Nichts für Einzelkinder oder Erstsemester
Es muss nicht immer Wohnheim oder Studenten-WG sein. Für Studierende gibt es jetzt eine neue Möglichkeit, relativ einfach preiswerten Wohnraum zu finden Das Projekt "Wohnen für Hilfe" des Amtes für Wohnungswesen der Stadt Münster vermittelt Wohnpartnerschaften zwischen Jung und Alt – das ist in NRW einmalig und wird vom Land und der Stadt für drei Jahre mit 250.000 Euro gefördert.
Dabei können ältere Menschen in der vertrauten, aber zu groß gewordenen Wohnung bleiben und Studierende preisgünstig als Mitmieter dort einziehen, ob in einem eigenen Zimmer oder in einem separaten Appartement im Dach- oder Untergeschoss. Der Clou: Die Kaltmiete wird statt Geld mit Arbeitsstunden bezahlt, ganz oder teilweise. So bleibt mehr Geld fürs Studium und fürs Ausgehen. Dabei gilt die Faustregel: Pro Quadratmeter Wohnfläche monatlich eine Stunde lang Hilfeleistung. Welche Arbeiten das konkret sind, wird bei jedem Mietverhältnis individuell vereinbart, auch um spätere Probleme zu vermeiden. Denkbar sind: Einkäufe, Gartenarbeit, Schnee schippen, Fenster putzen, den Hund ausführen, die Korrespondenz erledigen oder Vorlesen.
"Keine Sorge", betont Christa Reiffer vom Amt für Wohnungswesen, "Leistungen, wie sie Pflegedienste erbringen, gehören auf keinen Fall dazu." Eines ist jedoch klar: Wenn man so nah miteinander lebt, muss auch die Chemie stimmen. Deshalb hat Christa Reiffer Bewerbungsbögen erstellt über Wünsche, Vorlieben und Tabus zur Wohnpartnerschaft. Ob Rauchen, Haustiere, Fahrradstellplatz bis zum Übernachten von Besuchern – viele Themen werden so schon vorab geklärt.
Da schon ein gutes Verantwortungsgefühl vonnöten ist, empfiehlt sich das Projekt nicht für Erstsemester oder "behütete Einzelkinder", erklärt Reiffer. Um passgenaue Wohnpartnerschaften auf den Weg bringen zu können, führt sie intensive Vorgespräche mit Senioren und Studierenden. Nach erstem Beschnuppern schließen Vermieter und Student dann einen normalen Mietvertrag ab, ergänzt um die Vereinbarung der Hilfeleistungen inklusive Urlaubs- und Krankheitsklauseln. Nebenkosten werden wie üblich ermittelt und abgerechnet. Studierende, die nicht unbedingt alleine leben wollen, können sich so die oft langwierige Suche nach preiswertem Wohnraum sparen.
Die 61-jährige Anna gehört zu den ersten Senioren, die sich schon auf einen neuen Mitbewohner freuen. Dabei ist für sie gegenseitiges Vertrauen am wichtigsten: "Ich brauche vor allem bei der Gartenarbeit und am PC Hilfe und möchte auch gerne Gespräche führen." Ein Nichtraucher sollte es sein, "alles, bis auf einen Sänger, der jeden Tag übt", ergänzt die lebenslustige Seniorin, die mitten im Grünen wohnt.
Übrigens: Auch Auszubildende können bei dem Projekt mitmachen. "Für
Studierende aus anderen Ländern ist das Projekt ebenfalls
empfehlenswert", ergänzt Reiffer. Sie könnten durch eine
Wohnpartnerschaft ein Stück Alltagswelt in Deutschland erfahren und im
Gegenzug ihrem Vermieter Einblicke in ihr Heimatland ermöglichen. "Am
liebsten hätte ich einen Japaner", ruft Anna erwartungsfroh dazwischen.
Peter Sauer
Nähere Informationen sind unter Tel: 4926451 zu erhalten