. Isaakios zog am 31. August 1057 siegreich und anerkannt in Konstantinopel ein, um am 4. September vom Patriarchen gekrönt zu werden. Bald entstand ein Konflikt zwischen dem Patriarchen und dem neuen Kaiser, da Isaakios, welcher sich um die Restrukturierung der Reichsfinanzen kümmerte, auch fiskalisch in Kirchenbesitzungen eingriff. Der Patriarch unterstützte die Opposition gegen Isaakios, der ihn nun absetzen, exilieren und der Häresie anklagen ließ. Von seiner Militärkampagne gegen die Petschenegen und den ungarischen König András I. (1059) kam Isaakios krank zurück; er war dort beinahe von einem Blitz getroffen worden, als er sich gegen einen Baum lehnte. Er sah dies als einen göttlichen Wink und war sich der Fortführung seines Kaisertums unsicher. Der immer noch am Hof wirkende Michael Psellos nutzte dies aus, um den Kaiser zur Abdankung und zur Bestimmung des Konstantinos Dukas als Nachfolger zu überreden.
Die byzantinische Goldmünze kann bis ins Hochmittelalter als europäische Leitwährung verstanden werden. Vom 4. bis zum 11. Jahrhundert blieb der Goldgehalt fast unverändert stabil. Die hier vorzustellende Münze ist ein sogenanntes nomisma histamenon (νόμισμα ἱστάμενον), die Standardmünze mit (4,55g = 24 Karat / keratia). Diese Bezeichnung wird ab der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts gebraucht, um sie vom nomisma tetarteron (νόμισμα τεταρτηρόν), eine Münze dickerer Ausprägung von einem leicht reduzierten Gewicht zu unterscheiden (nur 22 Karat). Das nomisma histamenon wird zunehmend dünner und leicht gewölbt ausgeprägt (ab Michael IV. [1034-1041]) und begegnet als histamenon trachy (ἱστάμενον τραχύ, „roh“, „uneben“) in den schriftlichen Quellen (insbesondere in Urkunden).
Auffallend ist hier die Ausprägung imperialer Insignien des Kaisers: Sowohl auf seinen Goldmünzen als auch auf seinen Siegeln wählte Isaakios eine neue Ikonographie. Auf der Vorderseite sitzt Christus sitzt auf einem Thron ohne Lehne, während sich der Herrscher auf der Reversseite stehend in einer martialischen Pose abbilden ließ (+ ΙΣΛΛΚΙΟΣRΛΣΙΛΕΥΣRΩ’ / Ἰσαάκιος βασιλεὺς Ῥωμ[αίων] / „Isaakios, Kaiser der Römer“). Das gezückte Schwert stellte eine Novität dar, die auch in den zeitgenössischen Quellen reflektiert wird. Johannes Zonaras (12. Jahrhundert) schreibt in seinem Geschichtswerk folgendes: „Das nun nahm sich der Komnenos zu korrigieren vor, doch ging er nicht ruhig und allmählich an die Besserung, sondern wie er sich auf der Münze mit ausgestrecktem Arm und bloßem Schwert darstellen ließ, so wandte er sich auch den Staatsgeschäften zu und schickte sich an, die Geschwüre sogleich zu operieren und nicht die Wunden zu lindern oder zu bepflastern“. (Johannes Zonaras 667; Übersetzung E. Trapp 1986). Die bis dahin ungesehene Darstellung verschwand nach der Abdankung des Kaisers, das Schwert wurde wieder in die Scheide gesteckt.
Michael Grünbart
Literatur
- Jean-Claude Cheynet, Pouvoir et contestations à Byzance (963–1210). Paris 1996, S. 68–70 Nr. 80.
- Philip Grierson, Catalogue of the Byzantine coins in the Dumbarton Oaks Collection and in the Whittemore Collection. Vol. 3. Leo III to Nicephorus III, 717 - 1081, Pt. 2: Basil I to Nicephorus III (867 - 1081). Washington D.C. ²1993, 762.
- John Nesbitt, Catalogue of Byzantine seals at Dumbarton Oaks and in the Fogg Museum of Art. Vol. 6: Emperors, Patriarchs of Constantinople, Addenda. Washington, D.C. 2009, 127-129.