Ein Multitalent aus Krabbenschalen
Chitosan ist ein wahrer Tausendsassa – ein nachwachsender Rohstoff mit sehr nützlichen Eigenschaften. Zum Beispiel stimuliert die aus Chitin gewonnene Substanz das Immunsystem. Sie wirkt antibakteriell, feuchtigkeitsregulierend und blutstillend. Nanopartikel aus Chitosan haben Potenzial für zukünftige Anwendungen: Sie könnten Arzneistoffe zu ihren Zielzellen leiten und dabei sogar Gewebeschranken überwinden. Im Pflanzenschutz wird Chitosan bereits erfolgreich eingesetzt. Bei richtiger Anwendung macht es Nutzpflanzen widerstandsfähiger und wirkt wachstumsfördernd. Wissenschaftler setzen daher große Hoffnung in die Erforschung dieser vielversprechenden Substanz. Vom 30. August bis zum 2. September treffen sich Chitosan-Experten aus aller Welt in Münster bei der weltweit größten Chitin- und Chitosan-Konferenz, zu der 250 Teilnehmer aus rund 40 Ländern erwartet werden.
Die Tagung, für die die 12. Internationale Konferenz der Europäischen Chitin-Gesellschaft (12th EUCHIS) und die 13. Internationale Chitin- und Chitosan-Konferenz (13th ICCC) zusammengelegt wurden, findet zum ersten Mal in Münster statt. Gastgeber sind die Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Bruno Moerschbacher und Prof. Dr. Francisco Goycoolea vom Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU).
Chitin ist neben Zellulose eines der in der Natur am häufigsten vorkommenden Polymere, also eine kettenförmige Molekülverbindung. Es ist ein Hauptbestandteil der Zellwände von Pilzen sowie der Schalen von Krustentieren, zum Beispiel Krabben. Chitosan dagegen ist in der Natur viel seltener. Daher wird es kommerziell aus Chitin gewonnen. Der heutige Wissensstand ermöglicht es, qualitativ hochwertige Chitosane zu produzieren. Diese werden seit einigen Jahren in ersten Produkten der Kosmetik, Medizintechnik und Landwirtschaft eingesetzt.
Wissenschaftler aus aller Welt bemühen sich darum, die molekularen Zusammenhänge zwischen dem komplexen Aufbau der Chitin- und Chitosan-Polymere und deren Wirkung auf Zellen besser zu verstehen. Unter anderem wollen sie Chitosan auch auf biotechnologischem Weg herstellen, um die Substanz-Eigenschaften noch besser kontrollieren zu können. "Durch die intensive Forschung der letzten Jahre könnten sich für Chitin- und Chitosan-Verbindungen weitere Anwendungsmöglichkeiten ergeben, das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Daher ist gerade jetzt ein reger Austausch zwischen akademischen und industriellen Forschungseinrichtungen besonders wichtig", unterstreicht Biotechnologe Bruno Moerschbacher.
Die Konferenzteilnehmer werden neueste Erkenntnisse über Chemie, Biologie, Biotechnologie und Nanotechnologie von Chitin und Chitosan sowie über die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten dieser Biopolymere diskutieren. Im Rahmenprogramm gibt es technische Workshops, ein Symposium für Nachwuchswissenschaftler sowie eine Ausstellung der Industriepartner.