Ringvorlesung im Wintersemester 2021/22
Modelle in der Wissenschaft sind neuerdings zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion geworden, und sie haben, wie es scheint, ein Image-Problem. So liest man etwa in der Neuen Zürcher Zeitung: „Seit Beginn der Pandemie geistern absurde Vorhersagen durch die Medien. Oft daneben liegt eine Gruppe, von der die meisten Menschen vor Corona noch nie gehört hatten: die sogenannten Modellierer.“ Zweifellos besteht hier ein erhebliches Vermittlungsproblem. Die kontrovers geführten Auseinandersetzungen um Pandemie und Klima werden zunehmend als Streit um wissenschaftliche Modelle wahrgenommen, deren Herkunft unklar scheint und die doch wichtige politische Entscheidungen begründen und legitimieren. Umso wichtiger erscheint die Frage: Was ist ein Modell? Repräsentiert es Fakten? Stellt es Hypothesen auf? Gibt es Prognosen über künftiges Geschehen oder reguliert es das Verhalten in der Gegenwart?
Das ZfW nimmt diese heikle Ausgangslage und die Fragen, die damit verbunden sind, zum Anlass, nach der Rolle und Funktion sowohl der modellierenden Instanzen als auch der Modelle selbst zu fragen. Dabei soll es weniger um den Modellgebrauch der Einzeldisziplinen gehen, als um die Kulturtechnik des Modellierens, die man auch als ‚Denken mit Objekten‘ bezeichnet hat. Die Vorlesung verbindet dabei wissensphilosophische Fragestellungen mit Fragen nach der sozialethischen und ästhetischen Funktion der Modelle. Die ‚Kulturtechnik Modell‘ wird hierbei aus der Perspektive der Wissenschaftstheorie und -philosophie, der Technikwissenschaft, der Technikfolgenabschätzung sowie der Literaturwissenschaft und der Kunst diskutiert.