Ehre für herausragende Leistungen – zwei Porträts
Mehr als 400 Gäste verfolgten beim Neujahrsemfang im münsterschen Schloss die Verleihung der Rektoratspreise, die das Rektorat in diesem Jahr für herausragende Forschungsleistungen und außergewöhnliches studentisches Engagement vergab. Der Mediziner Prof. Dr. Dr. Udo Dannlowski erhielt den mit 30.000 Euro dotierten Forschungspreis für seine exzellente, international anerkannte Forschung. Rosa Herzog und Till Pauly, stellvertretend für das Referat Soziales und Wohnen des Allgemeinen Studierendenausschusses, nahmen den mit 7.500 Euro dotierten Studierendenpreis für die Organisation des „Wo(hn) Raum“-Camps und des „Erstis ohne Wo(hn) Raum“-Camps entgegen. Auf dieser Seite stellen wir die drei Preisträgerinnen und Preisträger vor.
Forschungspreis
In der Forschung dauert es oft mehrere Jahre, bis neue Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden können. Besonders in der Medizin können Jahrzehnte vergehen, bis die Grundlagenforschung den Patientinnen und Patienten zugutekommt. „Ein langer Atem und Geduld sind wichtige Eigenschaften eines Forschers“, weiß Prof. Dr. Dr. Udo Dannlowski. Seit vielen Jahren erforscht er die Mechanismen und Einflussfaktoren psychischer Krankheitsverläufe und wie das Zusammenspiel von Körper und Gehirn diese Krankheitsbilder beeinflusst.
Am Institut für Translationale Psychiatrie arbeiten Udo Dannlowski und sein Team daran, die Zusammenhänge zwischen psychischen Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen und körperlichen Funktionen zu verstehen. Dazu beobachten sie Kohorten von insgesamt mehr als 4.000 Personen, die bereits seit über 16 Jahren eine Fülle von Daten liefern. Mit innovativen Methoden untersuchen sie die komplexen Wechselwirkungen zwischen molekularen, zellulären und genetischen Mechanismen sowie neuronalen Systemen mit kognitiven, verhaltensbezogenen und neuroanatomischen Veränderungen. „Wir arbeiten mit Verfahren der funktionellen und strukturellen Bildgebung sowie mit maschinellem Lernen. Das ermöglicht uns neue Analysen von Mechanismen und Einflussfaktoren psychischer Krankheitsverläufe“, erklärt Udo Dannlowski.
Leider seien bisher nur wenige Erkenntnisse aus der neurobiologischen Forschung in der klinischen Realität angekommen. Das möchte der Psychologe, Psychiater und Neurowissenschaftler ändern. Am besten gelingt dies in einem interdisziplinären Team. „Psychische Erkrankungen sind multifaktoriell – Psychologie und Medizin sowie Forschung und Klinik müssen Hand in Hand gehen“, betont Udo Dannlowski. Zum Team gehören Informatikerinnen und Informatiker, die dabei helfen, Muster und Zusammenhänge in umfangreichen Datenmengen zu analysieren und Vorhersagemodelle zu entwickeln, die künftige gesundheitliche Ereignisse sowie Krankheitsverläufe prognostizieren können. Das ist das Hauptziel des kürzlich eingeworbenen Sonderforschungsbereichs/Transregios mit dem Titel „Verlaufsformen affektiver Störungen“.
Eine Infrastruktur, die die Zusammenarbeit weiter stärkt, ist das „Body&Brain Institute Münster“ an der Domagkstraße in unmittelbarer Nähe des Universitätsklinikums. Der Forschungsneubau, der 2025 eröffnet wird und dessen Sprecher Udo Dannlowski ist, schafft künftig eine Dachstruktur, um die Wechselwirkungen zwischen Körper und Gehirn noch besser zu erforschen. Es ermöglicht innovative Forschungsprojekte an der Schnittstelle zwischen präklinischer und klinischer Forschung und treibt die Entwicklung neuer, individualisierter Therapieoptionen entscheidend voran – ein Bereich, an dem Udo Dannlowski mit Sicherheit beteiligt sein wird.
Kathrin Kottke
Studierendenpreis
Die einen zahlen 500 Euro für ein zehn Quadratmeter großes WG-Zimmer, andere müssen mit Löchern im Fußboden und feuchten Wänden leben. Geschichten wie diese hören Rosa Herzog und Till Pauly nahezu täglich. „Viele junge Menschen müssen ihren Studienplatz abgeben, weil sie sich keine Wohnung leisten und nicht pendeln können – auf Kosten der Chancengleichheit im Studium“, schildert Till Pauly, der sich bis Sommer 2024 im Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) engagiert hat. Rosa Herzog, seit März 2024 Referentin für Soziales und Wohnen im AStA, ergänzt: „Diejenigen, die keine Wohnung in Münster finden, verlieren in der O-Woche und im Studium den Anschluss.“ Daher waren sich die Verantwortlichen des AStA einig: „Wir möchten die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema erhöhen.“
Im Mai 2024 organisierten Rosa Herzog und Till Pauly, die an der Universität Politik und Recht studieren, das „Wo(hn) Raum“-Camp. Knapp 20 Zelte, in denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer drei Tage übernachteten, standen seinerzeit vor dem münsterschen Schloss. Hinzu kamen einige Infostände und eine Bühne für Podiumsdiskussionen, Vorträge und Konzerte. Vor allem die Planungsphase für das Camps sei „eine intensive Zeit“ gewesen, betont Till Pauly. Beispielsweise mussten Rednerinnen und Redner angefragt und Caterer bestellt werden. Zudem hat sich der 22-Jährige auf die Moderation der Podiumsdiskussion mit städtischen sowie politischen Akteuren vorbereitet. „Das war viel Rechercheaufwand. Ich wollte schließlich nicht, dass die Beteiligten mit einfachen Ausreden davonkommen.“
Rund fünf Monate später startete der AStA das „Erstis ohne Wo(hn) Raum“-Camp. Während der O-Woche nutzten nach AStA-Angaben rund hundert Erstis die Möglichkeit, in der Ballsporthalle des Hochschulsports zu übernachten. Dadurch konnten die Studierenden trotz Problemen bei der Wohnungssuche an allen Programmpunkten teilnehmen und wertvolle Kontakte fürs Studium knüpfen. „Die Veranstaltung wurde dankbar angenommen, daher möchten wir sie in diesem Jahr wiederholen“, betont Rosa Herzog. Das Preisgeld für den Studierendenpreis werde der AStA vermutlich für den Sicherheitsdienst und Verpflegung benötigen.
Mit seinen Initiativen weckte der AStA die Aufmerksamkeit vieler Medien. Das führte etwa dazu, dass der städtische Arbeitskreis „Wohnen in Münster“ reaktiviert und die Wohnbörse auf der Website des AStA so viel wie wohl noch nie genutzt wurde. Zudem ist das gesamte Team im Februar nach Berlin eingeladen, um das TV-Duell der Kanzlerkandidaten im ZDF-Hauptstadtstudio zu verfolgen. Auch eine Studentin aus Münster, die am „Erstis ohne Wo(hn) Raum“-Camp teilgenommen hat, wird dabei sein: Sie soll den Politikerinnen und Politikern ihre Lebenssituation schildern.
Linus Peikenkamp
Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 1, 29. Januar 2025.