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Münster (upm/ap).
Hausmeister Thomas Wächter sortiert in der Poststelle ein- und ausgehende Buchbestellungen.<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
Hausmeister Thomas Wächter sortiert in der Poststelle ein- und ausgehende Buchbestellungen.
© Uni MS - Linus Peikenkamp

Serie „Außeneinsatz“, Teil 6: Der Mann für alle Farben und Fälle

Hinter den Kulissen der ULB sorgt Hausmeister Thomas Wächter für einen reibungslosen Betriebsablauf

Auch in den Semesterferien gibt es an der Universität Münster allerhand zu tun. Die Redakteurinnen und Redakteure der Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit nutzen die vorlesungsfreie Zeit, um das eigene Büro zu verlassen und im Außeneinsatz Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität jeweils einen Tag lang zu begleiten, die buchstäblich unterwegs sind.

Als Thomas Wächter an diesem verregneten Dienstag um 7 Uhr in der Früh vor dem Personaleingang der Universitäts- und Landesbibliothek ankommt, macht er bereits einen beneidenswert wachen Eindruck. Er trägt seine Markenzeichen, verschiedenfarbige Chuck-Turnschuhe, abgestimmt auf das restliche Outfit in himmelblau und orange. Ein willkommener Kontrast zum trüben Wetter. „Guten Morgen“, ruft er einem Kollegen mit fröhlich-klarer Stimme zu. Seit zwei Stunden ist der Hausmeister auf den Beinen; wenn das Reinigungspersonal gegen 5 Uhr startet, steht er auf.

Hausmeister Thomas Wächter befüllt morgens als erstes die Papier- und Seifenspender auf den Toiletten der ULB.<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
Thomas Wächter befüllt morgens als erstes die Papier- und Seifenspender auf den Toiletten der ULB.
© Uni MS - Linus Peikenkamp

Sein Arbeitstag beginnt in einem Lagerraum mit einer zur Pandemiezeit heiß begehrten Ware: Toiletten- und Handtuchpapier in rauen Mengen. Der Hausmeister bestückt morgens als erstes die WCs. „Pro Quartal gehen 100-120 Kartons mit jeweils 36 Rollen durch“, berichtet er. Das macht im Schnitt etwa 45 Rollen am Tag, in der Klausurenphase auch mehr. Als nächstes füllt er die elf Kopierer mit neuem Papier auf. Früher zweimal täglich, inzwischen reicht einmal. „Die Digitalisierung macht sich bemerkbar, der Trend geht zum Scannen.“

Bis 8 Uhr sind die Rundgänge erledigt, und Thomas Wächter schließt den Haupteingang zur ULB auf. Rund 30 Studierende warten auf Einlass. Seitdem die Arbeitsplätze online buchbar seien, habe sich die Lage entspannt. „Vorher standen morgens manchmal fast 100 Personen Schlange.“ Wo sich viele Menschen aufhalten, geht vieles verloren. Deshalb sammelt Thomas Wächter auf dem Gang durch das Foyer die neuesten Fundsachen am Ausleihterminal ein. Heute sind es die Klassiker: Netzteile, USB-Sticks, Unterlagen, ein Ohrring ist dabei. „Wir hatten auch schon einen Motorradhelm und sogar Unterwäsche“, erzählt er lachend. Die Aufbewahrungspflicht beträgt sechs Wochen, die ULB lagert die Fundstücke drei Monate ein. Ist ein Ausweis dabei, wird die Person kontaktiert, Wertsachen werden ins Fundbüro der Stadt Münster gebracht.

Nächste Station: die Poststelle. Per Fernleihe bestellte Bücher aus anderen Bibliotheken, Bestellungen aus Beständen der ULB nach außen, Bücher für die zahlreichen Zweigbibliotheken und eine Kiste mit Zeitungen für das Pressearchiv müssen verteilt werden. Täglich seien es drei bis vier Kisten, auch hier wirke die Digitalisierung: „Vor einigen Jahren waren es noch doppelt so viele“, berichtet Thomas Wächter. Ein Teil der Kisten geht ins Außenlager für Altbestände und Zeitschriften an der Georgskommende. Mit dem Lastenrad ist der Weg deutlich kürzer, aber heute regnet es, und Thomas Wächter nimmt das Auto. Zwei Kisten mit Bestellungen aus den Lagerbeständen holt er täglich ab, heute außerdem rund 80 Umzugskartons. „Die brauchen wir ständig, wenn zum Beispiel eine Zweigbibliothek saniert wird.“ Nächstes Jahr wird am Leonardo-Campus ein neues Lager umgebaut, dann steht eine größere logistische Aufgabe an.

