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Münster (upm/ch)
Kindchenschema: große Augen und runde Wangen<address>© Kthulhu/Photocase</address>
Kindchenschema: große Augen und runde Wangen
© Kthulhu/Photocase

Kindchenschema wirkt im Kopf

Belohnungszentrum im Gehirn wird durch das Betrachten niedlicher Kindergesichter aktiviert

Ein süßes Gesicht wirkt im Kopf: Wissenschaftler der Universitäten Münster und Pennsylvania (USA) haben erstmalig eine Region im Gehirn identifiziert, die bei Frauen durch das Betrachten niedlicher Kindergesichter aktiviert wird. Dieses tief im Gehirn liegende Gebiet ist auch als Belohnungszentrum bekannt.

Das Kindchenschema, das als niedlich empfunden wird, beinhaltet eine Reihe kindlicher Körpermerkmale, zum Beispiel einen großen Kopf mit hoher Stirn, runden Wangen und großen Augen. Zahlreiche Verhaltensstudien bestätigen die Wirkung des Kindchenschemas auf Erwachsene. So hat vor kurzem bereits ein Forscherteam um Melanie Glocker vom Institut für Neuro- und Verhaltensbiologie der Universität Münster gezeigt, dass Kinder, die stärker dem Kindchenschema entsprechen, die Bereitschaft steigern, sich fürsorglich zu verhalten. Diese Reaktion ist bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern, obwohl beide Geschlechter die Niedlichkeit gleichermaßen wahrnehmen.

Über die neurobiologischen Grundlagen dieses fundamentalen sozialen Instinkts, welcher an der Basis von Fürsorge- und altruistischem Verhalten liegen könnte, war bisher jedoch wenig bekannt. In einer neuen Studie zeigen die münsterschen Neurowissenschaftler Melanie Glocker und Prof. Dr. Norbert Sachser in Kooperation mit Forschern aus Pennsylvania um Prof. Dr. Ruben Gur nun erstmalig, was sich im Gehirn als Reaktion auf das Kindchenschema abspielt. „ Die Ergebnisse bieten Einblick in die biologischen Grundlagen menschlichen Fürsorgeverhaltens. Sie geben eine neurophysiologische Erklärung für unseren Impuls, uns um alles zu kümmern, was einem Baby ähnelt", so Glocker.

Die Biologin manipulierte für die Studie Babyfotos mit einem speziellen Bildbearbeitungsprogramm. Dadurch entstanden neben dem Originalfoto jeweils Portraits mit niedrigeren und höheren Kindchenschema-Werten - dasselbe Baby wurde beispielsweise mit größeren oder kleineren Augen ausgestattet oder mit einem besonders runden oder eher schmalen Kopf. Frauen, die noch keine Kinder geboren hatten, betrachteten diese Kindergesichter. Dabei wurde ihre Hirnaktivität mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie gemessen.

Die Forscher fanden eine ansteigende Aktivität mit zunehmendem Kindchenschemagehalt im Nucleus accumbens, einer Hirnregion, die als Belohnungszentrum bekannt ist. Sie vermittelt motiviertes Verhalten, das nach Belohnung strebt, löst Glücksgefühle aus und spielt unter anderem auch bei Drogensucht eine Rolle. Daneben sprechen noch weitere Hirnregionen auf das Kindchenschema an, unter anderem Areale, die bei Gesichterverarbeitung und Aufmerksamkeit eine Rolle spielen. Die Forscher vermuten, dass bei Männern ähnliche Prozesse im Gehirn ablaufen könnten.

„Die Aktivierung des Belohnungssystems könnte den neurophysiologischen Mechanismus darstellen, über welchen das Kindchenschema Fürsorgeverhalten motiviert - unabhängig vom Verwandtschaftsgrad zwischen Kind und Betrachter", so Glocker.

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