Theoretische Forschung in der Fremdsprachendidaktik
Symposium
Datum: 5. Juli 2024
Ort: Englisches Seminar, Johannisstr. 12-20, D-48143 Münster
Das Symposium findet in Raum ES203 statt. Folgen Sie der Wendeltreppe (oder Fahrstuhl) in den 2. Stock, laufen Sie geradeaus durch die Feuerschutztür; alle drei Türen auf der rechten Seite führen Sie in den Raum.
OrganisatorInnen: Dr. Ricardo Römhild, Prof. Dr. Frauke Matz & Prof. Dr. Thorsten Merse
Konferenzsprache: Deutsch
Kontakt: ricardo.roemhild@uni-muenster.de
Mit einem Plenarvortrag von Prof. Dr. Werner Delanoy.
Call for Participation: Der Call for Participation ist geschlossen. Er steht hier zum Download (PDF) bereit.
Herzlichen Dank für Ihre Einreichungen!
Registrierung: Die Anmeldung für diese Veranstaltung ist nun geöffnet und erfolgt hier.
Es wird eine Registrierungsgebühr in Höhe von 20€ erhoben, mit der Kaffee&Kuchen sowie ein leichtes Mittagessen bereitgestellt werden.
Die Anmeldung ist geschlossen.
Generelles
Fremdsprachendidaktische Forschung ist durch ein lebhaftes Zusammenspiel verschiedener Forschungsansätze gekennzeichnet, die sich im Zuge der Entwicklung als eigenständiges Forschungsfeld herausgebildet haben. Oftmals befinden sich Forschungsarbeiten dabei in einem Spannungsfeld zwischen der Wahl für ein empirisches oder ein theoretisch bzw. theoretisch-konzeptionell angelegtes Vorgehen. Für empirische Forschung gibt es inzwischen umfassend und explizit formulierte Handlungsdarstellungen, während es für theoretische Forschung kaum detaillierte Explizierungen gibt, wie auf operativer Ebene theoretische Arbeiten geplant und umgesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund laden wir Sie zu einem Symposium ein, das sich der reflektierten Standortbestimmung von theoretischer Forschung in der Fremdsprachendidaktik widmet.
Programm
9:00 – 9:20 Begrüßung & Auftakt 9:20 – 9:50 Auftaktvortrag: Prof. Dr. Werner Delanoy
"Theoriebildung als/im Dialog"
10:00 – 11:00 Runder Tisch I: Das Verhältnis von theoretischer und empirischer Forschung
- Prof. Dr. Eva Wilden: Nicht da aufhören, wo es spannend wird.
- Prof. Dr. Corinna Koch: Wenn die Grundlagen fehlen, geht an theoretischer
Forschung kein Weg vorbei.
Moderation: Prof. Dr. Thorsten Merse
11:00 – 11:30 Impulsvortrag: Dr. Max von Blanckenburg
"Theoretische und empirische Forschung im Wechselspiel. Zur Synergie von Forschungsansätzen am Beispiel des Gegenstandsfelds Rhetorik"
11:30 – 12:00 Kaffeepause 12:00 – 13:00 Runder Tisch II: Qualitätskriterien theoretischer Forschung
- Daniel Becker: Theoretisch. Praktisch. Gut. Impuls zur Notwendigkeit einer praktischen Theoriearbeit in der Fremdsprachendidaktik
- Joel Guttke: Theoretische Forschung ≠ Theoretische Forschung
- Dr. Leo Will: An exploration of quality criteria for theoretical research in foreign language education
Moderation: Prof. Dr. Frauke Matz
13:00 – 14:30 Mittagspause & Speed Exchange 14:30 – 15:30 Runder Tisch III: Theoretische Fremdsprachenforschung und ihre Bezugs-/Partnerdisziplinen
- Dr. Jürgen Wehrmann: Theoretische Forschung in der Fremdsprachendidaktik: disziplinäre Re-Konzeptualisierung oder transdisziplinäres „puzzle-solving“?
Moderation: Dr. Ricardo Römhild
15:30 – 16:00 Abschluss und Ausblick
Am Vortag findet ab 19:00 Uhr ein informelles Beisammensein statt.
Im Anschluss an das Symposium ist ein gemeinsames Eisessen geplant.
Abstracts
Wir freuen uns auf die folgenden Diskussionsbeiträge:
Runder Tisch I: Das Verhältnis von theoretischer und empirischer Forschung
Nicht da aufhören, wo es spannend wird ~ Prof. Dr. Eva Wilden
Als Empirikerin sehe ich Theorie stets in einem zirkulären Zusammenhang mit Empirie (vgl. Scherr 2020): Theorie ist die Voraussetzung der Entstehung und Durchführung guter Empirie; Empirie führt zur Weiterentwicklung von Theorie. Für mich hört rein theoretische Forschung da auf, wo es spannend wird: bei der Erprobung von Ideen im Handlungsfeld des Fremdsprachenunterrichts. An dieser Stelle weitergedacht ist theoretisch-konzeptionelle Forschung häufig bereits ‘empirisch’, denn es werden in solchen Projekten Erfahrungen gesammelt, ausgewertet und reflektiert. Geschieht dies entsprechend einer Systematik, ist ein solches Vorgehen als empirisch einzuordnen. Insofern rufe ich Nachwuchswissenschaftler:innen auf, empirisch zu forschen, anstatt rein theoretisch.
