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Dissertationsprojekt (2012–2017)
Bibelepisches Erzählen vom ‚Transitus Mariae‘ im Mittelalter.
Diskurshistorische Studien
Das im Kontext des Münsteraner Exzellenzclusters „Religion und Politik“ bearbeitete Dissertationsprojekt untersucht bibelepisches Erzählen als voraussetzungsreiches medien- und gattungsübergreifendes Erzählverfahren am Beispiel der mittelalterlichen Rezeption des lateinischen ‚Transitus Mariae B‘ des Pseudo Melito von Sardes (entstanden im 6. Jh.). Die Untersuchung geht den Fragen nach, unter welchen diskursiven Bedingungen das spezifische Erzählen vom Tod und der Himmelsaufnahme Mariens entsteht und wie der apokryphe Text als Trägermedium eines frühchristlichen theologischen Spezialdiskurses in einen höfisch-geistlichen Interdiskurs des Mittelalters integriert wird. Die Arbeit verbindet damit philologische und kulturwissenschaftlich-theoretische Zugänge im Bereich der Germanistischen Mediävistik und untersucht sowohl lateinische als auch mittelhochdeutsche Texte. In Fallstudien erfahren folgende Werke eingehende Untersuchung:
- ‚Transitus Mariae B1/B2‘ des Pseudo-Melito von Sardes
- Sog. ‚Mittelfränkische Reimbibel‘ (anonym)
- Konrads von Heimesfurt ‚Unser vrouwen hinvart‘
- ‚Rheinfränkische Marien Himmelfahrt‘ (anonym)
Ein interdiskursanalytischer Ansatz ermöglicht dabei die Untersuchung von Diskursinterferenzen in literarischen und liturgischen Texten sowie in Beispielen visuellen Erzählens (Buchmalerei/Kathedralskulptur). Die Studie nimmt somit Grundmuster interdiskursiver Verständigung in der Gesellschaft des Mittelalters in den Blick und zeichnet die Entwicklung des Assumptio-Glaubens im Spannungsfeld von Gelehrtenwissen und populärer Frömmigkeitspraxis nach. Indem Fallstudien an volkssprachlichen Texten die spezifisch höfische Aneignung des apokryphen Stoffs aufzeigen, leistet die Arbeit einen Beitrag zur Funktionsbestimmung bibelepischen Erzählens in der Vormoderne.
Die Dissertationsschrift ist 2019 erschienen und als Volltext über die ULB Münster zugänglich.