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Rüschhaus

Haus Rüschhaus liegt im heutigen Stadtteil Nienberge. Das repräsentative, von einer Gräfte umgebene Anwesen wurde von dem Barockbaumeister Johann Conrad Schlaun im Stil eines feudalen Adelssitzes entworfen. Schlaun ließ es von 1745 bis 1749 erbauen und nutzte es zeitlebens als Sommerresidenz. 1825 kaufte Freiherr Clemens August von Droste-Hülshoff, Vater der Schriftstellerin Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848), das Rüschhaus. Als er 1826 starb, bezog die Dichterin es zusammen mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und mehreren Bediensteten. Annette von Droste-Hülshoff bewohnte drei kleine Zimmer im Zwischengeschoss. Zum Schreiben zog sie sich in ihr Wohnzimmer, ihr „Schneckenhäuschen“, zurück und verfasste hier ihr berühmtestes literarisches Werk: den Krimi Die Judenbuche.

Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848)
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Als Droste um 1830 daran schrieb, benutzte sie den vorläufigen Titel Friedrich Mergel, eine Criminalgeschichte des 18ten Jahrhunderts. Das Genre war schon zu Drostes Lebzeiten so beliebt, dass tausende von Kriminalgeschichten den Buchmarkt überschwemmten. Damals war Münster noch nicht die Hochburg des Verbrechens in der Unterhaltungsbranche, und so spielt die Judenbuche auch nicht dort. Der Handlungsort wird im Text mit einem großen „B.“ abgekürzt, er befindet sich in einem Fürstentum am Teutoburger Wald. Hinter „B.“ verbirgt sich indessen ein historischer Rechtsfall: Im Gutsbezirk von Drostes Großvater hatte ein Knecht aus Bellersen einen Juden erschlagen, war geflohen, zurückgekehrt und starb schließlich durch Selbstmord. Die Judenbuche spielt darauf an, indem sie von Kapitalverbrechen wie Mord und Totschlag erzählt, die weder aufgeklärt noch amtlich bestraft werden können. Sie gehen Hand in Hand mit einer mörderischen Umweltzerstörung, der niemand etwas entgegenzusetzen weiß.

Das idyllische Rüschhaus, wo Droste mehr als 20 Jahre lang an der Judenbuche schrieb, bevor sie sie 1842 veröffentlichte, blieb nach dem Tod der Dichterin in der Hand der Familie. Nachdem es zwischenzeitlich verpachtet und landwirtschaftlich genutzt worden war, wurde es 1936 zum Erinnerungsort für die Dichterin umgewandelt. 1979 kauften der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und die Stadt Münster Haus Rüschhaus, das bis heute als Museum dient.

Claudia Lieb

 

Zum Weiterlesen

Claudia Lieb: Rechtsvorstellungen in „Die Judenbuche“. Annette von Droste-Hülshoff zum 175. Todestag, EViR Blog, 16.05.2023, https://www.uni-muenster.de/EViR/transfer/blog/2023/20230516judenbuche.html.