Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
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Der demographische Übergang

3. DEMOGRAPHISCHER ÜBERGANG

nach unten 3.1. Das Modell
nach unten 3.2. Phase I: Warum sind Sterbe- und Geburtenziffern gleich hoch?
nach unten 3.3. Phase II: Warum fällt zuerst die Sterblichkeit?
nach unten 3.4. Phase III: Warum fällt die Fruchtbarkeit?

 

  3.1. Das Modell  
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Modell des demographischen Übergangs
Dem Modell zufolge bleibt in Phase I die Bevölkerung stabil bei hohen Geburten- und Sterbeziffern (jeweils ca. 30/1000).
Phase II: Zunächst Sterblichkeits-, dann Fruchtbarkeitsrückgang.
Phase III: neues Gleichgewicht.
Entwicklungspolitische Relevanz: Es wird einheitlicher Modernisierungsweg verschiedener Gesellschaften erwartet. Fruchtbarkeitsrückgang wird positiv bewertet und mit europäischen kulturellen Werten assoziiert (Einführung: Literatur Themenheft der Beiträge zur Historischen Sozialkunde (2000)).

Diagramm Geburten- und Sterberaten in Preußen bzw. Deutschland (1816-2000)

  3.2. Phase I: Warum sind die Sterbe- und Geburtenziffern gleich hoch?  
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  1. Sind sie es denn wirklich? Tatsächlich ist das Bevölkerungswachstum z.B. in Preußen nicht auf einen Fall der Sterbeziffern gegenüber einem vorherigen Gleichgewichtszustand zurückzuführen, sondern Dauerzustand. Es treten längere Wachstumsphasen auf, Rückschläge sind nicht durch Mechanismen des Glossar "positive check" bedingt (Literatur Malthus, An Essay: Überbevölkerung führt zu steigenden Preisen und so zu Hungerkrisen; vgl. dagegen Literatur Boserup, Population).
  2. Als mögliche Erklärung für langsames Wachstum in Phase I wird auch Glossar "preventive check" (ebenfalls Malthus) diskutiert: Wer heiratet, muss die Familie auch ernähren. Dementsprechend werden Realeinkommen und Erbschaften als Einflussgrößen für die Heiratsrate betrachtet.

Diagramm Erläuterung: Wirkung der Bevölkerungsentwicklung auf den Lohn nach Malthus

  3.3. Phase II: Warum fällt zuerst die Sterblichkeit?  
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  1. Fällt sie den wirklich zuerst? Das Bevölkerungswachstum in England (und Frankreich) ist durch Zunahme der Fruchtbarkeit (v.a. Heiraten) bedingt, der Sterblichkeitsrückgang kommt erst später.
  2. Glossar "Epidemologischer Übergang": Rückzug ansteckender Krankheiten, die bis ca. 1820 zu stark schwankenden Verläufen der Sterblichkeitsziffern führten. Die Auswirkungen des medizinischen Fortschritts auf die Bevölkerungsentwicklung sind fraglich (Lebenserwartung steigt lange bevor Krankenhauspatienten auch nur "an der Krankheit sterben, mit der sie eingeliefert wurden", Literatur McKeown, Modern Rise).
  3. Ernährung: Im 19. Jahrhundert wächst die Agrarproduktion schneller als die Bevölkerung (trotz verwandtes Thema Überbevölkerungsdiskurs; ähnliche Entwicklung im 20. Jahrhundert). Dies zeigt sich auch an zunehmenden Glossar Körpergrößen.
  4. Öffentliche Gesundheit: Ausbau von Kanalisation im späten 19. Jahrhundert verhindert Seuchen.
  3.4. Phase III: Warum fällt die Fruchtbarkeit?  
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  1. ... oder nimmt sie auch zu? Im England des 18. und 19. Jahrhunderts nahm sie im Zuge von Protoindustrie und Agrarrevolution zu.
  2. Der demographische Übergang ist erst komplett, wenn Sterbe- und Geburtenziffern auf ein Niveau um 10/1000 gefallen sind.
  3. In der klassischen Formulierung des Modells wurde der Fall der Geburtenziffer inner-demographisch erklärt, d.h. als Reaktion auf den Fall der Sterbeziffer, v.a. der Kindersterblichkeit (Literatur Davis, World Demographic Transition).
  4. Das externer Link Princeton-Projekt deutet Fruchtbarkeitsrückgang als Ausbreitung einer kulturellen Innovation: Es komme darauf an, dass (i) die Zahl der eigenen Kinder überhaupt als Ergebnis einer bewussten Entscheidung gesehen wird, (ii) wirksame Mittel der Familienplanung bekannt und vorhanden sind, (iii) eine niedrige Kinderzahl im Interesse der Eltern ist.
  5. Das externer Link Preußen-Projekt ermittelt dagegen Einflüsse ökonomischer Faktoren (Frauenarbeit, Banken, Versicherungen) sowie (im Einklang mit der Logik des ursprünglichen Modells) der Säuglingssterblichkeit (Fall der Säuglingssterblichkeit führt zu Fall der Fruchtbarkeit; Literatur Galloway et. al., Fertility decline).

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