Ein Sommer im CiM-Labor
Wenn Masterstudentin Ekaterina Kozaeva morgens ins Labor am Universitätsklinikum Münster kommt, fühlt sie sich schon fast wie zuhause. In einem Labor der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie untersucht sie die molekularen Mechanismen, die für das Verhalten von Immunzellen verantwortlich sind. Hierzu führt sie biochemische Experimente durch. Ekaterina Kozaeva ist jedoch erst seit einigen Wochen im münsterschen Labor unterwegs: Die 22-Jährige studiert normalerweise an der Staatlichen Universität Moskau und ist für sechs Wochen in Deutschland zu Gast.
Möglich gemacht hat das ein Programm des Exzellenzclusters „Cells in Motion“ (CiM) der Universität Münster: Bei der ersten CiM Summer School lernen Studierende aus der ganzen Welt in den Arbeitsgruppen des Forschungsverbunds. 62 junge Forschende aus 28 Ländern bewarben sich auf einen der Plätze – zehn von ihnen wurden als Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewählt. Sie kommen aus Polen, Spanien, Slowenien, Russland, China und der Türkei. Während der Summer School arbeiten sie jeder in einem anderen Labor des Exzellenzclusters und gehen einem eigenen Forschungsprojekt aus den Bereichen Biochemie, Molekulare Biologie oder Biomedizin nach. Am Ende ihres Aufenthalts präsentieren sie es in einem kleinen Symposium.
Ekaterina Kozaeva hörte an ihrer heimischen Universität in Russland von der Summer School, bewarb sich und wurde für eines der Stipendien ausgewählt. „In Russland habe ich vor allem mit Bakterien gearbeitet. Was ich hier mache, ist etwas völlig Neues für mich“, sagt sie. „Zuerst hatte ich etwas Angst, weil ich hier zum ersten Mal mit Mäusen forsche und nicht wusste, was mich erwartet. Aber es ist wirklich spannend, all diese neuen Techniken und Forschungsgebiete auszuprobieren. Meine Kollegen hier scherzen schon darüber, wie leicht ich zu begeistern bin“, erzählt sie lachend. Mit dem molekularbiologischen Verfahren Western Blot untersucht sie bestimmte Immunzellen, Neutrophile, und wie sie sich bei Infektionen und Entzündungen verhalten. Nach einigen Wochen im Labor ist sie stolz auf ihre ersten Ergebnisse.
Einblick in verschiedene Forschungsthemen
Genauso stolz ist ein Labor weiter auch Hang Liu aus China. Er nimmt ebenfalls an der CiM Summer School teil und untersucht im Institut für Zelldynamik und Bildgebung der Medizinischen Fakultät, wie bei Entzündungen das Protein Aktin in Zellen umstrukturiert wird. Der 23-Jährige kam vor acht Monaten nach Deutschland, um in Göttingen seinen Masterabschluss in „Cardiovascular Science“ zu erlangen. Dass er gerne in der Forschung arbeiten möchte, stand für ihn bereits zu Schulzeiten fest – zum Unverständnis seiner Familie. „Sie würden mich lieber als Ingenieur im Büro sehen“, erzählt er. Stattdessen führte es ihn aber ins Labor und so auch nach Münster. „Hier habe ich schon so viel Neues über die Grundlagenforschung gelernt und meine beiden Betreuer haben jederzeit einen Rat“, sagt er. Den engen Austausch zwischen den einzelnen Instituten und Wissenschaftlern weiß er besonders zu schätzen: „Ich erhalte Einblick in viele verschiedene Themenbereiche.“ Anders als in China, wo sich die Forscher viel früher und stärker spezialisierten, wie Hang Liu berichtet. Wie alle Studierenden der Summer School besucht er zweimal in der Woche die extra eingerichtete Vorlesungsreihe, in der Wissenschaftler des Exzellenzclusters ihre Forschungsthemen aus unterschiedlichen Disziplinen vorstellen.
Initiiert wurde die Summer School von den CiM-Forschungsgruppenleiterinnen Prof. Karin Loser und Dr. Kerstin Bartscherer. „Die Summer School ist auch für uns eine fantastische Gelegenheit, sehr gute Studenten aus dem Ausland kennenzulernen und eventuell für zukünftige Forschungsvorhaben als Doktoranden zu gewinnen“, sagt Kerstin Bartscherer. „Oft müssen sich beide Seiten nach einem kurzen Bewerbungstreffen entscheiden, das kann auch schon mal in die Hose gehen. Hier haben wir sechs Wochen Zeit, uns zu ,beschnuppern‘“.
Für Studentin Ekaterina Kozaeva steht fest: „Die Summer School hat mir ein ganzes Stück geholfen, meinen Horizont zu erweitern und meinen Weg zu finden“. Nach ihrem Masterabschluss in zwei Jahren möchte sie promovieren und eine Karriere in der Forschung beginnen. „Seit meinem Aufenthalt hier denke ich darüber nach, in die medizinische Richtung zu gehen“, sagt sie. Auch Hang Liu plant, nach seinem Masterabschluss zu promovieren. Vielleicht in Deutschland – vielleicht in England. Nach Münster möchten beide gerne wiederkommen. Nicht allein wegen der Forschungsmöglichkeiten: „Die Stadt gefällt mir sehr gut, am Aasee ist es wunderschön“, findet Hang Liu. Alle Studierenden der Summer School haben bereits gemeinsam Münster besichtigt und die Innenstadt besucht. „Wir sind so etwas wie Freunde geworden“, sagt Ekaterina Kozaeva. Ihre Freunde in Moskau vermisst sie jedoch ein bisschen, und so ist sie froh, rechtzeitig zu ihrem 23. Geburtstag Ende August wieder zuhause zu sein. Auch Hang Liu möchte im Anschluss an die Summer School seine Familie in China besuchen. Danach geht es zurück in den Hörsaal und ins Labor, um noch mehr Neues zu Lernen.