Närrin auf schwarzem Grund
Seit dem 25. Oktober läuft die vierte Poetikdozentur am Germanistischen Institut der WWU Münster. Sie richtet sich sowohl an Studierende und Mitglieder der Universität als auch an die interessierte Öffentlichkeit. Ziel ist es, die Begegnung mit aktueller Literatur zu ermöglichen und einen Einblick in die Denk- und Arbeitsweisen von Autorinnen und Autoren zu erhalten. Die erste Poetikdozentur an der WWU hatte 2015 Monika Rinck inne, 2017 folgte Kathrin Passig und 2019 Milo Rau. Im Wintersemester 2021/22 ist die Autorin Kerstin Hensel Poetikdozentin. Die in Berlin lebende Prosaautorin und Lyrikerin hat ihre Dozentur in Münster mit "Närrin auf schwarzem Grund" betitelt. Diese beinhaltet drei öffentliche Vorlesungen, einen zweitägigen Workshop mit Studierenden, eine öffentliche Lesung sowie einen Künstlerinnenabend und erstreckt sich über den Zeitraum vom 25. Oktober bis zum 12. Januar.
In ihren Poetikvorlesungen bespricht Kerstin Hensel das Verhältnis von Amüsement und Schrecklichem ("Närrin auf schwarzem Grund – Über Tragisches und Schreckliches in Gestalt des Komischen"), sie diskutiert die Freiheit von Dichterinnen und Dichtern sowie den Konnex von Kunst und Leben ("Im Geist-Reich oder am Grabrand des Paradieses – Über die Kunst als das Andere im Leben") und sie reflektiert überdies in ihrer dritten Vorlesung die Zeitlichkeit von Literatur und Erleben ("Die Hangenden Stunden – Über das Große im Kleinen und das Kleine im Großen").
Für den öffentlichen Künstlerinnenabend im Januar, der den Abschluss der Poetikdozentur bildet, hat Kerstin Hensel die Literaturwissenschaftlerin und Kritikerin Carola Wiemers sowie die Künstlerin und Hochschuldozentin Ruth Tesmar eingeladen. Gemeinsam stellen sie ihren illustrierten, literarisch-philosophisch-kulinarischen Essay "Schmoren im Paradies" (2020) vor und diskutieren ihn mit dem Publikum.
Kerstin Hensel hat zu DDR-Zeiten am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig studiert. Erste Gedichte erschienen 1986 im Poesiealbum, gefolgt von Erzähltexten wie Hallimasch. Erzählungen 1989 und 1991 dem Romandebüt Auditorium panopticum. Kerstin Hensel war Stipendiatin der Villa Massimo in Rom und ist seit 2012 Mitglied in der Akademie der Künste in Berlin. Sie hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten, wie zum Beispiel den Leonce- und Lena-Preis der Stadt Darmstadt und den Ida Dehmel-Literaturpreis. Ihr Erzählstil ist geprägt von einem humorigen, ironischen, bisweilen sarkastischen Spiel mit Sprache. Zutage treten in ihrem vielgestaltigen Werk nicht nur eine deutliche Intertextualität, so beispielsweise in Form von Rekursen auf Goethes Wahlverwandtschaften, und die Aufarbeitung kanonisierten Materials wie Märchen, sondern auch offensive Gesellschaftskritik. In diesem Jahr befasste sich Kerstin Hensel im Rahmen von Kommentaren im Deutschlandfunk Kultur mit Kritik und Empfindlichkeit sowie der Arroganz von Eliten.
Soweit es die pandemische Lage zulässt, finden die Veranstaltungen in Präsenz statt. Derzeit gilt dafür die 3G-Coronaschutz-Regel.