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Ursprünge der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät

Im Jahr 1902 verlieh Kaiser Wilhelm II. der Akademie Münster wieder eine Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät und erhob sie damit zur Universität. Die Fakultät hatte ihre Räumlichkeiten im Erdgeschoss der Alten Akademie, dem ehemaligen Jesuitenkollegs an der heutigen Johannisstraße. Das im 16. Jahrhundert erbaute Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, lediglich die Petrikirche steht heute noch. An der Stelle des Jesuitenkollegs befindet sich heute das Fürstenberghaus. Die Geschichte der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zeigt, wie eng sie mit dem Status der Universität Münster verknüpft ist.

Gründung und Ende der ersten Universität

Die Gründung der Universität Münster geht auf das Bestreben des fürstbischöflichen Ministers und Generalvikars des Bistums Münster, Freiherr Franz von Fürstenberg, zurück. 1771 stimmte Fürstbischof Maximilian Friedrich zu Königsegg-Rothenfels den Plänen zu und 1773 unterzeichneten Kaiser Joseph II. und Papst Clemens XIV. die Privilegien der neuen Universität. Deren Räumlichkeiten wie auch die ersten Lehrkräfte und Professoren stammten aus dem 1588 gegründeten Jesuitenkolleg in Münster – da der Jesuitenorden 1773 aufgehoben wurde, konnte die Universität auf diese Ressourcen zugreifen. Erste Studenten immatrikulierten sich 1780, es gab eine Philosophische, eine Theologische, eine Medizinische und eine Juristische Fakultät.

Grundriss der Alten Akademie (1907). Im oberen, an der Johannisstraße gelegenen Flur befanden sich die Räume der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät.
© LAV NRW W, W 051/Karten A Nr. 3928

Bereits 1818 verlor die neue Hochschule, wie auch die Universitäten Paderborn und Duisburg, ihren Universitätsstatus und wurde zugunsten der Universität Bonn durch den preußischen König Friedrich Wilhelm III. degradiert – einer der Gründe war vermutlich die katholische Ausrichtung der Universität. Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät wurde aufgelöst, die 63 eingeschriebenen Studenten wechselten an andere Universitäten. In der nun als Theologisch-Philosophische Lehranstalt fortgeführten Bildungseinrichtung wurden fortan Lehrer und Priester ausgebildet. An der Lehranstalt, die sich ab 1843 als „Königlich Theologische und Philosophische Akademie“ bezeichnen durfte, bestand allerdings während des gesamten 19. Jahrhunderts der Wunsch, wieder in den Rang einer Universität erhoben zu werden und ein Studium der Rechts- und Staatwissenschaften anbieten zu können. Die entsprechenden Versuche, darunter eine 1888 verfasste und an den neu gekrönten Kaiser Wilhelm II. adressierte Denkschrift, waren nicht erfolgreich. 1875 wurde allerdings ein Extraordinariat für Staatswissenschaften gegründet, wodurch einzelne Veranstaltungen in diesem Bereich angeboten werden konnten.

Erfolgreiche Bemühung um Wiedererhebung

Mit der Kabinettsordere verlieh Wilhelm II. der Akademie Münster eine Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät und erhob sie gleichzeitig wieder zu einer Universität. 1. Juli 1902
© Universitätsarchiv Münster, Bestand 3, Nr. 20

Im Laufe des Jahres 1900 bemühten sich die Vertreter der Stadt, der Provinz Westfalen, des Provinzialverbandes und der Akademie erneut um eine Wiedererhebung der Akademie zur Universität: Der Provinzialausschuss, die Provinz Westfalen und die Stadt Münster stellten 150.000 Mark zur Finanzierung einer Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zur Verfügung (die Summe stieg im weiteren Verlauf auf 500.000 Mark, zusätzlich gingen auch von nichtstaatlichen Akteuren Spenden ein) und der damalige Rektor der Akademie Münster, Richard Lehmann, verfasste eine Denkschrift. Darin begründet er die Notwendigkeit der Einrichtung einer Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät und somit der Wiedererhebung der Akademie zu einer Universität mit der Anzahl westfälischer Abiturienten, denen es nicht möglich sei, in ihrer Heimatprovinz Jura zu studieren. Nicht zuletzt durch die zugesagte Finanzierung, zahlreicher Besprechungen und einem regen Briefwechsel zwischen Berlin und Münster zeigten sich die zuständigen Ministerien in Berlin bereit, der Einrichtung einer Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zuzustimmen. Dies geschah allerdings unter der Vorgabe, die Professuren paritätisch mit katholischen und protestantischen Professoren zu besetzen, um einem „katholischen Charakter“ der Universität vorzubeugen. Nachdem Wilhelm II. im Dezember 1901 einen entsprechenden Erlass unterzeichnet hatte, wurde die Einrichtung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät und die Erhebung zur Universität im April 1902 gemeinsam mit der Stadtöffentlichkeit in Form eines Fackelzuges gefeiert.  

Zum Wintersemester 1902/1903 fanden an der Universität Münster wieder Veranstaltungen der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät statt. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde bei der Besetzung der Ordinarien weiterhin auf konfessionelle Parität geachtet und der Ausbau der Fakultät vorangetrieben.

Kathrin Schulte

 

Zum Weiterlesen

Jürgen Overhoff, Sabine Happ (Hg.): Gründung und Aufbau der Universität Münster, 1773-1818. Zwischen katholischer Aufklärung, französischen Experimenten und preußischen Neuanfang, Münster 2023.

Sebastian Felz: Recht zwischen Wissenschaft und Politik. Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Münster 1902 bis 1952, Münster 2016.

Heinz Dollinger: Die Universität Münster, 2. Aufl. Münster 1980; hier vor allem Wilhelm Kohl: Die Bemühungen um den Ausbau der Theologisch-Philosophischen Akademie zu Münster im 19. Jahrhundert, S. 37-68.