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Münster (upm)
Am Tag der offenen Tür können Besucher den Bunker aus dem Kalten Krieg im Bioenergiepark Saerbeck besichtigen.<address>© WWU/Kathrin Nolte</address>
Am Tag der offenen Tür können Besucher den Bunker aus dem Kalten Krieg im Bioenergiepark Saerbeck besichtigen.
© WWU/Kathrin Nolte

Geheimnisvolle Orte des Kalten Kriegs im Münsterland

"Fremder Nachbar“: Arbeitsstelle Forschungstransfer lädt am 9. September in den Bioenergiepark Saerbeck ein

Massiv gebaut, von außen mit grün-schwarzem Camouflage-Muster versehen und mit einer schweren Tür verschlossen: Die Bunker des Bioenergieparks Saerbeck sind ein Relikt aus Zeiten des Kalten Kriegs in Deutschland. Während Ende der 1980er-Jahre an dieser Stelle zwölf Tonnen Munition der Bundeswehr lagerten, wird dort heute durch eine auf den Dächern montierte Photovoltaikanlage Strom gewonnen. Dieser ehemals geheime Ort ist Teil des Projekts "Fremder Nachbar – Leben im Kalten Krieg im Münsterland" der Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) der WWU im Rahmen der Expedition Münsterland. Am Tag der offenen Tür am 9. September können Interessierte von 11 bis 18 Uhr mehr über die Historie und Umnutzung erfahren.

"Wir wollen mit den Bürgerinnen und Bürgern in den Dialog treten", erläutert die Projektverantwortliche Brigitte Heeke. Dies soll durch Zeitzeugengespräche sowie Film- und Tonvorführungen geschehen. Der Bunker – den die AFO für Veranstaltungen und Seminare nutzt – ist dunkel, beklemmend. Nur wenn die Tür geöffnet ist, dringt Tageslicht hinein. Es ist kühl. Übereinandergestapelte Munitionskisten aus Holz zeugen von der ursprünglichen Funktion des Schauplatzes. Bereits Anfang Mai erfuhren 15 Teilnehmer bei einer Busexkursion zum Projektauftakt mehr über die Besonderheiten des Bioenergieparks Saerbeck im Kreis Steinfurt. Im September kehrt die Expedition Münsterland anlässlich des Tags der offenen Tür nach Saerbeck zurück und bietet ein abwechslungsreiches Programm an. Zu sehen gibt es bislang nicht veröffentlichte Filmaufnahmen von den Stützpunkten der Garnisonsstadt Rheine. Das von Heinz Schulte, Inhaber des Kinos "Metropolis" in Rheine, gesammelte Material dokumentiert den Alltag ab Ende der 1950er-Jahre. Auch Sirenengeheul oder das Rattern und Rasseln der Panzerketten können sich die Besucher anhören. Wer Zeugnisse wie Fotos, Flugblätter oder Objekte aus dem Kalten Krieg besitzt, kann diese mitbringen und sich mit dem AFO-Team darüber austauschen.

Denn im Mittelpunkt des bis Ende 2019 angelegten Forschungsvorhabens stehen die Erfahrungen der münsterländischen Bevölkerung im Kalten Krieg. Hat der Ost-West-Konflikt den Alltag der Menschen geprägt? Wie sah die Lebenswirklichkeit bis zum Mauerfall 1989 in der Region aus? Werden die oftmals geheimen Orte und Anlagen heute noch genutzt? Auf diese Fragen sollen im Ansatz der "Citizen Science" – der Bürgerwissenschaften – Antworten gefunden werden. "Wir wollen gemeinsam herausfinden, wie es damals war. Dabei geht es nicht ausschließlich um die militärische Sicht, sondern auch um kulturhistorische Aspekte", betont Brigitte Heeke. Ein Raketenabschuss-Platz in Münster-Handorf und ein Notlandeplatz für Flugzeuge auf der A1 zwischen Ladbergen und Lengerich sind zwei weitere Beispiele für geheimnisumwobene Orte des Ost-West-Konflikts im Münsterland.

Bis zum Projektende sind weitere, verschiedene Formate regionalen Aufbereitens und Erinnerns, darunter Erzähl-Cafés, Thementage, Busexkursionen und Workshops, angedacht. Ziel ist es unter anderem, einen digitalen Wissensspeicher anzulegen. Mithilfe einer App soll das regionale Erbe des Kalten Kriegs sichtbar gemacht werden. Das Projekt "Fremder Nachbar – Leben im Kalten Krieg im Münsterland" wird durch das Förderprogramm „Regionale Kulturpolitik“ der nordrhein-westfälischen Landesregierung unterstützt und findet anlässlich des "Europäischen Jahrs des Kulturerbes 2018" statt.

Autorin: Kathrin Nolte

Dieser Artikel stammt aus der Universitätszeitung "wissen|leben" Nr. 5, Juli/August 2018.

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