EXC 2060 B3-14 - Strukturen und Muster religiöser Vielfalt

Religiöse Vielfalt umfasst nicht nur die großen religiösen Traditionen der sogenannten „Weltreligionen“, eine Reihe mittelgroßer Religionen sowie zahlreiche ausgestorbene und beständig neu entstehende kleinere religiöse Gruppierungen. Vielmehr findet sich darüber hinaus eine enorme Vielfalt innerhalb jeder großen religiösen Tradition. Ist diese Vielfalt rein zufällig und wahllos? Oder zeigen sich innerhalb der religiösen Vielfalt gewisse Strukturen und wiederkehrende Muster?

Das Projekt knüpft an eine Forschungslinie an, die durch die vergleichenden und typologischen Studien der Religionsphänomenologie etabliert worden war, jedoch unter dem Einfluss der postmodernen Abneigung gegenüber vergleichenden Untersuchungen und der dementsprechenden Fokussierung auf einzelne, isolierte Phänomene vorzeitig zum Abbruch kam. In jüngerer Zeit ist der Religionsvergleich innerhalb der „Neuen Komparativen Theologie“ neu belebt worden und wird gegenwärtig auch von einigen Religionswissenschaftlern wieder ernst genommen. Die Identifikation interner Strukturen und wiederkehrender Muster religiöser Vielfalt kann uns zu einem besseren Verständnis der inneren Dynamiken religiösen Lebens verhelfen und ist für die interreligiöse Begegnung und Theologie von besonderer Bedeutung.

Das Projekt baut auf der Arbeitshypothese auf, wonach solche Muster tatsächlich existieren und eine fraktale Struktur aufweisen. Sie sind rekursiv insofern sie sich auf drei Ebenen religiöser Vielfalt wiederholen: der interreligiösen, intrareligiösen und intrasubjektiven Ebene. Diese Arbeitshypothese wurde erstmals in den Gifford Lectures des Projektleiters vorgestellt (deutsche Übersetzung: Wahrheit in Vielfalt, Gütersloher Verlagshaus 2019) und diskutiert in dem Band: New Paths for Interreligious Theology: Perry Schmidt-Leukel’s Fractal Interpretation of Religious Diversity (Neue Wege interreligiöser Theologie: Perry Schmidt-Leukels fraktale Interpretation religiöser Vielfalt), hg. von P. Knitter und A. Race (Orbis 2019).