Prakke war verbandspolitisch aktiv, so als Mitbegründer der DGPuK, die 1964 unter seinem Vorsitz in der Institutsbibliothek tagte. überhaupt war er stets gastfreundlich und bekam wichtigen Besuch aus aller Welt, gleich im ersten Jahr von Wissenschaftlern aus Bandung (Java) oder zwei Jahre später von Journalisten aus diversen afrikanischen Ländern. Er pflegte Kontakte zu berühmten Kollegen, lud sie gern in den Ratskeller ein, wo vorzüglich gegessen wurde, und man signierte anschließend die Speisekarte. Am 25.10.1961 verzehrte er dort beispielsweise im Kreise von George Gerbner (Univ. Illinois), Francesco Fattorello (Rom), Winfried B. Lerg, L. G. A. Schlichting (Nijmegen) und J. G. Stappers (Nijmegen) hausgebeizten Räucherlachs, die Spezialplatte „Gutsherren Art“ und ein Fürst Pückler Parfait, am 24.10.1962 zusammen mit Klaus von Bismarck (KÖln) und einem Dutzend afrikanischer Gäste eine Rahmsuppe „KÖnigin Art“, die gespickte Rinderschmorhüfte und wieder das Parfait.
Der Festredner
Doch trat er nicht nur zu Heimspielen an, sondern war auch als Gast und Redner zu prominenten Anlässen gefragt. So luden ihn die Zeitungsverleger 1963 zu einem Kolloquium nach Berlin, und 1966 sprach er anlässlich der KÖniglichen Hochzeit vor der Deutsch-Niederländischen Gesellschaft über das Thema Beatrix und Claus als Erben der Niederländischen Oranien-Tradition. Und wo er erschien, gewann er Sympathien: Ein stets freundlicher und korrekter kleiner Herr mit blitzenden Augen hinter hellgerahmten Gläsern, der charmant in verschiedenen Sprachen plaudern konnte.
Der Weltenbummler
Seine grÖßte Passion aber war wohl das Reisen, ob per Flieger, Schiff oder Bus: Ein begeisterter Weltenbummler nach dem Humboldtschen Motto, dass Reisen bildet, immer auf der Suche nach der samenspraak im gobal village. Zudem war er ein geduldiger Reiseleiter, der seine Schäfchen an langer Leine laufen ließ und Alleingänge nachsichtig tolerierte. So werde ich nie vergessen, wie er und seine Frau mich zu Beginn der Busfahrt nach Belgien voller Anteilnahme mit Kleingebäck versorgten, weil es mir sichtbar schlecht ging. Die am Vorabend selbstverschuldete Ursache meiner Unpässlichkeit konnten sie sich offenbar nicht vorstellen, sondern unterstellten wohlmeinend, ich sei schlicht reisekrank.
Leider gab es nie wieder so viele Exkursionen am Institut: Allein das zweibändige Logbuchdes damaligen IfP berichtet von 16 Studienfahrten.
Der Sozius
Prakke feierte gern und ließ sich gern feiern, sei es zu seinem 65. Geburtstag, als Ehrenbürger von Bentheim oder im Kreise seiner Mitarbeiter und Studenten. Doch dann geriet sein wohlbestelltes Haus in den Strudel der legendären studentischen Protestbewegung, die ihn arg irritierte und ihm gewiss die Entscheidung erleichterte, sich auf seinen fernen Prakkehof zurückzuziehen. Ein Wetterleuchten gab es bereits im Februar 1968, als ein Flugblatt mit dem Appell DIE FACHSCHAFT MUSS AUFGELÖST WERDEN erschien, in dem es u.a. hieß: ‘weil der institutsbetrieb radikal aufgehoben werden muß‘ verlangen die Fachidioten des Protests!!!!. Das Institut spaltete sich in antagonistische Lager, fiel vorübergehend ins Koma, und im zweiten Logbuch-Band finden sich als vorletzte Eintragungen die schicksalsschweren Vermerke: Habil. – freilassen! (S.166) und frei lassen! Revolution (S.167).
Der Mythos
Doch Prakkes Interesse am Institut blieb lebendig, was noch im Logbuch ein kleiner Zettel belegt, der nachträglich eingefügt wurde. Er stammt vom 09.07.1970 und darauf steht handgeschrieben:
„Fotokopieren Seite 3 – 169 außer den leeren Seiten. Eine Seite pro Negativ. Abzüge DIN A 4 hoch. Rechnung privat für Prof. Prakke i.A. Schmolke [Hervorhebungen i.O., außer und privat doppelt unterstrichen].“
Dieser Vermerk dokumentiert schließlich einen hervorstechenden Charakterzug des Vaters der funktionalen Publizistik: Er war ein äußerst korrekter Mensch, wovon auch seine stets gleichbleibende tadellose Erscheinung zeugte: grauer Anzug mit Weste, Fliege und Ordensknopf. Sie inspirierte 1965 einen anonymen Künstler, ihn in einer brillanten Karikatur zu verewigen, die alle unsere Prakkebilder aufs Wesentliche reduziert und damit seinen Mythos begründet.
1 Das Logbuch ist eine sorgsam angelegte Chronik der sechziger Jahre, die eine Fülle von Originaldokumenten, Fotos und viel Kreatives enthält. Diese unschätzbare Sammlung wird am IfK wie ein Gral gehütet und ist ein im Wortsinn merkwürdiger Versuch, die flüchtigen Ereignisse einer ganz entscheidenden Institutsepoche in geordneter Form zu bannen und dabei zahlreiche Fußabdrücke jenes Sauriers sicherzustellen. In der Chronik werden einige der daraus resultierenden Begegnungen durchaus kritisch kommentiert: So findet sich auf einem Programmexemplar der Exkursion nach Nijmegen am 07.02.1968 der handschriftliche Vermerk: „Auseinandersetzung mit Dr. Stappers über seine Kommunikationstheorie; suchen nach einem Konsensus temperamentvoll-kritisch (Studenten) und abgewogen-kompromißbereit (Prof. Prakke).“
Andere Reisen wurden wiederum humoristisch persifliert, etwa die Exkursion Zürich – Mailand – Rom im Oktober 1968, zu der die erste und letzte Nummer der studentischen Zeitschrift für das Leben auf der Walze mit dem beziehungsreichen Titel EX herausgegeben wurde, in der sich unter der überschrift Prakke Bonn Zug inn die Meldung findet:
„Bonn/Münster (ExiD).- Wie unser Sonderkorrespondent soeben mitteilt, wird Herr Prof. Dr.H.J.Prakke den planmässigen Schnellzug D 270 (Dortmund-Basel) gegen 9.4o h in Bonn besteigen. Bundesverkehrsminister Leber hat den Lokführer bereits angewiesen, aus diesem Grunde ausnahmsweise in Bon bremse –bremse zu machen. Wie Leber weiterhin mitteilte, wird Prof. Prakke im Zuge von Vertretern seines Ministeriums mit G.Schuckies an der Spitze begrüßt werden. [Schreibweise i.O.]“