„Die Einsparmaßnahmen werden alle Bereiche der Universität betreffen müssen“
In der ersten Senatssitzung des Jahres der Universität Münster hat Kanzler Matthias Schwarte den Haushaltsplan 2024 vorgestellt. Dabei legte er den Anwesenden dar, dass sich für dieses Jahr ein Defizit ergebe und Korrekturmaßnahmen erforderlich seien. Angesichts dieser Befunde spricht Matthias Schwarte im Interview mit André Bednarz über die aktuelle Haushaltslage, Forderungen an die Politik und die Notwendigkeit, dem drohenden Minus geschlossen entgegenzutreten.
Wie ist es um den Haushalt für das Jahr 2024 bestellt?
Der Wirtschaftsplan sieht derzeit ein strukturelles Defizit in Höhe von etwa 15 Millionen Euro für das laufende Jahr vor. Das heißt, dass die Lage durchaus als ernst zu bezeichnen ist und wir überlegen müssen, wie und mit welchen Maßnahmen wir in diesem und in den kommenden Jahren darauf reagieren müssen. Denn auch für die Folgejahre gehen wir von einem vergleichbaren strukturellen Defizit aus. Das bedeutet, dass wir kurz- und mittelfristig unsere Gesamtausgaben senken müssen.
Wie kommt es zu diesem Defizit?
Der laufende Betrieb der Universität ist wesentlich teurer geworden. Drei Kostentreiber möchte ich exemplarisch nennen: zum Ersten die sehr hohen Energiekosten, die in den Jahren zuvor noch über diverse Maßnahmen des Staates, etwa die Energiepreisbremse, abgefedert wurden; zum Zweiten die inzwischen weiter gestiegenen Kosten für Fremdanmietungen, das heißt Gebäude, die wir außerhalb des eigenen Bestands anmieten müssen; und zum Dritten betreiben wir als Universität immer älter werdende, teils stark sanierungsbedürftige Gebäude. Um diese weiterhin betriebsbereit zu halten, werden immer höhere Ausgaben notwendig. Je weiter die Sanierung oder der Ersatz dieser Gebäude hinausgeschoben wird, desto höher wird der Finanzbedarf, um die Gebäude ,am Laufen‘ zu halten. All diese Punkte bringen unseren Haushalt aus dem Gleichgewicht und zwingen uns dazu, unsere Ausgaben insgesamt zu senken. Um den letzten Punkt anzugehen, halte ich ein Landes- und Bundesbauprogramm für Hochschulen für zwingend notwendig.
Was bedeutet das Defizit für den Hochschulbetrieb und für die Universitätsangehörigen?
Es kommt jetzt darauf an, dass wir eine Solidargemeinschaft bilden und wir als gesamte Universität erkennen, dass wir gemeinsam sparen müssen. Ich habe konkret eine Ausgabenreduzierung von zehn Millionen Euro vorgesehen. Diese wird die Universität als Ganze betreffen: von der Zentralverwaltung über die Fachbereiche bis hin zu den zentralen Einheiten. Die übrigen fünf Millionen des Defizits müssen wir aus unseren Rücklagen entnehmen. Ohne diese gesamtuniversitären Einsparungen wäre der Verbrauch unserer Rücklagen zu hoch, und wir würden binnen weniger Jahre unsere Reserven verlieren. Wir können durch gemeinsames Handeln jedoch rechtzeitig gegensteuern und damit werden wir jetzt beginnen.
Wie wollen Sie die zehn Millionen Euro konkret einsparen?
In diesem Jahr werden in der Zentralverwaltung durch Reduzierung von Einzeletats drei Millionen Euro Einsparungen vorgenommen. Für die Fachbereiche und zentralen Einheiten erfolgt eine pauschale Kürzung der Etats durch die Einführung einer ,Betriebskostenpauschale‘. Wichtig ist, dass die Verteilung der Lasten fair verläuft und alle Einheiten der Universität beteiligt sind. Ziel ist es, in den kommenden Jahren diese Pauschale wieder sukzessive zurückzuführen und schließlich aufzugeben. Dies ist dann möglich, wenn wir dauerhaft unsere laufenden Betriebs- und Personalausgaben absenken. Natürlich kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen, wann dies möglich sein wird. Fest steht aber, dass auch die Landesregierung nachsteuern muss. Wir haben auch deshalb wesentlich höhere Betriebskosten, weil wir als sehr gut nachgefragte Universität zusätzliche Studiengänge aus- oder gar neu aufgebaut haben. Wir sind gewachsen, unsere Etats aber nicht im entsprechenden Umfang.
