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„Qualität ist die oberste Priorität“

Im Labor mit Prof. Andrea Rentmeister / Interviewreihe des Exzellenzclusters "Cells in Motion"
Prof. Dr. Andrea Rentmeister ist Cells-in-Motion-Professorin für biomolekulare Markierungschemie am Institut für Biochemie.

Frau Prof. Rentmeister, mit welcher wissenschaftlichen Frage beschäftigen Sie sich aktuell?

Ich bin CiM-Professorin für biomolekulare Markierungschemie. Mein Team und ich markieren Biomoleküle, besonders interessiert uns RNA. Wir entwickeln und erstellen sogenannte Marker und die entsprechende Chemie, um Biomoleküle in Zellen zu markieren, sodass sie beispielsweise unter einem Mikroskop fluoreszieren. Aber auch die selektive Isolierung ausgewählter Biomoleküle aus der komplexen Umgebung einer Zelle kann ein wichtiges Ziel sein. Die chemischen Reaktionen müssen gleichzeitig hochselektiv und besonders schonend sein. Schließlich wollen wir sie an und in lebenden Zellen durchführen. Und die reagieren extrem empfindlich auf ihre Umgebung.

Der Übergang von Chemie im Reagenzglas zu Chemie in einer lebenden Zelle stellt uns Biochemiker vor völlig neue Herausforderungen. Das macht uns das Leben häufig schwer, ist aber natürlich auch ein spannendes Forschungsgebiet. Ein „Auswaschen“, wie man es bei fixierten – also toten und festgeklebten Zellen – praktiziert, ist in lebenden Zellen nicht möglich. Daher stellen fluorogene Marker, die nur bei erfolgreicher Markierung des Biomoleküls leuchten, ein neues Forschungsgebiet dar. Auch Reaktionen und Marker, die durch Licht schaltbar und damit in Raum und Zeit kontrollierbar sind, sind eine heißes Thema.

Was macht Sie persönlich als Wissenschaftlerin aus?

Ich würde mich als zielstrebig, kritisch und lösungsorientiert bezeichnen. Dazu gehört auch die Suche nach „Win-Win“-Lösungen in Zusammenarbeiten – egal, ob es sich um Studierende, Doktoranden oder Kolleginnen und Kollegen handelt.

Was ist Ihr großes Ziel als Wissenschaftlerin?

Ich will ausgewählte RNAs in Zellen markieren und „tracken“, also ihre Wege verfolgen können. Konzeptionell gelingt das schon. Die direkte Umsetzung in lebenden Zellen ist aber knifflig. Wenn wir biologische Prozesse sichtbar machen können, hilft uns das, sie zu verstehen. Nach dem Sichtbarmachen und dem Verstehen kommt letztendlich die Steuerung. Um das zu erreichen, werden hochselektive Markierungsmethoden unabdingbar sein.

Erinnern Sie sich an Ihren größten Glücksmoment als Wissenschaftlerin?

Mein Team und ich zählen wohl eher zu den verhaltenen Charakteren. Wir sind häufig skeptisch und fragen uns bei guten Ergebnissen eher, ob wir nicht doch etwas übersehen haben.

Und wie sah Ihr größter Frustmoment aus?

Chemiker trainieren sich bereits während des Studiums eine hohe Frustrationstoleranz an. Den Frust lassen wir nicht so hochkochen. Wichtig ist, dass wir immer akkurat arbeiten und alle Parameter kontrollieren. Das bringe ich meinen Mitarbeitern bei. Sie sollen Vertrauen in ihre Arbeiten haben, um herausfinden zu können, woran es liegt, wenn etwas nicht klappt.

Wie viel Kunst, Kreativität und Handwerk steckt in Ihrer Wissenschaft?

Chemiker sind in mancher Hinsicht akademische Handwerker. Wir benötigen handwerkliche Fertigkeiten, um unsere Forschung durchführen zu können. Die Kreativität ist aber noch wichtiger – denn nur so kann man Moleküle schaffen, die gewünschte Eigenschaften haben und von der Natur noch nicht erdacht wurden. In gewisser Weise ist das sicherlich auch eine Kunst.