„Schatz der Goldschmiedekunst gehoben“
Ausstellung „Goldene Pracht“ am Wochenende in Münster feierlich eröffnet
Die Ausstellung „Goldene Pracht. Mittelalterliche Schatzkunst in Westfalen“ (26.2.-28.5.2012) ist am Samstagabend in Münster feierlich eröffnet worden. Sie präsentiert im LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte und in der Domkammer der Kathedralkirche St. Paulus auf 1.500 Quadratmetern in zwölf Räumen mehr als 300 herausragende Exponate des 10. bis 16. Jahrhunderts. Zu sehen sind prachtvolle Schreine und Kelche, edelsteinbesetzte Kreuze und filigrane Schmuckstücke des Mittelalters. Am Festakt in der Überwasserkirche nahmen rund 800 Gäste aus Politik, Kultur, Kirchen und Wissenschaft teil.
Veranstalter der Ausstellung sind das Bistum Münster, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und der Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster. Historiker Prof. Dr. Gerd Althoff vom Exzellenzcluster führte im Festvortrag in die Schau und ihre Exponate ein, deren ästhetischer Faszination sich auch moderne Menschen nur schwer entziehen könnten. Er erläuterte, warum Kaiser und Bischöfe, Adlige und Bürger wertvolle Werke stifteten: „Die ungeheure Prachtentfaltung diente der Ehre Gottes und der Heiligen. Dafür kam nur das Kostbarste in Frage: Gold, Silber und Edelsteine.“
Der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, sagte, „die mittelalterlichen Werke der Goldschmiedekunst zeugen durch ihre Schönheit, Kostbarkeit und den künstlerischen Aufwand von tiefer Frömmigkeit und vom praktizierten Glauben der Stifter und Kunsthandwerker.“ Dieses Erbe zu bewahren und das Bewusstsein für seine Vielschichtigkeit zu stärken, sei dem Bistum ein Anliegen. „Wenn man mit wachem Geist und offenen Augen durch die Ausstellungsorte geht, ergänzen sich die Perspektive des Kunstliebhabers und des gläubigen Christen wunderbar.“
Vergessener Schatz der Goldschmiedekunst gehoben
Der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Wolfgang Kirsch, erläuterte, „wir konnten für die umfangreiche Schau mehr als 240 nationale und internationale Leihgaben gewinnen, darunter wertvolle Stücke wie die Thronende Muttergottes aus Walcourt und der Marienschrein aus Tournai in Belgien. Das macht uns stolz und wir hoffen, dass wir viele Besucher in unsere Museen locken können.“ Die Erkenntnis, dass schon im Mittelalter in Westfalen kulturelle Höchstleistungen vollbracht worden seien, die dem europäischen Vergleich standhielten, schärfe das historische Bewusstsein für die eigene Herkunft. „Ich bin den Ausstellungsmachern dankbar, dass sie diesen vergessenen Schatz der Goldschmiedekunst gehoben haben.“
Die Rektorin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), Prof. Dr. Ursula Nelles sagte, „die Universität Münster bietet einen enormen Fundus an Erfahrungen, Erkenntnissen und Wissen: Die Ausstellung ‚Goldene Pracht‘, die auch von Wissenschaftlern unseres Exzellenzclusters ,Religion und Politik‘ getragen wird, ist ein eindrucksvolles Beispiel für diesen großen Reichtum. Ich bin sicher, dass die spätmittelalterliche Goldschmiedekunst ein breites Publikum erreichen wird, das sich auch für die wissenschaftlichen Ergebnisse unserer Forscher interessiert."
Die Ausstellung erzähle die Geschichte einer jahrhundertelangen kulturellen Blütezeit in Westfalen, die bisher übersehen worden sei, führte Historiker Althoff aus. „Heutige Westfalen sollten die herausragende sakrale Kunst ihrer Herkunftsregion mit Interesse und Freude zur Kenntnis nehmen und sich mit der Frömmigkeit, die sie schuf, beschäftigen.“ Als identitätsstiftendes Argument für ein „überzeitliches kulturelles Niveau der Westfalen“ eigne sich diese Blütezeit allerdings nicht.
„Stiftungstätigkeit scheute keinen Aufwand“
Zu den Beweggründen für mittelalterliche Stiftungen sagte der Forscher: „Man ging davon aus, dass Stiftungen sich positiv auf die Chance auswirkten, ewige Seligkeit zu erlangen.“ Sakrale Geräte hätten sich besonders gut geeignet, lange im Gedächtnis zu bleiben: „Schließlich wurden die Bücher und heiligen Gerätschaften bei der Messe benutzt und erinnerten so ständig an die bestehende Verpflichtung. Das dürfte ein wichtiger Grund gewesen sein, warum sich die Stiftungstätigkeit so intensiv auf das Gebiet der sakralen Kunstwerke erstreckte und keinen Aufwand scheute.“
Für die Förderer der Ausstellung sprachen Kulturstaatssekretär Prof. Klaus Schäfer und Dr. Barbara Könches von der Kunststiftung NRW. Der Oberbürgermeister der Stadt Münster, Markus Lewe, zeigte sich erfreut über das Ausstellungsprojekt der drei Kooperationspartner, das auch für die Stadt Münster eine große Bedeutung habe. Die Dommusik Münster spielte unter Leitung von Andreas Bollendorf Musik des Spätmittelalters. Der Direktor des LWL-Landesmuseums, Dr. Hermann Arnhold, und der Direktor der Domkammer, Dr. Udo Grote, moderierten das einstündige Programm. Kuratoren der Ausstellung sind Dr. Petra Marx vom LWL-Landesmuseum und Holger Kempkens vom Bistum Münster. (vvm/ska)