Medizinethik und Biopolitik
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die
Einrichtung einer neuen Kolleg-Forschergruppe an der Universität Münster beschlossen. Diese Entscheidung gab die DFG am Freitag, 10. Juli 2009, bekannt.
Die Förderungsdauer des Projekts 1209 „Theoretische Grundfragen der Normenbegründung
in Medizinethik und Biopolitik" ist auf acht Jahre angelegt. Das
Fördervolumen für die erste vierjährige Förderphase beträgt rund 4,6
Millionen Euro.
Die Kolleg-Forschergruppe wird die Prozesse der
Herausbildung und Rechtfertigung medizinethischer, -rechtlicher und
biopolitischer Normen untersuchen. In den modernen westlichen Gesellschaften
existiere kein autoritatives, allgemeinverbindliches System von Normen und
Werten mehr, so die DFG zum Hintergrund des Projekts. Ethische Probleme, die sich in Folge des
wissenschaftlich-technischen Fortschritts neu oder anders stellen, würden in
der heutigen Mediengesellschaft rasch zum Gegenstand öffentlicher
Auseinandersetzung. Sie führten nicht selten zu einem Zustand permanenter
normativer Debatte, die durch einen Mangel an Ressourcen für die Begründung und
Rechtfertigung konsensfähiger moralischer und rechtlicher Normen gekennzeichnet sei.
Als themenbezogenes „Institute for the Advanced Study in
Bioethics" wird die Kolleg-Forschergruppe mehrere herausragend
qualifizierte Gastprofessoren und Wissenschaftler, überwiegend aus dem Ausland,
in Münster begrüßen können und über einen Stab von etwa sieben bis zehn
Mitarbeitern verfügen. Im Jahr 2011 soll das Kolleg zudem durch eine Emmy
Noether-Gruppe zur „Politischen Philosophie als Ressource der Normenbegründung
in der biomedizinischen Ethik" ergänzt werden und sich auch hierdurch zu
einem „Gravitationszentrum" für sein Thema innerhalb und außerhalb der WWU
entwickeln.
Sprecher des Kollegs ist Prof. Dr. Thomas Gutmann von der Rechtswissenschaftlichen
Fakultät der WWU. Beteiligt sind zudem Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert vom Institut
für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, Prof. Dr. Ludwig Siep und sein berufener, vorgezogener Nachfolger Prof. Dr. Michael Quante, Prof. Dr.
Kurt Bayertz und Prof. Dr. Reinold Schmücker vom Philosophischen Seminar sowie
Prof. Dr. Ulrich Willems vom Institut für Politikwissenschaft. Die
wissenschaftliche Koordination des Kollegs wird Dr. Johann S. Ach (Centrum für
Bioethik) übernehmen. Durch die Professoren Siep, Willems und Gutmann ist das
Kolleg zugleich synergetisch mit dem Exzellenzcluster „Religion und
Politik" und dessen Forschungssäule „Normativität" vernetzt.
Der Hauptausschuss der DFG hat insgesamt die Einrichtung von
zwei weiteren Kolleg-Forschergruppen beschlossen. Neben dem münsterschen Kolleg
wurde eine weitere Kolleg-Forschergruppe in Frankfurt am Main zum Thema Gerechtigkeit bewilligt,
teilte die DFG mit.
Mit dem 2008 eingeführten
Förderinstrument Kolleg-Forschergruppe will die DFG exzellente Forschung in den Geistes- und
Sozialwissenschaften stärken. Die zentrale Idee dabei ist
es, herausragenden Wissenschaftlern mehr Freiräume zur eigenen
Forschungstätigkeit zu ermöglichen, und zwar in einem Rahmen, der einen
intensiven Austausch und die Kooperation kreativer Wissenschaftler in einem
wichtigen und noch nicht ausreichend erschlossenen Forschungsfeld gewährleisten
soll, so die DFG.