Die bunte Nummerierung des Platzleitsystems war die Idee von Thomas Wächter.<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
Die bunte Nummerierung des Platzleitsystems war die Idee von Thomas Wächter.
© Uni MS - Linus Peikenkamp

„Frühstückspause“ heißt es gegen 9 Uhr. Zeit, um etwas über den Werdegang des 44-Jährigen zu erfahren. Der Gremmendorfer ist gelernter Fernmeldeanlagen-Elektroniker und hat nach seiner Ausbildung ein paar Jahre im Beruf gearbeitet, bis er ein Lehramtsstudium für Elektrotechnik anfing. „Das war aber nicht so meins, nach ein paar Semestern habe ich gemerkt, dass ich mehr der praktische Typ bin“, sagt er rückblickend. Parallel zum Studium begann er als studentische Hilfskraft an der ULB. Daraus wurde eine halbe Stelle als Krankheitsvertretung, seit 2014 ist er Hausmeister und -techniker in Vollzeit in der Abteilung Gebäudemanagement. Sechs Hausmeister zählen zum Team, das alle sechs Wochen die Schichten wechselt: Die Frühaufsteher arbeiten von 6 bis 15 Uhr, die Spätschicht dauert bis 22 Uhr, hinzu kommt alle sechs Wochen Wochenenddienst. Das frühe Aufstehen sei nicht so sein Fall, generell kommt Thomas Wächter aber gut mit dem Modell zurecht. „Früher waren wir nur drei Hausmeister und hatten wöchentlichen Schichtwechsel, das war anstrengender.“ Der Vater von zwei Söhnen schätzt die Abwechslung in seinem Job: „Ich mag das Unterwegssein, den Kontakt mit Menschen. Ein reiner Bürojob wäre nichts für mich. Gefühlt hatte ich schon jedes Buch der ULB in der Hand.“

Thomas Wächter sorgt auch dafür, dass die Nutzerinnen und Nutzer die Bücher finden. Er ist verantwortlich für das Leitsystem der ULB. Das umfasst sämtliche Beschilderungen – von den großen Wegweisern an den Eingängen und Wänden über Türschilder bis hin zu den kleinen Signaturen an den Bücherregalen. Die Platznummern haben unterschiedliche Farben und der Wegweiser leuchtet in Regenbogenfarben. Ein Hingucker. „Das war meine Idee“, unterstreicht der Hausmeister nicht ohne Stolz.

Thomas Wächter zeigt den Azubis die Arbeit mit dem Plotter, einer digitalen Schneidemaschine.<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
Thomas Wächter zeigt den Azubis die Arbeit mit dem Plotter, einer digitalen Schneidemaschine.
© Uni MS - Linus Peikenkamp

Um 10 Uhr erwartet er zwei Azubis für Medien- und Informationsdienste, denen er das Leitsystem erklärt. Anschließend erneuern sie einige Regalbeschilderungen. Dazu arbeiten sie mit einem Plotter, einer digitalen Schneidemaschine, einem „Drucker mit Messer“, wie es Thomas Wächter beschreibt. Das Gerät schneidet die in Grafikprogrammen erstellten Vorlagen auf Übertragungsfolie aus, „das gleiche Prinzip wie bei Wandtattoos“. Er zieht die überschüssige Folie vorsichtig ab. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt, kein i-Punkt, kein Element des kleinteiligen ULB-Logos darf verloren gehen. Schließlich rubbelt er die Trägerfolie mit einem Rakel auf die stärker klebende Übertragungsfolie. Fertig ist der Aufkleber. Aller Digitalisierung zum Trotz erstaunlich viel Handarbeit.

Das Abziehen der überschüssigen Folie erfordert Geduld und Fingerspitzengefühl.<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
Das Abziehen der überschüssigen Folie erfordert Geduld und Fingerspitzengefühl.
© Uni MS - Linus Peikenkamp

Am späten Vormittag beginnt der Bereitschaftsdienst. Es fällt immer etwas an. Eine neue Mitarbeiterin bittet um die Anpassung der Schreibtischhöhe, jemand hat seinen Spindschlüssel verloren, Stuhlbeine brauchen neue Gleiter, Schränke müssen aufgebaut und Umzugskartons transportiert werden… Reichlich Arbeit, die für die Nutzer der ULB weitgehend im Verborgenen stattfinden, aber für einen reibungslosen Betriebsablauf unverzichtbar sind. Und schon macht sich Thomas Wächter mit seinen bunten Chucks auf den Weg, um einen Papierstau am Kopierer zu beheben.

Autorin: Anke Poppen

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