Herrscherdynastien der Karolinger und Abbasiden

Historiker Drews untersucht Legitimationsstrategien im transkulturellen Vergleich

Buchcover
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© De Gruyter

Die Herrscherdynastien der Karolinger und der Abbasiden von Bagdad aus dem frühen Mittelalter stehen im Mittelpunkt einer Studie des Historikers Prof. Dr. Wolfram Drews vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“. Er nimmt darin einen transkulturellen Vergleich der Legitimationsstrategien der Herrscherdynastien vor. „Mitte des 8. Jahrhunderts wechselten sowohl im Frankenreich als auch im islamischen Kalifat die Herrscherdynastien. Merowinger und Umayyaden wurden nahezu zeitgleich durch Karolinger beziehungsweise Abbasiden ersetzt“, erläutert der Wissenschaftler.

Der Mittelalter-Historiker analysiert in der Studie aus dem Berliner Akademieverlag, wie beide Herrscherhäuser ihre Macht mit religiösen Motiven legitimierten. „Die Abbasiden behaupteten, als Verwandte des verstorbenen Propheten Mohammed über ein spezielles, erbliches Charisma zu verfügen, das ihnen den Zugang zu einem unvergleichlichen, islamisch begründeten Herrschaftswissen eröffne“, führt Prof. Drews aus. „Die Karolinger konstruierten mit Hilfe der Kirche, namentlich des römischen Papsttums, ein besonderes Amtscharisma, durch das sie sich als Vertreter eines verchristlichten Königtums und als geistliche Verwandte des Nachfolgers des heiligen Petrus inszenierten.“ Trotz Unterschieden versuchten demnach beide Dynastien, sich als Exponenten eines sakral konnotierten Herrschertums zu etablieren.

Historische Rahmenbedingungen

In seiner Studie geht Prof. Drews dem kulturellen Kontext des Herrschaftswechels auf den Grund. Die konkreten Spielräume, die sich den politischen Akteuren eröffneten, hingen dem Wissenschaftler zufolge entscheidend von den historischen Rahmenbedingungen ab, etwa „vom Stadium der religiösen Traditionsbildung und den vorherrschenden religiös-kulturellen Paradigmen zur Vergangenheitsrezeption“. Zudem untersucht er erb- und amtscharismatische Herrschaftskonzepte und fragt, wie Eliten sich rekrutierten, die zu den primären Adressaten der neu erhobenen Herrschaftsansprüche zählten. Der Historiker problematisiert zudem, wie religiöse Vorstellungen zum Zweck der Integration politischer Gemeinwesen instrumentalisiert und transformiert wurden.
Der Wissenschaftler unternimmt damit eine Kontextualisierung zweier „Ereignisse“ der politischen Geschichte, indem er Fragestellungen der Religions-, Kultur- und Sozialgeschichte aufgreift und funktionale Äquivalente in den beiden untersuchten religiös-politischen Systemen aufzeigt. Das Instrumentarium des Vergleichs ist wesentlich von den Kategorien Max Webers und Pierre Bourdieus inspiriert, wobei der methodische Ansatz des Vergleichs unter Aufnahme von Anregungen der neueren Globalgeschichte weiterentwickelt wird. Das Buch trägt den Titel „Die Karolinger und die Abbasiden von Bagdad. Legitimationsstrategien frühmittelalterlicher Herrscherdynastien im transkulturellen Vergleich“. (De Gruyter/ill/vvm)


Hinweis: Drews, Wolfram: Die Karolinger und die Abbasiden von Bagdad. Legitimationsstrategien frühmittelalterlicher Herrscherdynastien im transkulturellen Vergleich (Europa im Mittelalter. Abhandlungen und Beiträge zur historischen Komparatistik 12), Berlin: Akademieverlag 2009, 502 Seiten, ISBN 978-3-05-004560-3, 59,80 Euro.