Wissenschaftsrat empfiehlt Forschungsneubau in Münster
Als vor zwei Jahren der Exzellenzcluster "Cells in Motion" bewilligt wurde, war das ein Meilenstein für münstersche Natur- und Lebenswissenschaftler. Nun feiern die Forscher einen weiteren Erfolg: Der Wissenschaftsrat hat sich heute (11. April) dafür ausgesprochen, das "Multiscale Imaging Centre" (MIC) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) zu bauen. In diesem Zentrum sollen mehr als 300 Mitarbeiter aus verschiedenen Disziplinen mithilfe bildgebender Verfahren Zellen und deren Verhalten erforschen. Die rund 62 Millionen Euro, die der Bau kosten soll, übernehmen der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen zu gleichen Teilen. Die abschließende Entscheidung über den Neubau fällt Ende Juni bei der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern. Für die WWU ist es bereits das zweite Mal innerhalb eines Jahres, dass der Wissenschaftsrat grünes Licht für ein neues Forschungszentrum gegeben hat. 2013 war das "Center for Soft Nanoscience" (SoN), in dem künftig neue Nanomaterialien entwickelt werden sollen, für förderungswürdig befunden worden.
Im MIC sollen Wissenschaftler aus den Fachbereichen Medizin, Biologie, Chemie und Pharmazie, Physik sowie Mathematik und Informatik untergebracht werden, vor allem die Forscher des Exzellenzclusters "Cells in Motion". "Ein interfakultäres Zentrum, das die Technologien und wissenschaftlichen Stärken im Bereich der molekularen Bildgebung in dieser Art zusammenfasst, ist einzigartig. Es wird große Synergien zwischen den Disziplinen freisetzen", unterstreicht Forschungsprorektor Prof. Dr. Stephan Ludwig die Bedeutung des Projekts. "Der Forschungsstandort Münster wird vom MIC extrem profitieren. Wir schaffen eine langfristige strukturelle Grundlage für unsere exzellente Zellforschung und stärken unser internationales Renommee in der Bildgebung. Das Zentrum wird Inkubator für neue Initiativen sein."
Das MIC, dessen Errichtung in unmittelbarer Nähe zum münsterschen Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin (MPI) geplant ist, folgt dem Forschungskonzept des Exzellenzclusters "Cells in Motion". Die langjährige Expertise aus verschiedenen WWU-Sonderforschungsbereichen in den Naturwissenschaften und der Medizin bildet das "Rückgrat" des Projekts, an dem auch das MPI sowie das "European Institute for Molecular Imaging" der WWU beteiligt sind. Zentrales Element ist der Einsatz bildgebender Verfahren, beispielsweise hoch auflösender Mikroskopie oder Positronen-Emissions-Tomografie. So sollen Zellbausteine und molekulare Prozesse in einer Größe von einigen millionstel Millimetern sichtbar gemacht werden, aber auch größere Gewebestrukturen und Organe. Diese Methode, Bilder von Strukturen verschiedener Größenordnungen zu erzeugen – auf Englisch "multiscale imaging" –, gibt dem MIC seinen Namen.
Die Wissenschaftler untersuchen nicht nur die molekularen Vorgänge innerhalb der einzelnen Zelle, sondern auch das Geschehen im Organismus. Ein Beispiel ist eine Immunzelle, bei der die chemischen Prozesse im Inneren interessant sind, aber auch die Frage, wie sich die Zelle an Barrieren innerhalb des Körpers verhält, beispielsweise an der Blut-Hirn-Schranke. Diese Erkenntnisse helfen bei dem Blick aufs "große Ganze", etwa wenn es um die Rolle von Immunzellen bei Erkrankungen wie der Arteriosklerose und der Multiplen Sklerose geht.
"Unsere langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Disziplinen wird uns jetzt auch unter einem Dach zusammenführen", freut sich Prof. Dr. Michael Schäfers, Sprecher des MIC und Co-Koordinator des Exzellenzclusters "Cells in Motion". Das Koordinatorenteam des Clusters, zu dem auch Prof. Dr. Volker Gerke und Prof. Dr. Lydia Sorokin gehören, hat den Antrag federführend konzipiert. Ein roter Faden des MIC ist die gemeinsame Nutzung von bildgebenden Geräten und der Rückgriff auf die Expertise der jeweils anderen Forschungsgruppen. Bislang sind der Zusammenarbeit Grenzen gesetzt, da die Forscher über zahlreiche Gebäude in der ganzen Stadt verteilt sind.
Der Wissenschaftsrat hat in seiner diesjährigen Begutachtungsrunde eine Förderempfehlung für insgesamt neun Forschungsneubauten ausgesprochen, zwei davon in Nordrhein-Westfalen. Neben der WWU soll auch die Universität Aachen die Mittel für einen Neubau erhalten.
Zahlen und Fakten zum MIC
- rund 7800 Quadratmeter Hauptnutzfläche (knapp 3000 Quadratmeter Labore)
- 320 Mitarbeiter, davon 260 Wissenschaftler (teils bestehende Arbeitsgruppen, teils neue Arbeitsgruppen, darunter noch nicht besetzte Professuren des Exzellenzclusters „Cells in Motion")
- Anbindung der Graduiertenschule CiM/IMPRS von Exzellenzcluster und Max-Planck-Institut; ein Teil der rund 100 Doktoranden wird im MIC untergebracht