Prophecy, Divination and the Church in Byzantium
Vortrag von Prof. Dr. Paul Magdalino am SFB 1150 „Kulturen des Entscheidens“
Über Prophezeiungen, Weissagungen und die Kirche in Byzanz spricht Prof. Dr. Paul Magdalino (St. Andrews /UK) am Mittwoch, dem 29. November, im Rahmen des „Forschungskolloquium 400-1500. Mittelalter.“ Der Referent ist als Gastwissenschaftler auf Einladung des Projekts C02 „Die Rolle des Übernatürlichen in Prozessen herrschaftlichen Entscheidens in Byzanz zwischen dem 6. und 12. Jahrhundert“ (Leitung: Prof. Dr. Michael Grünbart) am SFB 1150 „Kulturen des Entscheidens“ in Münster. Der Vortrag findet um 18 Uhr im Raum F 3 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22 statt.
Paul Magdalino studierte in Oxford, wo er 1976 den Doktortitel der Philosophie erwarb. Zunächst arbeitete er als lecturer und reader in Mediaeval History an der University of St Andrews, ab 1999 wirkte er dort als Bishop Wardlaw Professor of Byzantine History (bis 2009). Parallel dazu lehrte er an der Koç Universität in Istanbul Geschichte (ab 2005). Im Laufe seiner Karriere forschte er an zahlreichen wissenschaftlichen Einrichtungen auf nahezu allen Kontinenten: Er war Junior Fellow am Dumbarton Oaks Center for Byzantine Studies in Washington (1974-1975), dann Andrew J. Mellon Fellow an der Catholic University of America ebendort (1976-1977). Im deutschsprachigen Raum hielt er sich als Alexander-von-Humboldt-Stipendiat in Frankfurt/Main und München auf (1980-1981, 1983), nach Down Under verschlug es den Forscher im Jahre 1985 (Australian National University, Canberra). Mehrmals folgte er Einladungen an die École pratique des Hautes Études in Paris.
Das wissenschaftliche Oeuvre von Paul Magdalino umfasst zwölf Bücher und mehr als hundert Einzelbeiträge. Dabei lassen sich folgende Schwerpunkte festmachen: Ausgehend von einer profunden Kenntnis der byzantinischen schriftlichen Quellen beschäftigt sich der Forscher mit der Geschichte des Kaisertums: Fragen zur bildlichen Darstellung und imperialen Inszenierung sowie zum Zeremoniell durchziehen sein Werk. Ein Meilenstein stellt seine mittlerweile mehrmals aufgelegte Darstellung der Regierungszeit Kaiser Manuels I. (1143-1180) dar, wofür er auch den (Sir Steven) Runicman Award verliehen bekam. Als ein zweiter Schwerpunkt kristallisiert sich die Beschäftigung mit den okkulten Wissenschaften (Astrologie) in Byzanz und die daraus entstehenden Konfliktfelder mit der orthodoxen Kirche. Konstantinopel, der zentrale Identifikationspunkt des Reiches, bildet ein weiteres Forschungsfeld: Paul Magdalino verfasste grundlegende Arbeiten zur Organisation, Topographie und Erinnerungsfunktion der byzantinischen Megalopolis.
Für das SFB-Projekt C02 sind vor allem die Publikationen Magdalinos zur Wissenschaftsgeschichte wichtig. In dem Sammelband „The Occult Sciences in Byzantium“ (Genf 2007) werden zum ersten Mal einerseits Disziplinen wie Astrologie, Astronomie oder Alchemie systematisch untersucht und historisch kontextualisiert, anderseits ihre Funktion insbesondere am Kaiserhof analysiert (siehe dort den Beitrag Paul Magdalino, Occult Science and Imperial Power in Byzantine History and Historiography [9th--12th Centuries]). Nahezu gleichzeitig veröffentlichte Paul Magdalino seine magistrale Studie zu den Experten in den Fachwissenschaften und ihr Wirken in einer orthodox christlich geprägten Umgebung (L'Orthodoxie des astrologues: la science entre le dogme et la divination à Byzance [VIIe-XIVe siècle] 2006).