Geographie

Karten lesen – (k)eine Kunst

Die zielgerichtete Auswertung von Karten in ihrer Rolle als diskontinuierliche Texte (vgl. Hüttermann, 2007) stellt eine gesellschaftlich wichtige Kulturtechnik dar, deren Förderung wesentlich dem Geographieunterricht obliegt. Die zur Auswertung nötigen Kompetenzfacetten werden innerhalb der verschiedenen Schulformen und Jahrgangsstufen jedoch in sehr unterschiedlichem Ausmaß vermittelt. Die Fähigkeit angehender Geographielehrkräfte zur kompetenzorientierten Vermittlung fachspezifischer, strategischer Zugriffsweisen auf Karten, gerade vor dem Hintergrund kognitiv und affektiv heterogener Lerngruppen, gewinnt daher an Bedeutung. Um Studierende durch reflektierte Praxiserfahrungen in der Wahrnehmung von und im Umgang mit Schülerheterogenität im fachdidaktischen Kontext zu sensibilisieren und zu professionalisieren, zielt die regelmäßig angebotene Lehrveranstaltung "Karten lesen - (k)eine Kunst" (Titel entlehnt von Hüttermann, 1998) daher auf die theoriebasierte (Weiter-)Entwicklung, schulpraktische Durchführung und Evaluation einer Fördersequenz zur Kartenauswertungskompetenz.
Die vierstündige Fördersequenz auf Basis des Ludwigsburger Modells der Kartenauswertungskompetenz (vgl. Hemmer et al., 2012) wird von den teilnehmenden Studierenden in enger Kooperation mit den Fachlehrkräften an den Kooperationsschulen geplant und durchgeführt. Sie fokussiert dabei insbesondere die Jgst. 7/8 an Realschulen und Gymnasien und wird den diagnostizierten Lernvoraussetzungen der konkreten Lerngruppen durch den situations- und adressatengerechten Einsatz von binnendifferenzierten Materialien, adaptiven Hilfestellungen und angepassten Sozial- und Lernformen gerecht.
Die rahmende Lehrveranstaltung ist dazu dreigeteilt: In einem Theorieblock werden karten- und kartennutzerseitige Einflussfaktoren auf den Auswertungsprozess thematisiert und didaktisch fruchtbar gemacht (vgl. Keates, 1996; Hake et al., 2002; Plepis, 2013), Möglichkeiten der individuellen Diagnose und Förderung in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Fachlehrkraft diskutiert und realisiert, bevor die so konzipierte Fördersequenz an den Schulen mit jeweils ca. sechs Studierenden je Kooperationsklasse durchgeführt wird. Im Anschluss finden multiperspektivische, leitfadengestützte Reflexionseinheiten unter Einbezug aller beteiligten Akteure statt, die eine Einordung der Praxiserfahrungen in den Professionalisierungsprozess der Studierenden ermöglichen. Die wiederholte Durchführung, Reflexion und Evaluation gewährleistet eine systematische, evidenzbasierte Weiterentwicklung des Praxisprojekts im Sinne des Design-Based Research hinsichtlich der Wirksamkeit auf den reflektierten Theorie-Praxis-Transfer der Studierenden und die Gelingensbedingungen der rahmenden Kooperation.

Poster zum Projektstand (Mai 2019)

Flyer

Literatur

Hake, G., Grünreich, D. & Meng, L. (2002). Kartographie. Visualisierung raumzeitlicher Informationen. Berlin.

Hemmer, I., Hemmer, M, Hüttermann, A. & Ullrich, M. (2012). Über welche grundlegenden Fähigkeiten müssen Schülerinnen und Schüler verfügen, um eine Karte auswerten zu können? Auf dem Weg zu einem Kompetenzmodell zur Kartenauswertungskompetenz. In A. Hüttermann, P. Kirchner, S. Schuler & K. Drieling (Hrsg.), Räumliche Orientierung. Räumliche Orientierung, Karten und Geoinformation im Unterricht (S. 144-163). Braunschweig.

Hüttermann, A. (2007). Karten als nicht-kontinuierliche Texte. In A. Hüttermann & M. Geiger (Hrsg.), Raum und Erkenntnis. Eckpfeiler einer verhaltensorientierten Geographiedidaktik (Festschrift für Helmuth Köck) (S. 118-123). Köln.

Hüttermann, A. (1998). Karten lesen – (k)eine Kunst. Einführung in die Didaktik der Schulkartographie. München.
Keates, J.S. (1996). Understanding Maps. London.

Plepis, M. (2013). Strategien von Schülerinnen und Schülern zur Auswertung komplexer thematischer Karten. In M. Hemmer, G. Schrüfer & J. C. Schubert (Hrsg.), Münsteraner Arbeiten zur Geographiedidaktik. Band 5. Münster.

Promotionsvorhaben

Sebastian Krüger: „Zwischen Kontinuität und Diskontinuität - Produktionsstrategien kartenbezogener Beschreibungen von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I und II“ (Arbeitstitel) -laufend-

Betreuer: Prof. Dr. Michael Hemmer

Tobias Ulmrich: "Didaktisches Potenzial der Digitalisierung für die Förderung von Kartenkompetenz im Geographieunterricht. Chancen und Herausforderungen aus der Perspektive von Lehrkräften an nordrhein-westfälischen Gymnasien" (Arbeitstitel) - laufend-

Betreuer: Prof. Dr. Michael Hemmer