Die Fachbereiche werden sicher wissen wollen, wie hoch die Betriebskostenpauschale ausfällt …
Dazu kann ich nur eine erste vorsichtige Schätzung abgeben. Ich gehe davon aus, dass alle Fachbereiche, die Zentralverwaltung und die zentralen Betriebseinheiten jeweils etwa drei bis fünf Prozent ihres Etats einsparen müssen. Die Details hierzu werde ich den Dekaninnen und Dekanen sowie den Leitungen der zentralen Betriebseinheiten in den kommenden Wochen vorstellen. Da wir in unserer mittelfristigen Finanzplanung, die wir für die Jahre 2025 bis 2029 aufstellen, von einem ähnlich hohen jährlichen Defizit wie 2024 ausgehen, plädiere ich dafür, dass die eben beschriebene Solidargemeinschaft auch in den kommenden Jahren bestehen bleibt. Denn es ist klar, dass wir die Einsparungen über mehrere Jahre durchhalten müssen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Zeit dafür zu nutzen, unseren Haushalt nicht nur zu konsolidieren, sondern ihn zukunftsfähig aufzustellen und zu optimieren.
Können Sie für die mittelfristigen Einsparungen ein Beispiel nennen?
Dazu möchte ich auf die Fremdanmietungen zurückkommen. In den vergangenen Jahren haben wir wiederholt auf Wunsch der Landesregierung Studiengänge auf- oder ausgebaut. Das haben wir gern gemacht. Das Mehr an Studierenden hatte natürlich einen erhöhten Raumbedarf zur Folge. Um diesen Bedarf zu decken, mussten wir Räumlichkeiten anmieten. Dieses Modell kann in finanziell angespannten Zeiten kein Zukunftsmodell mehr sein. Einsparungen bei den Fremdanmietungen stehen darum weit oben auf der Prioritätenliste, um deutlich Geld einzusparen. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch: Wir müssen unsere Räume noch viel intensiver und effizienter nutzen und die Veranstaltungen und auch die Kolleginnen und Kollegen in den Raumbestand aufnehmen.
Das wird der Universität mit Blick auf die von Ihnen angesprochenen sanierungsbedürftigen Gebäude nicht helfen …
Das stimmt. Das meiste Geld könnten wir mittelfristig durch eine erhebliche Reduzierung unserer Instandhaltungskosten für die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der immer schlechter werdenden Gebäudesubstanz erzielen. Die Kosten für die Instandhaltung der zum Teil maroden Infrastruktur belasten uns immer mehr und schränken uns erheblich ein. Auch wenn wir uns aktuell über die sehr rege Bautätigkeit an unserer Universität freuen, weitere zwingend zu sanierende oder zu ersetzende Gebäude erfahren aktuell keine Genehmigung. Die Finanzierung von weiteren Bauvorhaben ist landesseitig zum Erliegen gekommen, wir haben für wesentliche Teile der Universität derzeit nur die Perspektive, diese Gebäude ,um jeden Preis‘ in Betrieb zu halten.
Sie haben schon davon gesprochen, dass das Defizit im laufenden Jahr auch durch die Nutzung der eigenen Reserven ausgeglichen werden soll. Sind diese Reserven mittelfristig in Gefahr?
Es geht darum, den Haushalt für die kommenden Jahre so anzupassen, dass wir die Reserven jetzt in Maßen schützen. Andernfalls müssten wir irgendwann eine Vollbremsung machen. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir noch die Chance, uns auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen, das sich solidarisch über die gesamte Universität erstreckt und harte Einschnitte verhindert. Aber es muss deutlich gesagt werden: Ohne eine ausreichende grundständige Hochschulfinanzierung kann eine stark nachgefragte, forschungsstarke und für das Land Nordrhein-Westfalen wichtige Universität nicht auf Dauer handlungsfähig bleiben. Es sind aus meiner Sicht Neuberechnungen und Nachjustierungen aufgrund grundsätzlicher Kostenentwicklungen sowie veränderter Rahmenbedingungen, etwa durch den überdurchschnittlich kostenintensiven Betrieb von Forschungsbauten oder die erheblich gestiegenen Belastungen bei Publikationen, um nur zwei weitere Beispiele zu nennen, erforderlich.
Ein entscheidender Ansatzpunkt betrifft die Priorisierung und Freigabe von dringlichen Ersatzneubauten. Hier muss es eine verlässliche, im nennenswerten Umfang vorhandene Bedienung der für die Lehrkräfteausbildung verantwortlichen, bei den Studierenden sehr nachgefragten sowie forschungsstarken Universitäten geben.