Militärisches Entscheiden - Voraussetzungen, Prozesse und Repräsentationen einer sozialen Praxis von der Antike bis zur Gegenwart
Militärisches Handeln ist, so suggerieren Quellen und Historiographie, vor allem Entscheidungshandeln. In der Forschung ist häufig von "militärischen Entscheidungsträgern" die Rede, die in historische Prozesse eingreifen und damit sprichwörtlich Geschichte machen. Auf diese Weise werden Entscheidungen zu Schlüsselereignissen in der Kriegführung, die über Sieg und Niederlage bestimmen.
Solchen Beschreibungen liegt ein Modell rationaler Akteure und Verfahren zugrunde, die auf Basis der verfügbaren Informationen kühl wägend ihre Entschlüsse fassen. Niklas Luhmann hingegen regt an, Konstitution, Gegenstände und Zeitlichkeit des Entscheidungshandelns zu beleuchten. Andere Autoren betonen im Kontext der Spieltheorie oder des Gruppendenkens die Variabilität von Entscheidungen im Zusammenwirken mehrerer Akteure. Der Sonderforschungsbereich 1150 "Kulturen des Entscheidens" in Münster, der Gastgeber der Jahrestagung ist, versteht Entscheiden beispielsweise als kommunikativen Prozess, der in seinen spezifischen historischen Konstitutionsbedingungen untersucht werden muss. Weiterhin weist die neuere Organisationssoziologie auf Faktoren wie Mitgliedschaft, Zweck und Verfahren hin, welche Entscheiden als soziale Praxis beeinflussen.
Die Konferenz will solche Entscheidungstheorien auf das Feld der Militärgeschichte wenden und fragt danach, ob es spezifisch militärische Entscheidungskulturen gibt. Mit dieser Problemstellung zielt sie auf eine epochenübergreifende Historisierung militärischen Entscheidens und damit auf eine Dekonstruktion eines häufig unkritisch übernommenen historiographischen Konzepts. Damit stehen die Strukturen des Entscheidens im Mittelpunkt der Analyse, nicht die einzelne Entscheidung.
Anmeldung: sebastian.schaarschmidt@phil.tu-chemnitz.de