Was glaubten die Deutschen 1933-1945?
Obwohl sich der Nationalsozialismus in Deutschland in einer dominant christlich geprägten Gesellschaft etablierte, geht die herkömmliche Vermessung des Verhältnisses von NS-Bewegung und den beiden christlichen Kirchen von einem „Kirchenkampf“ oder wenigstens einem Gegenüber der beiden Größen aus: dem Nationalsozialismus auf der einen und dem potentiell widerständigen Christentum auf der anderen Seite. Selbst der Begriff der „Brückenbauer“ evoziert noch das Bild von zwei gegenüberliegenden Ufern.
Naheliegender sind jedoch komplexe Relationen zwischen Nationalsozialismus und Christentum sowie Rückwirkungen, insbesondere auf die individuelle „Gläubigkeit“ und Sinnstiftung der Deutschen in den 1930er und 1940er Jahren. Ziel der Tagung ist es, mit diesem Perspektivwechsel Religion während der NS-Zeit nicht von vornherein als Faktor von Tradition, Resilienz und Resistenz, sondern als mitlaufende Gegebenheit, möglicherweise gar als Teilfaktor des Regimes zu analysieren. Entfaltete sich der Nationalsozialismus trotz oder wegen der christlichen Grundeinstellungen der Mehrheitsgesellschaft? Möglicherweise war ein größerer Teil der Bevölkerung nicht entweder Nationalsozialist oder Christ, sondern in Gemengelagen beides.
Diese „hybride“ Gläubigkeit gewöhnlicher Deutscher, als Mitglied der Kirche und Teil der „Herrenrasse“, als treue Christen und treue Nationalisten, steht in sozial- motivations- und diskursgeschichtlicher Hinsicht zur Diskussion.
Tagungstermin: 06.-07.12.2018
Veranstaltungsort: JO 101, Johannisstraße 4, 48143 Münster