Kohärenzbasierte genealogische Methode (CBGM)

Textflussdiagramm zur Apostelgeschichte 11:8/12-18a
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Die Kohärenzbasierte genealogische Methode (Coherence Based Genealogical Method, CBGM) ergänzt die Arbeit am griechischen Neuen Testament um eine objektivierende Komponente. Das Bestreben der Wissenschaftler am Institut für Neutestamentliche Textforschung (INTF) seit Kurt Aland war stets, ihre Entscheidungen bezüglich der Bevorzugung von einzelnen Textvariationen für alle nachvollziehbar zu machen. Die von Dr. Gerd Mink am INTF entwickelte Methode zeigt edv-gestützt die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen einzelnen Textzeugen.

Für das Neue Testament ist kein Urtext bekannt, nur rund 5.000 spätere Handschriften, die ältesten davon Papyri aus dem zweiten bis siebten Jahrhundert nach Christus. Sie wurden immer wieder kopiert, so entstanden beispielsweise Handschriften wie der Codex Sinaiticus und der Codex Vaticanus, die als die vollständigsten frühen Überlieferungen gelten. Auch wenn sich die Kopisten meist bemühten, Buchstabe für Buchstabe getreu abzuschreiben, schlichen sich Fehler ein, die sich im Lauf der Zeit potenzierten und zu abweichenden Interpretationen führten.

Unabhängig von dem Alter und Zustand des beschrifteten Materials, anhand deren früher eingeschätzt wurde, welche der Textvarianten die ältere gewesen sein mochte, wird heute durch rein linguistische Analyse die Verwandtschaft und damit die Abhängigkeiten der Texte untereinander ermittelt. Dafür wurden alle bekannten "Textzeugen" – die reinen Texte unabhängig von ihrer materiellen Überlieferung – eingescannt. Sie können im "New Testament Virtual Manuscript Room (NTVMR)" weltweit abgerufen werden. Durch die CBGM ist es möglich geworden, jede einzelne Textstelle mit allen entsprechenden Varianten zu vergleichen und dadurch festzustellen, welche Variante zeitlich am weitesten zurück reicht.

Dabei ist es nicht nur im wissenschaftlichen Interesse, dem Urtext des Neuen Testaments möglichst nahe zu kommen, vielmehr hat die Arbeit der Wissenschaftler auch direkte Auswirkungen auf die Glaubenspraxis. So gut wie alle Übersetzungen des griechischen Neuen Testaments haben mittelbar heute die "Editio Critica Maior" (ECM) zur Grundlage, die mithilfe der CBGM erstellt wurde. Im so genannten Apparat der ECM sind detailliert alle Lesarten und Varianten aufgelistet, die für die einzelnen Textstellen ermittelt werden konnten. Bei den Ausgaben "Nestle-Aland" und "Greek New Testament" ist dieser Apparat auf wesentliche Änderungen eingeschmolzen, was die Arbeit mit ihnen vereinfacht.

Einführung in die CBGM durch Gerd Mink [en]