Vertraute Fremde:
Xenokratische Administration in Schwedisch-Pommern
Xenokratie hat im frühneuzeitlichen Europa angesichts der Bellizität der Epoche als verbreiteter Fall von Herrschaft zu gelten. Bislang wurde dieses Phänomen für europäische Herrschaftsräume vornehmlich von den Machtzentren her als Element von Staatsbildungsprozessen bzw. im Kontext der Entstehung und Ausweitung zusammengesetzter Monarchien diskutiert.
Offen ist hingegen, wie Xenokratie und die veränderten Herrschaftsverhältnisse in den neuen ‚Provinzen‘ vermittelt, legitimiert und wahrgenommen wurden: Von wem wurden in welcher Weise und wie lange Fremdheitszuschreibungen thematisiert? Wie funktionierte Administration vor Ort unter solchen Bedingungen und welche Bedeutung hatten die Administration und ihre Akteure für die Etablierung, Aufrechterhaltung und den Wandel von Xenokratie? Hier setzt das Teilprojekt an und untersucht diese Fragen für eine typische Situation von Xenokratie als Ergebnis von Kriegen im europäischen Kontext: die schwedische Herrschaft über Teile Pommerns, die mit dem Westfälischen Frieden 1648 als Lehen an Schweden fielen.
Mit einem interdisziplinären, geschichtswissenschaftlich-kunsthistorischen Zugriff soll für diese Konstellation von Xenokratie (1.) untersucht werden, in welchen Situationen des administrativen Handelns bzw. des Handelns verschiedener Akteure Fremdheit als Kategorie der Differenzsetzung genutzt wurde, um (neue) Unterscheidungen zu schaffen bzw. wann dies gerade nicht der Fall war.
Darauf aufbauend ist (2.) zu klären, inwieweit sich dies im Laufe der Zeit wandelte: Verloren bestimmte Fremdheitszuschreibungen sukzessive an Bedeutung in der wechselseitigen Wahrnehmung? Lassen sich also Prozesse der De-Xenokratisierung greifen? Und welche Effekte hatte dies für die Ausübung von Herrschaft vor Ort?
Schließlich soll (3.) nach der Vermittlung, Legitimierung und Wahrnehmung xenokratischer Herrschaft in den beherrschten Provinzen in unterschiedlichen Medien gefragt werden, die von Suppliken und Petitionen über Bilder und Bestattungsriten bis hin zu monumentaler Architektur und ihrer Ausstattung reichen.