Wenn die Grundlagen fehlen, geht an theoretischer Forschung kein Weg vorbei. ~ Prof. Dr. Corinna Koch
Gerade wenn die theoretische Basis fehlt oder unvollständig ist, entsteht der dringliche Bedarf, zunächst alle Elemente des Gegenstands zu bestimmen, im Lichte des Forschungsstandes zu ordnen und eine händelbare Struktur zu entwickeln. Hermeneutisch-konzeptionelle Herangehensweisen greifen dabei empirische Ergebnisse auf und laden im Nachgang zu einer empirischen Validierung ein.
Am Beispiel eines Projektes zum Einbezug von Herkunftssprachen in den Französisch- und Spanischunterricht wird aufgezeigt, wie Studienergebnisse einerseits Ansatzpunkte für theoretische Forschung darstellen, andererseits die Grenzen zu empirischer Forschung, z. B. im Bereich der Lehrbuchanalyse, fließend verlaufen. Ein Kerngedanke ist, dass sich theoretische und empirische Forschung sich nicht ausschließen, sondern organisch ergänzen.
Runder Tisch II: Qualitätskriterien theoretischer Forschung
Theoretisch. Praktisch. Gut. Impuls zur Notwendigkeit einer praktischen Theoriearbeit in der Fremdsprachendidaktik ~ Dr. Daniel Becker
Im Bereich der (Fremdsprachen-)Lehramtsausbildung wird in regelmäßigen Abständen darüber diskutiert, welches Verhältnis Theorie und Praxis bei der Befähigung zukünftiger Lehrkräfte einnehmen sollten. In dieser Debatte spielt auch die Fremdsprachendidaktik eine wichtige Rolle, liefern die in der Forschung erarbeiteten Konzepte und Modelle doch die theoretischen Grundlagen der Lehrkräfte-Bildung. Vor diesem Hintergrund soll mein Impulsvortrag skizzieren, welche Art von Theorie die Fremdsprachdidaktik zur produktiven Verzahnung von Theorie und Praxis im Ausbildungskontext beitragen kann. Dabei wird argumentiert, dass eine Aufgabe der theoretischen Fremdsprachenforschung in der Genese ‚praktischer Theorien‘ verortet ist. Ausgehend von Böhms Konzept einer praktischen Theorie (2016) und McIntyres Idee des practical theorising (1995) sollen hierbei grundlegende Merkmale eines solchen Theorieverständnisses aufgezeigt werden.
Theoretische Forschung ≠ Theoretische Forschung ~ Joel Guttke
Als Fremdsprachenforscher:in einer frühen Karrierephase ist es nahezu unmöglich, das Streitgespräch über theoretische und empirische Forschung innerhalb der eigenen Disziplin (Matz & Rumlich, 2023) zu umgehen. Forscher:innen beider Paradigmen kritisieren einander die Arbeit an „theorieloser Empirie“sowie „empirieloser Theorie“(Vogd, 2005). Um diesem reduktionistischen Dualismus zu begegnen, folgt mein Kurzbeitrag einem Dreischritt: Erstens plädiere ich für eine differenzierte Verwendung des Theoriebegriffs (Bellmann, 2020) und illustriere dies an fremdsprachendidaktischen Forschungsarbeiten. Zweitens reflektiere ich mein empirisch ausgerichtetes Promotionsprojekt hinsichtlich des Zusammenspiels theoretischer und empirischer Forschungsbefunde. Aus dieser Reflexion leite ich drittens Fragen über Qualitätskriterien und Methoden theoretischer Forschung ab.
An exploration of quality criteria for theoretical research in foreign language education ~ Dr. Leo Will
In foreign language education, theory has lately ceded its epistemological edge to what is commonly referred to as empirical research. This contribution argues that theory can lay claim to its own unique epistemology predicated on a number of fundamental criteria such as interestingness (Davis 1971), importance (Tihanyi 2020), and elusiveness (the author). These concepts shall first be explained and then spelled out in reference to four illustrative examples: Butzkamm & Caldwell (2009), Dörnyei (2019), Kramsch (2005), Tseng (2002). The presence or absence of empirical data emerges as all but immaterial for categorizing any given study as ‘empirical’or ‘theoretical’.
Runder Tisch III: Theoretische Fremdsprachenforschung und ihre Bezugs-/Partnerdisziplinen
Theoretische Forschung in der Fremdsprachendidaktik: disziplinäre Re-Konzeptualisierung oder transdisziplinäres „puzzle-solving“? ~ Dr. Jürgen Wehrmann
Am Beispiel von Global (Citizenship) Education fragt der Beitrag, ob und inwieweit die Fremdsprachendidaktik als „hybrides, über Disziplinen zerstreutes Gebilde“(Bredella, Delanoy & Surkamp 2004: 8) die Kraft und Kohärenz besitzen kann, eigene „Paradigmen“zu entwickeln und zu stabilisieren. Offensichtlich stammen viele Konzepte der Fremdsprachendidaktik aus anderen Disziplinen und Diskursen. Hallet (2020) fordert, dass solche Konzepte reflektiert aus ihrem früheren Kontext herausgelöst und in ein genuin fremdsprachendidaktisches Theoriegebäude eingefügt werden bzw. dass auf der Grundlage der Konzepte eine neue, eigene Theorie entwickelt wird. Es fragt sich, in welcher (Theorie-)Größenordnung dies gelingen kann oder verfolgt werden sollte.