Ju-Jutsu-Ãœbungsleiterin Theresa
© Hochschulsport Münster

Beim Ju-Jutsu persönliche Grenzen überwinden


Im Rahmen unserer Kampagne "Total unsportlich", mit der wir auf Rassismus, Sexismus, sexualisierte Gewalt, Homophobie und Transfeindlichkeit im Sport aufmerksam machen möchten, tauschen wir uns jeden Monat mit Übungsleitenden aus verschiedenen Sportarten über die Thematik aus. Unser Kampagnen-Gesicht im Januar ist Theresa. Sie kommt aus der Sportart Ju-Jutsu und möchte durch die Teilnahme an der Kampagne speziell für das Thema sexualisierte Gewalt im Sport sensibilisieren.

"Sport lebt von der Körperlichkeit. Es geht gerade darum, körperlich aktiv zu sein, ein Bewusstsein für Bewegungen und den eigenen Körper zu schaffen. So ergeben sich eben dort ganz natürlich Situationen, die man in anderen Lebensbereichen nicht erlebt", erklärt Theresa, warum Sport ihrer Meinung nach so anfällig für sexualisierte Gewalt ist.

Die Übungsleiterin betreibt seit ihrem 11. Lebensjahr die Kampfsportart Ju-Jutsu. Sie hat schon öfter Situationen erlebt, in denen Grenzen überschritten werden: "Es entstehen immer wieder Situationen, in denen ich selbst den sonst so angenehmen Höflichkeitsabstand unterschreite und fremden Trainingspartner*innen oft näherkomme, als das bei meinen besten Freunden außerhalb der Matte je der Fall ist. Wo sonst liegt man in einem gordischen Knoten aus Armen und Beinen aufeinander?"

Dieses Spiel aus Wahrnehmung, Überwindung und Gewöhnung beobachtet sie auch regelmäßig bei den Teilnehmer*innen ihrer Kurse: "Kampfsport im Allgemeinen und Selbstverteidigung im Besonderen lebt nun einmal davon, dass man lernt, mit Grenzüberschreitungen umzugehen. Das bedeutet aber auch, dass man diese mit seinen Trainingspartner*innen übt und auf Tuchfühlung geht. Nur so kann man sich im Ernstfall davor bewahren, in eine Schockstarre zu verfallen", beschreibt Theresa den sensiblen Trainingsprozess.

Übungsleitende tragen ihrer Meinung nach ein hohes Maß an Verantwortung für ihre Teilnehmenden. Insbesondere deshalb findet sie es wichtig, dass es Angebote gibt, in denen sich mit der Thematik sexualisierter Gewalt im Sport auseinandergesetzt wird: "Ich halte ich es für geboten, den Übungsleitenden Werkzeug mitzugeben, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Mir ist wichtig, dass der Kontakt nicht tabuisiert wird, darum geht es nicht, doch man sollte in Bereichen, in denen man regelmäßig Verantwortung für das Wohlbefinden anderer übernimmt, auch ein Bewusstsein für deren Wohlbefinden entwickeln."

Auch für Teilnehmende ist es wichtig, sich mit der Thematik zu beschäftigen, findet Theresa: "Sie haben zwar nicht die gleiche Verantwortung wie Übungsleitende, es gibt aber viele, die sich mit dem richtigen Maß der Körperlichkeit erst auseinandersetzen müssen, um sich klar darüber zu werden, welches Maß ihren Ansprüchen entspricht und wo ihre Grenzen liegen. Auch das muss geübt werden. In einem derart persönlichen Bereich kann man aber schwerlich argumentieren, dass aus Erfahrungen zu lernen, empfehlenswert ist. Deswegen ist das abstrakte Bewusstwerden hier der richtige Weg, um auch zögernden oder zweifelnden Sportler*innen ein sicheres Gefühl und so letztendlich Zugang zu kontaktnahen Sportarten zu ermöglichen."

Wir bedanken uns bei Theresa für das interessante Gespräch und ihren Einsatz für die Kampagne.