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Münster (upm/ch).
Nach dem Postdoktorat in Spanien ist Dr. Iris Niehues als Juniorprofessorin zurück an ihrer Heimatuni in Münster.<address>© Uni MS - Johannes Wulf</address>
Nach dem Postdoktorat in Spanien ist Dr. Iris Niehues als Juniorprofessorin zurück an ihrer Heimatuni in Münster.
© Uni MS - Johannes Wulf

Iris Niehues kehrt aus Spanien an ihre Heimat-Uni zurück

NRW-Rückkehrerin hat eine Nachwuchsgruppe am Fachbereich Physik gegründet

Wenn man ein Material Schicht für Schicht so weit abgetragen hat, dass nur noch ein Hauch übrig ist – im Idealfall eine einzige, zweidimensionale Lage aus Atomen –, wird es für Juniorprofessorin Dr. Iris Niehues spannend. Die dünnsten Materialien, die es gibt, haben besondere optische Eigenschaften, die sie für einen möglichen Einsatz in Quantencomputern interessant machen. Sie faszinieren die Physikerin seit ihrer Masterarbeit. „Ich bin ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, die optischen Eigenschaften zu manipulieren und die grundlegenden Wechselwirkungen in Nanosystemen zu verstehen. Damit möchte ich sie für technische Bauelemente nutzbar machen“, fasst sie ihre Motivation zusammen.

Die Physikerin gehört zu einer Gruppe von vier Quantentechnologie-Talenten, die das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium im Rahmen der zurückliegenden Ausschreibungsrunde des „Rückkehrprogramms“ beim Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe unterstützt. Für Iris Niehues bedeutet das: Nach dem Postdoktorat am Forschungsinstitut „nanoGUNE“ in San Sebastián, Spanien, und vier Jahren Fernbeziehung ist sie nun zurück an ihrer Heimatuni in Münster, wo sie studierte und ihre Doktorarbeit schrieb. Die Zusage des Wissenschaftsministeriums war ein großer Erfolg für die 33-Jährige, die 2016 den Infineon-Master-Award des Fachbereichs Physik erhielt. Ihre Dissertation wurde 2021 durch das Rektorat als eine der universitätsweit besten Doktorarbeiten des Jahres ausgezeichnet.

Vor ihrer Rückkehr nach Münster im Dezember 2023 standen Berufungsverhandlungen mit verschiedenen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen an. „Das war anstrengend für mich, so eine Verhandlung hatte ich ja zuvor noch nie geführt“, erinnert sich Iris Niehues, die aus Rheine stammt. „Man muss seine Interessen sehr gut vertreten können.“ Ihre Heimatuniversität punktete – unter anderem mit bezugsfertigen Laboren und der Nähe zu ihrem Mann, auch ein promovierter Physiker, der die zurückliegenden Jahre seines Postdoktorats an Universitäten in Polen und in Irland verbrachte und nun ebenfalls wieder in Münster ist.

An der Universität Münster kennt sie die Organisation des Fachbereichs und viele Professorinnen und Professoren noch von früher. „Das verkürzt meine Startphase“, unterstreicht sie. Dennoch sei es eine Herausforderung, eine eigene Arbeitsgruppe von null an aufzubauen: Iris Niehues hat in dieser Zeit ihre erste Vorlesung konzipiert, viel im Labor gearbeitet und ungeahnte administrative Herausforderungen gemeistert. Das Nahfeld-Mikroskop mit besonders hoher Auflösung, das technische Herz der Gruppe, ist eine Spezialanfertigung, seine Beschaffung war mit Wartezeiten verbunden. „In den ersten Monaten war ich alleine, weil ich niemandem für eine Abschlussarbeit zusagen wollte, bevor das Gerät nicht funktionsfähig war“, sagt die Physikerin. Inzwischen ist die erste Bachelor-Kandidatin in ihrer Gruppe gestartet, Master- und Doktorarbeiten sollen bald folgen.

Was motiviert Iris Niehues besonders? „Ich möchte die Studierenden für die Wissenschaft begeistern“, sagt sie. Aber nicht nur die. Besonders spannend findet sie auch Outreach-Projekte wie das Programm „SmartMatters4You“ für Schülerinnen, den Girls’ Day und das Q.UNI Camp der Universität Münster, bei denen sie Kindern, Jugendlichen und auch deren Eltern Einblicke in die zweidimensionale Nanowelt gibt. „Wenn ich ihre Begeisterung sehe, gibt mir das einen Schub, selbst wenn es im Labor mal gerade nicht so läuft, wie ich es mir wünsche.“

Apropos: Von Rückschlägen lässt Iris Niehues sich nicht unterkriegen. „Zu Beginn des Studiums im ersten Semester sind mir die Klausuren sehr schwergefallen. Ich habe trotzdem weitergemacht. Die Anstrengungen haben sich gelohnt“, blickt die Physikerin schmunzelnd zurück. Ob es das wichtige Laborgerät war, das während der Bachelorarbeit repariert werden musste, oder der unerwartete Marathon im Labor, bis die erste Referenzmessung während der Postdoc-Phase geklappt hat: Iris Niehues hat nicht aufgegeben. Sie erinnert sich: „Ich hatte zum Glück immer Menschen um mich herum, die mich motiviert und mir gezeigt haben, dass sie meine Arbeit wertschätzen.“

 

Forschung

Prof. Dr. Iris Niehues forscht zu Quanteneigenschaften von ultradünnen Materialien („2-D-Materialien“) und deren Wechselwirkung mit Licht auf der Quantenebene. Dazu setzt sie sogenannte optische Nahfeld-Techniken ein, die nur wenige Nanometer große Strukturen sichtbar machen können und damit eine deutlich höhere Auflösung haben als klassische Lichtmikroskope.

Die Motivation ihrer Grundlagenforschung liegt auf dem Gebiet der Halbleiterphysik und betrifft die Miniaturisierung elektronischer Bauteile. „Ohne Halbleiterchips ist das alltägliche Leben nicht mehr denkbar. Sie sind in fast jedem technischen Gerät verbaut“, betont die Physikerin. „Der technologische Fortschritt führt zu immer kleineren Bauelementen, sodass es bereits möglich ist, Strukturen auf Chips von wenigen Nanometern herzustellen. Diese Abmessungen entsprechen nur einigen Atomen und machen die Nahfeld-Mikroskopie nötig.“ Um bei etablierten Halbleiter-Materialien Quanteneffekte zu beobachten, sind Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt (−273 Grad Celsius) notwendig. Diese Kühlung verbraucht enorme Energiemengen. Daher forscht Iris Niehues zu energiesparenderen Lösungen, die einzelne Lichtteilchen (Photonen) oder sogenannte Exzitonen („Ladungspaar-Quanten“) nutzen. Ähnliche Prozesse spielen auch in der Halbleiteroptik, beispielsweise bei LEDs, eine Rolle – einem weiteren Forschungsgebiet von Iris Niehues.

 

NRW-Rückkehrprogramm

Das „Programm zur Förderung der Rückkehr des hoch qualifizierten Forschungsnachwuchses aus dem Ausland“ des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW) zielt darauf ab, junge herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die im Ausland forschen, zur Rückkehr nach NRW zu bewegen, um den Wissenschaftsstandort weiter zu stärken. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können eine Universität aus NRW frei wählen und erhalten für fünf Jahre eine Förderung von bis zu 1,25 Millionen Euro, mit der sie eine Nachwuchsforschergruppe aufbauen können. Ziel ist eine Qualifikation für eine Professur.

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