Um den bedeutenden Einfluss geistlicher und weltlicher Gerichte für die Gerichtsverfassung mehrerer Jahrhunderte geht es in einer neuen Veröffentlichung des Rechtshistorikers Prof. Dr. Peter Oestmann. Im Blick auf das Alte Reich mit seinen verschiedenen Fürstentümern, Reichsstädten und Konfessionen mit entsprechend unscharfen rechtlichen Zuständigkeiten löst der Autor in seinem Buch „Geistliche und weltliche Gerichte im Alten Reich“ die gemeinrechtlichen Lehren in kleinere, von Einzelinteressen motivierte Einheiten auf.
Anhand von Prozessakten aus zahlreichen Regionen zeigt der Wissenschaftler, worum die Parteien im Grenzbereich beider Gerichtsbarkeiten gekämpft haben. Historische Fallschilderungen zeichnen ein Bild von verbissenen Auseinandersetzungen. In den Streitigkeiten ging es um Privilegien und Zuständigkeiten für ganze Lebensbereiche. Die überregionalen Muster dahinter können als Bausteine zu einer künftige Geschichte der Rechtspraxis dienen. Im Grenzbereich von Religion, Recht und Politik richtet sich das Buch über die engere Rechtsgeschichte hinaus auch an Kirchen- und Landeshistoriker.
Prof. Dr. Peter Oestmann ist Hauptantragsteller des Exzellenzclusters und Koordinator der Themen-Säule Normativität. Der Jurist leitet das Projekt C8 „Verfahren zur Durchsetzung weltlichen und kirchlichen Rechts in geistlichen Territorien“. (bhe)
Hinweis: Peter Oestmann, Geistliche und weltliche Gerichte im Alten Reich. Zuständigkeitsstreitigkeiten und Instanzenzüge (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich, Band 61) Wien, Köln, Weimar, Böhlau-Verlag 2012, XVIII, 859 Seiten, ISBN 978-3-412-20865-3