„The Religious Field in the Long Fifteenth Century“
Internationale COST-Tagung zum religiösen Wandel in Spätmittelalter und Frühneuzeit – Soziologische Theorien als mögliche Impulsgeber für die historische Forschung
Mit tiefgreifenden religiösen Veränderungen im Spätmittelalter und in der Frühneuzeit befasst sich die internationale Tagung „The Religious Field in the Long Fifteenth Century“ (Das religiöse Feld im langen 15. Jahrhundert) vom 26. bis 28. Mai am Exzellenzcluster „Religion und Politik” in Münster. Die Konferenz ist Teil des aus EU-Mitteln finanzierten Forschungsnetzwerkes COST-Action IS 1301 „New communities of interpretation. Contexts, Strategies und Processes of Religious Transformation in Late Medieval and Early Modern Europe” (Neue Interpretationsgemeinschaften. Kontexte, Strategien und Prozesse religiöser Veränderung im Spätmittelalter und in der Frühneuzeit), in dem seit 2013 Historiker und Literaturwissenschaftler aus mittlerweile 23 Ländern forschen. Veranstalter sind die Mittelalter-Historikerin Prof. Dr. Sita Steckel und der Frühneuzeit-Historiker Dr. Andreas Pietsch vom Exzellenzcluster.
„Wir untersuchen den religiösen Wandel, der sich vom 14. bis 16. Jahrhundert beobachten lässt und vor allem auch Laien betrifft: religiöse Texte in den Volkssprachen, eine steigende Lesefähigkeit und eine Ausweitung religiöser Praktiken in den häuslichen Bereich“, so Historiker Andreas Pietsch. „Diese Veränderungen haben neue religiöse Interpretationsgemeinschaften hervorgebracht“, so die Hauptthese des COST-Forschungsnetzwerkes. Die Tagung trägt den Untertitel „Framing Processes of Religious Transformation in Late Medieval and Early Modern Europe“ (Rahmung religiöser Wandlungsprozesse im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa) und findet in Raum JO 101 im Hörsaalgebäude des Exzellenzclusters, Johannisstraße 4, statt. Das Netzwerk kommt zu einem Arbeitstreffen zusammen, um in Kooperation mit dem Exzellenzcluster aktuelle Forschungen in größere Fragestellungen einzuordnen.
Soziologische Differenzierungstheorie
Im Zentrum des Workshops steht das Verhältnis von Soziologie zu historischen und literaturwissenschaftlichen Fragestellungen, wie Juniorprofessorin Sita Steckel ausführt. Es gehe um die Frage, wie soziologische Theorien Impulse für die Rahmung historischer Forschung geben könnten, eine Frage, die auch in der Arbeitsplattform „Differenzierung und Entdifferenzierung“ des Exzellenzclusters erörtert werde. Es soll diskutiert werden, wie die historische Rekonstruktion verschiedener Konstellationen des Religiösen und seines Verhältnisses zu anderen Sphären es ermöglichen kann, religiöse Dynamiken jenseits älterer Meistererzählungen zu beschreiben.
Zugrunde liegt die Feldtheorie des französischen Soziologen Pierre Bourdieu. „Bourdieus ‚Religiöses Feld‘ ist bislang vor allem für die Moderne diskutiert worden, obwohl er selbst sich mehrfach explizit auf das europäische Mittelalter bezog“, so die Veranstalter. „Daher soll in mehreren Sektionen erörtert werden, ob die soziologische Differenzierungstheorie helfen kann, historische Einzelbefunde aus dem langen 15. Jahrhundert vergleichbar und interdisziplinär anschlussfähig zu machen.“
Den Abschluss der Tagung bildet am Freitagabend eine Podiumsdiskussion, in der Vertreterinnen und Vertreter des COST-Forschungsnetzwerks, des Exzellenzclusters sowie nationale und internationale Gäste die Potentiale des Ansatzes diskutieren. Interessierte aus allen Fachrichtungen sind zur Teilnahme eingeladen. (exc/maz/vvm)