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Einführungen in die Wirtschafts- und
Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
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Inhalt /
Wirtschaftswachstum / Wirtschaftliche Entwicklung seit 1800 / Maße |
Wirtschaftswachstum
1. Wirtschaftliche Entwicklung seit 1800
1.2. MASSE
Nicht nur die umstrittene "Entwicklung", sondern auch die ökonomisch
präziser definierten Größen Wachstum, Konjunktur und Wohlfahrt können
nicht direkt und vollständig gemessen werden. Man muss sich also mit
möglichst guten indirekten Messungen - Indikatoren - zufrieden geben.
Wachstum wird üblicherweise gemessen als langfristiger Trend des
Bruttoinlandsprodukts (s.
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass eine
unzureichende Ausschöpfung des Produktionspotentials nicht von Dauer
sein kann, da Märkte langfristig zu einem markträumenden Gleichgewicht
tendieren. Das Bruttoinlandsprodukt umfasst nur die marktgängige
Produktion einer Volkswirtschaft, nicht die haushaltsinterne Produktion (
Snooks, Portrait). Seine Berechnung beruht auf dem Konzept der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die sich erst im 20.
Jahrhundert durchgesetzt hat. Rückwirkende Schätzungen gibt es für den
Zeitraum ab 1850.
Konjunkturen werden als kurzfristige (mindestens 3jährige,
höchstens 12jährige) Schwankungen des Bruttoinlandsprodukts gemessen.
Längere Schwankungen, z.B. von 30 Jahren ("Lange Wellen"), werden
konventionellerweise im Rahmen der Wachstumsforschung behandelt. Eine
konjunkturelle Schwankung zu beschreiben, erfordert die Benennung von
Wendepunkten, Zyklenlängen und Amplituden.
Wachstum wird manchmal geschätzt, indem man das BIP durch die
Bevölkerungsgröße dividiert. Auf diese Weise versucht man, Wachstum und
Wohlfahrt in einem Zuge zu erfassen.
Abgesehen davon, dass man Wachstum und Wohlfahrt (sowie Wachstum und
Entwicklung) begrifflich klar unterscheiden sollte, ist das BIP/Kopf
auch als Wohlfahrtsindikator ein ungeeignetes Maß. Es setzt voraus, dass
das BIP auf jedes Mitglied der Gesellschaft in gleichen Portionen
verteilt wird.
Stringenter ist es daher, ein Maß des Durchschnitts-Einkommens mit einem
Maß von Ungleichheit zu multiplizieren (
Foster/Sen, Inequality, S. 149-163), also
danach zu gewichten, ein wie großer Teil der Bevölkerung überhaupt
Anteil am BIP hat. Weitere Wohlfahrtsindikatoren sind die
Lebenserwartung (umgekehrt: die Sterblichkeit, v.a. die
Kindersterblichkeit) und die Körpergröße (als Indikator für Ernährung).
Als Indikator für Entwicklung ist der aus Einkommen pro Kopf,
Alphabetisierung, Schulbesuch und Lebenserwartung zusammengesetzte
human development index üblich.