Evangelische Fakultät ernennt Joachim Gauck zum Ehrendoktor
Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) hat dem früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck heute (11. Dezember) den Titel eines theologischen Ehrendoktors verliehen. Mit dieser Ehrenpromotion würdigt die Fakultät dessen Lebensleistung in Kirche, Zivilgesellschaft, Politik und höchsten Staatsämtern. Zu dem Festakt kamen rund 400 Gäste aus Wissenschaft, Politik, Kirche und Gesellschaft ins verschneite münstersche Schloss.
In seiner Laudatio hob der Direktor des Instituts für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften, Prof. Dr. Arnulf von Scheliha, das Lebenswerk Joachim Gaucks als Theologe, Bürgerrechtler und Staatsmann hervor: Er verkörpere auf perfekte Weise die Beziehungen zwischen Politik und Religion, die er im Amt als Bundespräsident immer wieder selbst thematisiert habe. "Die Analyse des Lebenswerkes von Joachim Gauck zeigt die vitale Prägekraft von Spiritualität und religiös inspirierter Moral", betonte Arnulf von Scheliha.
Zuvor hatten der Rektor der WWU, Prof. Dr. Johannes Wessels, und der Dekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät, Prof. Dr. Hans-Peter Großhans, die Feierstunde eröffnet. Die Band "Jazz Force One" sorgte für die musikalische Untermalung.
In seiner Rede widmete sich Joachim Gauck vor allem dem Thema der Toleranz, für das Münster als Stadt des Westfälischen Friedens von 1648 auf besondere Weise stehe. Seiner Überzeugung nach erfordere es in der heutigen Zeit oft Überwindung, Toleranz zu zeigen. Aber Differenzen müssten ausgehalten werden. "Toleranz ist eine Tugend, die uns viel abverlangt", sagte das ehemalige Staatsoberhaupt. Toleranz koste auch viel Kraft, weil sie scheinbar Unvereinbares miteinander vereinen soll.
Die freiheitliche Gesellschaft sieht Joachim Gauck vor einem schweren Prozess im Aushandeln von Toleranz, die nicht grenzenlos sei. "Toleranz muss Grenzen haben", sagte er mit Blick auf Terrorismus, Diskriminierung oder Gewalt. In einer offenen Gesellschaft hätten alle Menschen die gleichen Rechte - aber auch die Pflicht, den Mitmenschen zu achten und zu respektieren.
Joachim Gauck ermunterte gleichermaßen die Bürger, Intoleranz nicht zu verschweigen. "Sei nicht zu leise mit Deiner aufklärerischen Meinung", betonte er. Die Demokratie sei zudem nicht so schwach, als dass sie ambivalente und hitzige Debatten fürchten müsste. Er schloss seine Rede mit dem geflügelten Wort des Dichters Silius Italicus "Pax optima rerum" ("Der Frieden ist das beste der Dinge"), das auch Motto des Westfälischen Friedens war.
Zur Person: Joachim Gauck wurde am 24. Januar 1940 in Rostock geboren. Er studierte von 1958 bis 1965 Theologie an der Universität Rostock und war danach als Pastor im Dienst der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg tätig. 1989 wurde er Mitinitiator der kirchlichen und politischen Protestbewegung in Mecklenburg. Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland wurde Joachim Gauck "Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR" und nahm die Aufgabe bis 2000 wahr. 2012 erfolgte die Wahl zum Bundespräsidenten, der er bis März 2017 blieb. Joachim Gauck wurde bereits mehrfach Ehrendoktorwürden verliehen – die in Münster ist die erste theologische Ehrendoktorwürde seit seinem Ausscheiden aus dem höchsten deutschen Staatsamt.