Abstract
In der ständigen gesellschaftlichen Debatte über soziale Probleme gewinnen Hashtag-Kampagnen wie #metoo oder #blacklivesmatter in den vergangenen Jahren massiv an Bedeutung. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf ein gesellschaftlich relevantes Problem (wie Sexismus oder Rassismus) und positionieren dieses als Social Issue. Dieses Social Issue wird (mittels Hashtags) über soziale Medien geteilt und verbreitet sich viral. Wenn das Social Issue viral gegangen ist, zieht es die Aufmerksamkeit traditioneller Medien auf sich, welche das thematisierte soziale Problem für eine breite Öffentlichkeit und den gesamtgesellschaftlichen Diskurs zugänglich machen. Dieser Prozess wird als Social Issue Emergence (SIE) bezeichnet und findet im hybriden Mediensystem unter Wechselwirkung zwischen analoger und digitaler Medienlogik statt. Doch welche Dynamiken stecken hinter diesem Prozess? Zu welchem Anteil können Akteur*innen die Karriere eines Social Issues kontrollieren und beeinflussen? Und welche Rolle spielt dabei die scheinbar unkontrollierte virale Verbreitung von Social Issues? Ziel des Projekts ist es, auf Basis theoretischer und empirischer Erkenntnisse ein Model zu entwickeln, mit Hilfe dessen die Dynamiken der Social Issue Emergence rekonstruiert, simuliert, verstanden und hervorgesagt werden können.
Methoden
Das Ziel des Forschungsprojekts ist es einerseits ein tiefgehendes theoretisches Verständnis von Social Issue Emergence zu erarbeiten, welches die Dynamik und Interaktion zwischen Mikro-, Meso-, und Makro-Prozessen berücksichtigt. Andererseits soll die empirische Durchdringung der Logik und Charakteristika von SIE durch die Anwendung innovativer, neuester computationaler Methoden ermöglicht werden. Hierfür werden leitfadengestützte Interviews mit Social Issue Akteur*innen, Politiker*innen und Journalist*innen durchgeführt, welche unter anderem Aufschluss über Einflussfaktoren und typische SIE Verläufe geben. Zudem werden automatisierte Inhaltsanalysen mit Daten von sozialen Medien, Alternativen Medien und Nachrichten-Medien durchgeführt. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf Längsschnittanalysen der Daten über dynamische Netzwerkanalysen und Zeitreihen, um beispielsweise Aussagen über das Auftauchen, die Entwicklung und das Verschwinden von konkurrierenden Themen im zeitlichen Verlauf treffen zu können. Für die Modellierung der SIE Dynamiken wird Agent Based Modeling (ABM) verwendet, mit Hilfe dessen Rückschlüsse auf kausale Einflüsse und Zusammenhänge der beobachtbaren SIE-Dynamiken gezogen werden können.