Ilka Pescheck

Promovierende im Promotionskolleg Empirische und Angewandte Sprachwissenschaft vom SoSe 2010 bis SoSe 2015

Mitarbeiterin der Dudenredaktion, Bibliographisches Institut GmbH

 

Dissertation

Pronominaladverbien im gesprochenen Deutsch – Eine gesprächsanalytische Untersuchung nordwestdeutscher Daten

Gegenstand des Promotionsprojekts ist ein aktuelles Phänomen der Syntax des gesprochenen Deutsch: die Verwendung verschiedener Realisierungsweisen von Pronominaladverbien. Neben der als standardsprachlich kodifizierten Norm sind im alltäglichen Sprachgebrauch vielfältige Realisierungen von Pronominaladverbien anzutreffen, z. B. wodrauf, da … für etc.
Ziel der Arbeit ist es, die kommunikative Verwendung der unterschiedlichen Formen zu erforschen und zu prüfen, inwieweit eine Beschreibung der Formen im Rahmen der Construction Grammar dazu beitragen kann, ihre mentale Repräsentation zu klären und unterschiedliche Grade der Verfestigung verschiedener Realisierungsweisen darzustellen. Der Schwerpunkt der Analyse liegt auf den Distanzkonstruktionen: "Da kommen wir übrigens gleich noch zu."
Im Zentrum der Untersuchung des interaktiven Gebrauchs der Pronominaladverbien stehen unter anderem die Fragen, ob verschiedene Realisierungsweisen als Ressourcen zur Kontextualisierung von Nähe/Informalität gebraucht werden, ob verschiedene Realisierungsformen auf einem Standard-Nonstandard-Kontinuum eingeordnet werden können und ob eine (formelhafte) Verfestigung bestimmter Formen zu beobachten ist.
Dazu werden freie gesprochene Interaktionen von SprecherInnen aus Münster, Leer, Hamburg, Kiel, Oldenburg und Bremen nach GAT transkribiert und auf Grundlage gesprächsanalytischer Methodik und der Gesprochene-Sprache-Forschung umfassend ausgewertet. Herausgearbeitet werden sollen die Sprecherrollen, eine mögliche gattungsspezifische Verwendung, die sequentielle Positionierung der Pronominaladverb-Konstruktionen, ihre Syntax und Topologie, die Interaktionsmodalität/Gesprächsstil, die Semantik und Prosodie sowie mögliche funktional-pragmatische Aspekte (Informationsstrukturierung, verweisender Gebrauch).
Die gesprächsanalytischen Ergebnisse werden anschließend im Hinblick auf restringierte oder präferierte Verwendungskontexte gedeutet.
Durch die Rückbindung der empirischen Ergebnisse an den theoretischen Rahmen der Construction Grammar soll die mentale Repräsentation der Konstruktionen betrachtet werden, welche vor allem dann interessant ist, wenn dieselben SprecherInnen auf verschiedene Realisierungsweisen gleicher Pronominaladverbien zurückgreifen. In diesem Zusammenhang ist vor allem zu klären, ob z. B. die formelhafte Verfestigung oder funktionale Differenzierung zu einer konstruktionseigenen Semantik bestimmter Pronominaladverb-Konstruktionen führt, welche eine Betrachtung der Formen als eigene Constructions zulässt.