Philosoph Steinfath zur Suche nach dem Glück

Wissenschaftler am Exzellenzcluster debattierten Fragen vom guten Leben

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Die Philosophen Prof. Dr. Ludwig Siep vom Exzellenzcluster und Prof. Dr. Holmer Steinfath (v.l.)

Der Göttinger Philosoph Prof. Dr. Holmer Steinfath hat am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ über Werte und Glück als Bedingungen für ein „gutes Leben“ gesprochen. Wer im Leben nur nach Glück, Lust und Freude suche, könne sich schnell verlaufen. Denn das Streben nach Glück allein gebe im menschlichen Leben noch keine Orientierung, so der Wissenschaftler. „Wenn wir das Glück absichtlich und direkt anpeilen, verfehlen wir es mit großer Sicherheit. Es kommt oft unerwartet und scheinbar nebenbei“, sagte Prof. Steinfath in seinem Vortrag „Werte und Glück“ zum Auftakt der Tagung „Philosophie, Theologie und die Frage nach dem guten Leben“.

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Ton-Mitschnitt des Vortrags

Für ein „gutes Leben“ sind nach Erkenntnis des Philosophen weitere Werte unverzichtbar. Dazu zählte Prof. Steinfath „Gerechtigkeit, Freiheit, Wahrheit und Schönheit“, aber auch das „gewöhnliche Leben von Familie, Freundschaft und Beruf“. „Wenn wir das Gespür dafür verlieren, was wichtig, gut oder bewundernswert ist, verlieren wir uns im Raum unseres Lebens.“ Wer das vermeide, schaffe auch gute Voraussetzungen für sein persönliches Glück.

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Film-Mitschnitt des Vortrags

Dass das Glück als Maßstab für ein gutes Leben nicht ausreicht, zeigt sich laut Prof. Steinfath am philosophischen Problem des „illusionären Glücks“: „Wenn sich jemand glücklich fühlt, weil er sich geliebt glaubt, in Wahrheit aber geringgeschätzt wird, ist er trotz dieser Illusion nicht weniger glücklich.“ Wer das illusionäre Glück für wertlos halte, dem gehe es nicht nur um Glück, sondern etwa um Wahrheit und den Kontakt zur Realität.

Unterschiedliche Antworten je nach Kultur und Persönlichkeit

Wie menschliche Werte aussehen sollten, um ausreichend Orientierung zu geben, und wie sie zu erreichen sind, lässt sich laut Prof. Steinfath nicht generell sagen. Zwar gebe es „Allgemeinmenschliches“ wie die Sterblichkeit und das Angewiesensein auf andere. Letztlich ließen Werte sich aber nicht ein für alle Mal festlegen. Je nach Kultur und individueller Persönlichkeit sähen die Antworten deswegen unterschiedlich aus. Werte müssten an die menschliche Natur und an äußere Gegebenheiten zurückgebunden sein, seien aber immer auch Resultat von kreativen Artikulationen und Interpretationen.

Prof. Dr. Holmer Steinfath ist Direktor des Philosophischen Seminars der Georg-August-Universität Göttingen und Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Mit seinem Vortrag „Werte und Glück. Die Frage nach dem guten Leben aus philosophischer Sicht“ eröffnete er die Tagung „Philosophie, Theologie und die Frage nach dem guten Leben“, die der Exzellenzcluster gemeinsam mit der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk veranstaltete. Organisatoren waren die Philosophen Matthias Hoesch aus der Graduiertenschule des Exzellenzclusters, Markus Rüther und Sebastian Muders.

Die Teilnehmer der Tagung debattierten, ob und wie die Frage nach dem guten Leben von Philosophen und Theologen gemeinsam angegangen werden kann. In der Antike stand den Veranstaltern zufolge die Frage nach dem guten oder sinnvollen Leben häufig im Zentrum philosophischer Überlegungen. Die Philosophie der Neuzeit habe sich dagegen oft darauf beschränkt, das gute Leben als Verwirklichung individueller Neigungen anzusehen. Erst seit einigen Jahrzehnten werde das Thema wieder stark diskutiert. Strittig ist demnach, ob sich die Bestimmung des guten Lebens nur auf subjektive Einstellungen zurückführen lässt, oder ob diese auf objektive Werte verweisen.

Anders als die Philosophie hat die christliche Theologie laut den Veranstaltern die Frage nach dem guten Leben nie aus dem Blick verloren. Der Inhalt des guten Lebens werde in Vorstellungen von Verfehlung und Erlösung bis hin zu einer umfassenden Individualethik detailliert ausgearbeitet. Das Symposium brachte die aktuelle philosophische Debatte mit theologischen Denkansätzen in Dialog. So ging es um die Frage, ob objektive Theorien des guten Lebens nur dann möglich sind, wenn die Existenz eines Gottes angenommen wird, und welche Rolle naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zukommt. (arn/vvm)