Jüdische Kultur im 13. Jahrhundert
Buchvorstellung zum Austausch zwischen Juden, Christen und Muslimen im Mittelalter
Forschungsergebnisse über kulturelle Verflechtungen zwischen Judentum, Christentum und Islam im 13. Jahrhundert stellt die Judaistin Dr. Katelyn Mesler vom Institut für Jüdische Studien der WWU in einer öffentlichen Buchvorstellung am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ vor. Der Band „Entangled Histories: Knowledge, Authority, and Jewish Culture in the Thirteenth Century“ (Verflochtene Geschichte. Wissen, Autorität und jüdische Kultur im 13. Jahrhundert) ist im Verlag University of Pennsylvania Press erschienen und untersucht, wie Juden, Christen und Muslime damals in den Städten Europas und des Mittelmeerraumes miteinander lebten, arbeiteten und diskutierten. Die englischsprachige Buchvorstellung, zu der die Judaistin Prof. Dr. Katrin Kogman-Appel vom Forschungsverbund einlädt, findet am Montag, 26. Juni, um 18.15 Uhr in Raum JO 101, Hörsaalgebäude des Exzellenzclusters, Johannisstraße 4 in Münster statt.
„In einem spannungsreichen Verflechtungsprozess teilten Mehrheit und Minderheit ihre jeweiligen Kulturen miteinander und formten sie zugleich weiter aus“, erläutert Dr. Katelyn Mesler, die den Sammelband gemeinsam mit den Historikerinnen Prof. Dr. Ruth Mazo Karras aus Minnesota und Prof. Dr. Elisheva Baumgarten aus Jerusalem herausgegeben hat. Das Zusammenleben der religiösen Mehrheit und Minderheit sei „sowohl von Liebe und Freundschaft als auch Feindschaft und Gewalt“ geprägt gewesen, die Grundlage jüdischer Lebenspraxis im Mittelalter daher eine Mischung aus Verfolgung und Zusammenarbeit. „Der Austausch zwischen Mehr- und Minderheit war komplex und unumkehrbar“.
Politische, kulturelle und intellektuelle Veränderungen
Der Sammelband untersucht Austauschprozesse im Kontext zahlreicher politischer, kultureller und intellektueller Veränderungen, die für das 13. Jahrhundert in Europa und im Mittelmeerraum zu beobachten sind, wie Dr. Mesler ausführt. Diese reichten von einer halachischen Erneuerung im Judentum bis zur Unterstellung ritueller Morde durch eine christliche Umgebung, von der Etablierung neuer christlicher Predigerorden bis zur Institutionalisierung islamischer Bürokratie und von der Entwicklung des Inquisitionsprozesses bis zum Aufstieg jüdischer Yeshivot, christlicher Universitäten und islamischer Madrasas als Zentren theologischer Gelehrsamkeit. „Diese Veränderungen gingen von den religiösen Gemeinschaften aus und wirkten zugleich auf sie zurück.“
Bei der öffentlichen Buchvorstellung in Münster stellt Dr. Katelyn Mesler den Band gemeinsam mit der Historikerin Prof. Dr. Kati Ihnat von der Radboud University im niederländischen Nijmegen vor, die gemeinsam Kapitel 7 „From Christian Devotion to Jewish Sorcery: The Curious History of Wax Figurines in Medieval Europe“ (Von christlicher Frömmigkeit bis zu jüdischer Hexerei: Die merkwürdige Geschichte der Wachsfiguren im mittelalterlichen Europa) des Bandes verfasst haben. Die Judaistin Prof. Dr. Alexandra Cuffel vom Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) der Ruhr-Universität Bochum kommentiert die Ausführungen. Der Historiker Prof. Dr. Wolfram Drews vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ führt in den Abend ein. Fragen der „Transkulturellen Verflechtungen“ werden am Exzellenzcluster schwerpunktmäßig erforscht und in einer gleichnamigen Arbeitsplattform erörtert, der Prof. Drews und Prof. Kogman-Appel angehören. (ill/maz/vvm)