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Münster (upm/bhe)
Eine überlebensgroße Muttergottes-Skulptur verweist auf die gemeinsamen Wurzeln von Christentum und Judentum: Im Saum ihres Mantels wird auf Hebräisch der Anfang von Psalm 103 zitiert.<address>© Stephan Kube, Greven</address>
Eine überlebensgroße Muttergottes-Skulptur verweist auf die gemeinsamen Wurzeln von Christentum und Judentum: Im Saum ihres Mantels wird auf Hebräisch der Anfang von Psalm 103 zitiert.
© Stephan Kube, Greven

Digitale Ausstellung: Die Bibel im St.-Paulus-Dom

Ausgewählte Kunstwerke aus acht Jahrhunderten zeigen das Verhältnis von Christentum und Judentum

Ausgewählte Kunstwerke aus der Domkammer, dem Bischöflichen Diözesanmuseum und aus dem St.-Paulus-Dom zeigt eine neue, digitale Ausstellung der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster. Im Mittelpunkt stehen dabei Skulpturen, Fenster, ein Pestkreuz aus dem 14. Jahrhundert und weitere Werke christlicher Kunst aus acht Jahrhunderten, darunter auch solche, die wegen der baubedingten Schließung der Domkammer im Moment nicht zugänglich sind. Studierende der katholischen Theologie und Kunsthistorikerinnen des Bistums haben sie analysiert, vor allem im Hinblick auf das von Widersprüchen geprägte Verhältnis von Christentum und Judentum. „Das Projekt soll einen theologischen Beitrag leisten, um leider immer noch bestehende Vorurteile – antijüdische Stereotype und antisemitische Verschwörungsmythen – gegenüber jüdischen Menschen abzubauen“, erläutert Ludger Hiepel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Zeit und Religionsgeschichte des Alten Testaments. Die Forschungsergebnisse sind auf der Seite bibel-im-paulusdom.de zu sehen. Ein Grundriss auf der Webseite erschließt den Standort der Exponate im Kirchenraum und dient gleichzeitig der Navigation. Die digitale Ausstellung mit dem Titel „Die Bibel im St.-Paulus-Dom“ ist Teil des Jubiläumsjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.

Christliche Kunst interpretiert und kommentiert in vielen Fällen die Bibel. Künstler aller Zeiten trafen bereits durch ihre Auswahl, Zusammenstellung und Darstellung der biblischen Stoffe theologische Aussagen. So verweist beispielsweise eine überlebensgroße Muttergottes-Skulptur aus dem Jahr 1723 auf die gemeinsamen Wurzeln von Christentum und Judentum: Im Saum ihres Mantels ist auf Hebräisch der Anfang von Psalm 103 eingemeißelt. Die Ausstellung thematisiert darüber hinaus den christlichen Umgang mit den Texten des Alten Testaments sowie dem Judentum. „Schwierige, den jüdisch-christlichen Dialog belastende Kunstwerke wurden nicht ausgespart“, betont Ludger Hiepel. So hätten Theologen des Mittelalters die Christen als „neues Volk Gottes“ stilisiert. In einem Interview, das man auf der Ausstellungsseite nachhören kann, beleuchtet Ludger Hiepel die fatalen Folgen dieser Fehleinschätzung. Finanziell unterstützt wurde das Projekt von der Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) im Rahmen der Initiative „Jüdisches Leben in Münster und im Münsterland“.

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